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Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Schockwelle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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sondern abwarten, bis ich wieder anrufe.«
    Riku nahm das Handy vom Ohr und starrte vor sich hin, ohne etwas wahrzunehmen. Sein Vater … Stasi-Kontakte … der Mord an Vera Dobrina … Nein, es ergab keinen Sinn, diese Dinge miteinander in Verbindung zu bringen. Er zwang sich, alle Konzentration auf Bykow zu richten, und schaute zu dessen Haus auf der anderen Straßenseite hinüber. In der Gegend waren viele Gebäude aus der Zeit vor der Revolution von 1917 renoviert und zu repräsentativen, wertvollen Immobilien ausgebaut worden. Dazwischen standen einige neue Häuser, alle sicher eingezäunt. Riku hatte lange in seinem Versteck gewartet, bis Bykow durch sein Tor gefahren war. Jetzt wartete er, dass Bykow wieder davonfuhr.
    Nach kurzem Überlegen wählte er die Nummer seiner Mutter. Er glaubte nicht, dass sie ihm etwas über seinen Vater verschwieg, er wollte nur die bestürzende neue Erkenntnis mit ihr teilen.
    »Ach deswegen«, sagte sie irritiert, als Riku ihr alles erzählt hatte.
    »Wieso deswegen? Was meinst du damit?«
    »Ein Polizist hat angerufen und gesagt, er käme vorbei.«
    »Wer war das?«
    »Hauptkommissar Markku Jalava.«
    Warum nur?, fragte sich Riku. Anscheinend nahm man die Angelegenheit bei der Zentralkripo sehr ernst, wenn Jalava persönlich mit der Mutter des gesuchten Kollegen sprechen wollte.
    »Gibt es etwas über Vater, das ich nicht weiß?«, fragte Riku.
    »Nein. Ich glaube, all das hat wieder mit dem Verkauf von Produkten zu tun, die damals dem Handelsembargo unterlagen.«

32
    Leena Tanner hörte ein tiefes Motorengeräusch und das Knirschen von Kies unter Autoreifen. Sie trat ans Fenster und sah einen großen Mann im gepflegten Anzug aus einem kompakten, glänzenden BMW steigen, den er vor den Rosenhecken geparkt hatte.
    Das musste der Polizist sein, der sein Kommen telefonisch angekündigt hatte. Zuerst hatte ihr der Anruf Angst gemacht, denn sie hatte geglaubt, Riku wäre etwas zugestoßen. Aber es ging um Ralf, was ihr höchst merkwürdig erschien.
    Auch der sonderbare Anruf von Katja ging Leena im Kopf herum. Sie hatte sich erkundigt, ob Leena wisse, wo Riku und Leo waren. Als Leena versuchte, Fragen zu stellen, hätte Katja das Telefonat beinahe beendet. Es war elend, mitverfolgen zu müssen, wie unschön sich der Konflikt zwischen Riku und Katja entwickelte. Katja riss Leo immer mehr an sich und entfremdete den Jungen von seinem Vater. Leena brach es schier das Herz, wenn sie daran dachte, wie sehr sich Riku um seinen Sohn sorgte.
    Sie ließ den Besucher an der Tür klingeln und betrachtete ihn dabei in aller Ruhe durch den Spion. Seinen Namen hatte sie sofort im Internet überprüft: Markku Jalava, Leiter des Gewalt- und Drogendezernats bei der KRP. Rikus Vorgesetzter. Das hatte sie erst recht irritiert. Warum war Jalava an einem zwanzig Jahre alten Vermisstenfall interessiert? Und warum hatte Riku kein Wort darüber verlauten lassen?
    Besorgt öffnete sie die Tür. Der Mann stellte sich vor undsetzte dabei sein antrainiertes Dienstlächeln auf. Leena bemerkte zuerst die teure Krawattennadel und dann den protzigen Ring.
    »Kommen Sie herein. Mein Mann ist auf Dienstreise.«
    Jalava trat in den Flur und warf einen Blick zur Seite in das kleine Zimmer, dessen Wände komplett von Bücherregalen eingenommen wurden.
    »Mein Arbeitszimmer«, erklärte Leena. »Ich übersetze ein bisschen russische Literatur.«
    Jalava machte eine Kopfbewegung zu der Landkarte, die im Flur an der Wand hing. Sie zeigte Finnland in den Vorkriegsgrenzen.
    »Antrea«, las er laut den Namen des mit Bleistift markierten Gebietes in der Nähe von Vyborg vor.
    »Mein Vater stammte aus dem Teil Kareliens, der nach dem Krieg an die Sowjetunion abgetreten werden musste, und hatte nie so recht Verständnis für mein Russischstudium. Im Alter habe ich dann angefangen, nach meinen Wurzeln zu suchen, und gelernt, meine karelische Herkunft wertzuschätzen. Ich habe sogar damit begonnen, Ahnenforschung zu betreiben.«
    Am liebsten hätte sie hinzugefügt, dass die karelische Mentalität auch ihre Lebhaftigkeit und gewisse Schwankungen im Gefühlsleben erklärte. Auch an Riku hatte sie amüsiert so manch karelischen Zug erkannt, und seine Leidenschaft für Italien war für sie kein Zufall, in der italienischen wie in der karelischen Mentalität lag die gleiche üppige, warmherzige Großzügigkeit, die bisweilen auch mal Verspätungen verursachte oder zum großen Pinsel greifen ließ, wo ein feiner besser gewesen

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