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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Steppenbrand.
    Sechs Polizeiwagen kamen ihnen entgegen, mit Blaulicht und Sirene. Die 2.000 kümmerte das nicht. Sie marschierten den schwarzen Fahnen nach und lachten, als die Polizisten ausschwärmten und eine Schützenlinie bildeten. Ein Lachen, das wie ein Sturmdonnern klang.
    Dr. Fritz Sassen und Kurt Holtmann standen Dr. Vittingsfeld gegenüber. In einer Ecke, auf einem Sessel, saß erschöpft der Betriebsleiter Theo Bierlich. Er war einem Herzanfall nahe. Jeder hatte darauf gewartet, daß die 2.000 Bergleute die Verwaltung stürmen würden. Der Notruf an die Gelsenkirchener Polizei war daraufhin herausgegangen und eine Hundertschaft Polizei rückte heran.
    »Das sind also Ihre Leute«, sagte Dr. Vittingsfeld verächtlich zu Fritz Sassen und Kurt Holtmann. »Mit so etwas sollen wir verhandeln. Sie sehen doch ein, daß das unmöglich ist. Hier liegt ja ein klarer Bruch demokratischer Gesetze vor! Was sich heute hier abspielt, ist eindeutiger Anarchismus. Nein, meine Herren! Unter Druck verhandle ich nicht! Guten Tag und weiterhin einen schönen Sonntag.«
    Als Sieger verließ Dr. Vittingsfeld die Zeche Emma II und ließ sich von seinem schweren Wagen unter Umgehung von Buschhausen nach Gelsenkirchen zurückbringen.
    Am Nachmittag war er eingeladen zu einem Sommerfest bei Generaldirektor Borbeck von den Stahlwerken.
    Dr. Fritz Sassen wischte sich über die Augen und trat an das Fenster. Aus der Ferne hörte er noch den Gesang der zweitausend Kumpels und das Sirenengeheul der Polizeiwagen.
    »Auf diesen Tag haben sie hundert Jahre gewartet«, sagte Kurt Holtmann leise.
    »Ja, und er hat uns hundert Jahre zurückgeworfen!«
    Es war eine Wahrheit, der niemand widersprach.
    Dr. Pillnitz konnte seine ersten Schritte machen.
    Schritte war zuviel gesagt. Er selbst nannte es die ›Fortbewegung einer lahmen Schildkröte‹ und brachte damit sein Urteil über die Kunst seiner ärztlichen Kollegen zum Ausdruck, die alles unternommen hatten, um das zertrümmerte Bein funktionsfähig zu erhalten.
    Er humpelte an zwei Krücken im Garten der Klinik herum, machte sich bei den Patienten beliebt und bei seinen Kollegen verhaßt, indem er Verbände oder Schienen als falsch angelegt bezeichnete. Er tat überhaupt alles, um sein Ziel zu erreichen nach der Methode: Immer meckern erhöht die Chance, bald entlassen zu werden.
    Dr. Waltraud Born besuchte ihn nach dem Kumpelaufstand, der natürlich von der Polizei schließlich doch unter Kontrolle gebracht worden war. Waltraud fand, daß Pillnitz ziemlich munter war und das repräsentierte, was man eine Nervensäge nennt.
    »Man kann euch doch nicht ein paar Wochen allein lassen«, begrüßte er Waltraud Born sofort und klapperte mit seinen Krücken. »Erst die Explosion, dann der Aufstand, nun der Rücktritt Dr. Sassens, von dem Verschwinden dieses Cabanazzi ganz zu schweigen – Kinder, so geht's, wenn die Katze aus dem Haus ist. Dann tanzen die Mäuse. Wird Zeit, daß ich zurückkomme.«
    »Das hat noch eine Weile Zeit, lieber Bernhard.« Waltraud Born nickte und faßte Dr. Pillnitz unter. »Da hätten Sie auch nichts machen können.«
    »Glauben Sie?« Dr. Pillnitz sah Dr. Born nachdenklich an. »Sie kennen nicht die Hintergründe, mein süßes Schäfchen. Sie gehen ahnungslos durch die Welt, die für Sie ein einziger, blühender Garten ist, nachdem Sie Frau Sassen werden. Aber diese Welt ist kein Paradies, sie ist das gemeinste Dreckloch, das es gibt. Sehen Sie sich diesen Dr. Vittingsfeld an. Ich kenne ihn seit zwanzig Jahren …«
    »Fritz ist völlig niedergeschlagen.«
    »Das glaube ich gern.«
    Dr. Pillnitz setzte sich ächzend auf eine weiße Gartenbank. Das Kniegelenk schmerzte noch immer höllisch. Man hatte ihm gesagt, daß er wohl nie wieder im Leben schmerzfrei sein würde.
    »Ich will sehen, daß ich in zwei Wochen zurückkomme«, sagte er. »Da war endlich mal was los auf Emma II und ich lag im Bett. Ist das keine Schande? Außerdem scheint mir, daß da viele Fehler gemacht worden sind, die ich ausbügeln muß.«
    »Welche Fehler?« fragte Waltraud Born.
    »Wie geht es Veronika Sassen?« fragte Dr. Pillnitz plötzlich zurück. Waltraud Born zuckte unwillkürlich zusammen.
    »Gut«, antwortete sie.
    »Das sollte auch nicht sein.« Dr. Pillnitz malte mit einer seiner Krücken Ringe und Winkel in den Sand des Gartenweges. »Habt ihr sie schon einmal gefragt, wo Cabanazzi ist?«
    »Nein«, log Waltraud Born und hielt den Atem an.
    »Aber das muß getan werden, sie weiß

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