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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aufreizend. »Die nie! Die litt doch immer daran, sich nach unten zu orientieren. Schon als Schulkind spielte sie am liebsten mit Blagen aus dem Pütt-Viertel. Und später hat sich das fortgesetzt. Hätte sie sonst diesen Kurt Holtmann genommen?«
    »Ich werde Großvater!« Dr. Sassen schrie plötzlich, weil er sich dadurch irgendwie von seinem inneren Druck befreien wollte. »Ich bekomme ein Enkelkind, auch wenn mir der Vater desselben nicht gefällt!«
    »Schrei nicht so!« sagte Veronika giftig. »Davon wird nichts besser. Ich halte es jedenfalls für falsch, Sabine zurückzuholen. Sie ist stolz, wir sind es auch. Wir haben schließlich mehr Recht dazu.«
    Also blieb es dabei. Sabine wohnte weiter bei Holtmanns, aus dem Hause Sassen kam keine Nachricht. Eine unnatürliche Ruhe machte sich breit, dies nicht nur zwischen zwei Familien, die auf Kampf eingestellt schienen, sondern auch in ganz Buschhausen. Der allgemeine Betrieb stimmte sogar den Pater Wegerich zufrieden, der sich nicht so leicht einlullen ließ.
    Aber wie gesagt, es lag eine trügerische Stille über Buschhausen. Viele Leidenschaften schlummerten und warteten auf den Ausbruch. Wann er erfolgte, wer wollte das wissen? Manche hatten das Gefühl, auf einer Explosivladung zu sitzen. Der Funken fehlte nur noch, aber daß er einmal zünden würde, ahnten doch etliche.
    Drei Wochen später fiel der erste Funke in das bereitstehende Pulverfaß.
    Luigi Cabanazzi wurde entdeckt.

18
    Wieder war es ein dummer Zufall, der Schicksal spielte, und das Schicksal war so logisch, das Geheimnis des alten Schuppens im Sassen-Park denjenigen entdecken zu lassen, der eigentlich das unschuldigste Opfer Cabanazzis in Buschhausen schon hätte werden sollen.
    Es war abends, die Dämmerung war schon eingebrochen, ein kurzer Regen hatte den Kohlenstaub aus der Luft gewaschen und auf den Blättern der Bäume, den Blumen, den Hauswänden, dem Gras abgelagert und sie mit einem schmierigen Schmutzfilm überzogen. Etwas mehr Regen, und es wäre alles wieder abgewaschen worden; so aber waren die schönsten Blumen auch schmutzig geworden. In der Sprache des Püttmanns, die nicht immer stubenrein ist, aber stets das Richtige trifft, heißt ein solches Wetter: Es hat wieder Scheiße geregnet.
    Oliver Sassen war mit dem Rad von einem Freund gekommen und hatte es im Garten abgestellt, als der kurze Regen fiel. Nun war auch der rote Lack des Fahrrads mit Kohlenschmiere überzogen, und Oliver schob es durch den Park, dem alten Schuppen zu. Hier wollte er es mit einem Gartenschlauch abspritzen und dann mit einigen Lappen nachpolieren.
    Er stellte das Rad an den Rand der Wiese und ging zu dem neuen Schuppen, wo eine Waschanlage eingebaut war und der lange Gartenschlauch aufgerollt lag, der auch zum Rasensprengen angeschlossen werden konnte. Oliver rollte den Schlauch von der Trommel ab und wollte gerade den Schuppen verlassen, als er hinter den Büschen, die das alte Gartenhaus umgaben, einen Schatten hin- und hergleiten sah.
    Oliver war immer ein tapferer Junge gewesen. Wenn sie unter Freunden Indianer spielten, war er stets der Häuptling, der große Krieger, jedenfalls der Sieger im Spiel. Und das nicht nur, weil er der Sohn des reichen Direktors Sassen war und man es sich nicht mit ihm verderben wollte, sondern weil er wirklich furchtlos und mutig war und nicht gleich losheulte, wenn er sich eine Beule oder eine Schramme holte.
    In diesem Augenblick aber wurde es Oliver unheimlich. Es war fast dunkel, im Haus, fast siebzig Meter entfernt, brannten zwar alle Lichter, aber dazwischen lag der weite Park, lag Dunkelheit, lag eine Entfernung, die Rufen nutzlos machte. Er sah auf die Uhr, die er schon hatte. Ein paar Minuten nach 20 Uhr. Jetzt saßen Papa und Mama vor dem Fernsehgerät und sahen die Tagesschau. Dr. Sassen verfolgte selten ein Fernsehprogramm, nur die Weltnachrichten, dann schaltete er meistens ab oder ging in die Bibliothek, wenn Veronika einen Film oder eine Musiksendung sehen wollte. Er hatte eine Abneigung gegen die flimmernde Mattscheibe, die vor allem daher rührte, daß seine Augen das ewige Inslichtstarren nicht vertrugen, nach einer Weile rot wurden, zu tränen begannen und ihn zum alten Mann stempelten. Das aber war etwas, das Dr. Sassen nach Möglichkeit zu verbergen trachtete. Ist es ein Wunder, daß er daher das Fernsehen nicht mochte?
    Oliver drückte sich an die Wand des neuen Schuppens und hielt den Atem an.
    Kein Irrtum, am alten Schuppen bewegte sich etwas.

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