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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nach, wortlos, schnell wie eine Katze, in großen, raumgreifenden Sätzen. Oliver hörte den Verfolger hinter sich näher kommen, fast spürte er schon dessen Atem in seinem Nacken, da erreichte er die Stachelbeerbüsche, die seine Rettung waren. Kopfüber ließ er sich in die fallen und durchbrach sie, obgleich sie ihm Gesicht und Arme zerkratzten. Aber er erreichte dadurch die offene Wiese, auf die sich Cabanazzi nicht mehr hinauswagen konnte, da sie von der Villa aus einzusehen war.
    Oliver war dem Tod entronnen. Cabanazzi hätte nicht gezögert, ihn zu ermorden, um sich selbst zu retten.
    Was nun? Der Italiener wußte, daß er entdeckt worden war, und überlegte fieberhaft, was er tun konnte oder mußte.
    Er rannte zurück zu seiner Hütte. Panik befiel ihn. Er sah keinen Ausweg mehr. Wie ein Raubtier in der Fallgrube rannte er im Schuppen hin und her. Wohin soll ich? fragte er sich. Er wußte es nicht. Da ergab er sich in sein Schicksal. Er setzte sich auf sein Behelfslager und wartete darauf, daß Dr. Sassen mit einigen Polizisten erscheinen würde, um ihn abzuholen.
    Er war fertig, erledigt. Die lange Jagd nach ihm hatte ihn zermürbt. Er war bereit, sich von der deutschen Polizei abführen zu lassen. In einem deutschen Gefängnis bin ich wenigstens meines Lebens sicher, dort werde ich nicht getötet, dachte er. Das war sein einziger Trost.
    Er rauchte eine Zigarette nach der anderen und wartete. Wie lange das dauert, dachte er. Wieviel Zeit sie sich lassen. Wann kommen sie endlich?
    Aber nichts regte sich, es blieb still, niemand kam.
    Veronika war allein im Haus und saß vor dem Fernsehgerät, als Oliver ins Zimmer stürzte.
    Noch bevor er etwas sagen konnte, ahnte sie, was geschehen war. Olivers verstörter Blick, sein zerkratztes blutendes Gesicht, seine Hände, die Knie … sie sah genug und sprang auf.
    »Warst du im Park?«
    »Wo ist Papa?« fragte Oliver zurück.
    »Er wurde vor zehn Minuten angerufen und mußte weg – warum?«
    »Im Schuppen ist ein Mann!«
    »Ein Mann?« fragte Veronika Sassen, sich alle Möglichkeiten offen lassend.
    »Er wollte mich kidnappen.«
    Diesen Ausdruck kannte Oliver längst. Welches Kind kennt ihn heute nicht.
    Veronika zog Oliver an sich und sagte: »Nun bist du ja da, mein Liebling …«
    Sie führte ihn ins Bad, um die Wunden auszuwaschen und zu versorgen.
    »Ich habe ihn nur kurz gesehen«, erzählte Oliver, »aber ich glaube, du kennst ihn, Mami. Er war mit dir damals auf der Buschhauser Heide, als ich ins Loch stürzte.«
    »So?« antwortete Veronika, die sich meisterhaft beherrschte, und fuhr fort: »Dann gilt wieder unsere Verabredung, Oliver. Du darfst Papi nichts sagen. Du weißt, der Arzt ist dauernd bei ihm, er hat ein schwaches Herz und müßte sterben, wenn er sich zu sehr aufregt. Das willst du doch nicht?«
    »Nein, Mami.«
    Veronika brachte ihren Sohn ins Bett, damit er, sagte sie zu ihm, schlafen und das Ganze vergessen könne.
    Noch in der Nacht wurde Cabanazzi ›verlegt‹. Die eiskalte Veronika hatte eine Idee, die ihrer würdig war. Cabanazzi kehrte in die von der Polizei plombierte Gartenlaube am Steinbruch zurück.
    Hier war er noch einmal sicher. Hier suchte ihn niemand mehr, denn diese Frechheit traute ihm niemand zu.
    Enrico Pedronelli besaß die Witterung eines Hetzhundes. Vielleicht war er gerade wegen dieser Eigenschaft nach Deutschland geschickt worden. Niemand hatte auch eine solche Ausdauer wie er, seinen Spürsinn nicht erlahmen zu lassen. So war es durchaus kein Zufall, daß Oliver Sassen bei der Rückkehr aus der Schule im Birkenwald einen dicklichen Mann antraf, der sich anscheinend das Bein verstaucht hatte, denn er saß auf einem Baumstumpf, hatte den rechten Schuh ausgezogen und massierte sein Fußgelenk unter fürchterlichen Grimassen.
    Oliver hielt sein Rad an und sprang ab. Er war erzogen worden, wenn möglich, jedem zu helfen, der das nötig hatte.
    »Haben Sie sich verletzt?« fragte er und sah auf Pedronellis Knöchel. »Brauchen Sie einen Arzt?«
    »Nein, mein Junge, nein, so schlimm ist es nicht.« Pedronelli lächelte dankbar. »Wer bist du denn?« Er fragte es, obwohl er das längst wußte und auf Oliver gewartet hatte.
    »Oliver Sassen, mein Herr.«
    »Ach, der Sohn da, aus der schönen Villa?«
    »Ja. Sie gehört meinem Vater.«
    »Liebst du ihn?«
    »Ja.«
    Pedronelli lächelte anerkennend. Er zog seinen Schuh wieder an und versuchte, probeweise herumzuhumpeln. Es ging ganz gut, wie man sah. Oliver nickte

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