Die schöne Ärztin
erbittert hervor. »Dieses Schwein …!«
Er blieb vor Mizzi stehen.
»Sind Sie bereit, das auf Tonband zu sprechen, Fräulein Pollak?«
»Wenn Sie noch einen Hunderter drauflegen, ja. Ich bin Geschäftsfrau.«
Nachdem sie das Band besprochen hatte, fragte sie: »Und was geschieht jetzt mit dem Speckmops?«
»Er wird das Tonband zu hören kriegen.«
»Mehr nicht?«
»Das wird genügen. Ein neuer Vittingsfeld steht uns ins Haus.«
Beim Abschied sagte Mizzi: »Ich würde mich freuen, mit Ihnen in Verbindung zu bleiben, Herr Holtmann …«
»Wozu?« fragte Kurt.
»Zu Geschäften, Herr Holtmann.«
»Wann sollte es je zu einem Geschäft zwischen Ihnen und mir kommen?«
»Wann?« Mizzi blickte im Büro herum. »Vielleicht, wenn Sie einmal Generaldirektor sind. Sie wissen ja jetzt, wovor Sie sich hüten müssen.«
Zwei Dinge geschahen in diesen Tagen in Buschhausen, die niemand bemerkte und die doch wichtig genug waren, um berichtet zu werden.
Dr. Ludwig Sassen suchte eine Begegnung mit seiner Tochter Sabine und fand sie. Enrico Pedronelli, ausgestattet mit dem Sinn eines Spürhundes und der Kombinationsgabe eines Meisterdetektivs erschien bei Dr. Waltraud Born in der Ordination der Zeche Emma II.
Er wählte dazu die Mittagszeit. Die Vormittagsuntersuchungen waren bereits beendet, Schwester Clara Hatz hatte Wartezimmer und Ordination aufgeräumt und war essen gegangen, und auch Waltraud Born füllte nur noch eine Karteikarte aus, ehe sie hinüber in die Kantine gehen wollte.
Der Besuch Pedronellis überraschte sie und jagte ihr gleichzeitig Angst ein, obwohl er nicht viel Zeit in Anspruch nahm und nach wenigen Minuten wieder vorbei war. Pedronelli machte ja kein Geheimnis aus seinem Zusammenhang mit der ›Affäre Cabanazzi‹. Er fühlte sich sicher. So wie die Dinge lagen und ineinander verwoben waren, konnte er sich das auch fühlen.
»Was wollen Sie?« fragte ihn Waltraud.
»Nur eine Auskunft.« Pedronelli griff in die Tasche, holte eine flache Blechdose hervor und öffnete sie. In ihr lagen zusammengeknüllte, blutbefleckte Verbände. »Das habe ich gefunden, dottoressa, in einem alten Schuppen bei der Sassen-Villa. Erkennen Sie es wieder?«
»Nein«, sagte Waltraud Born. Ihr Herz schlug schneller vor Schreck. Pedronelli lächelte mild.
»Sie sind eine so hübsche Dame, signorina. Und so ehrlich. Sie haben nie lügen gelernt. Man muß das nämlich können und Sie können es nicht.« Er klappte den Blechkasten zu und legte ihn auf den Tisch. »Cabanazzi war verwundet!« sagte er plötzlich hart. Waltraud Born zuckte wieder zusammen und gab zu:
»Er hatte einen Furunkel.«
»Sie haben ihn behandelt?«
»Ja. Ich bin Ärztin.«
»Natürlich. Und nun?«
»Was ›und nun‹?«
»Wo ist er jetzt?«
»Das müssen Sie besser wissen als ich. Sie waren doch in dem Schuppen.«
»Dort ist er nicht mehr. Man hat ihn wieder weggebracht.«
»Weggebracht?«
Pedronelli sah, daß das Erstaunen Waltrauds ehrlich war. Er hatte ihr ja schon gesagt, daß man in ihrem Gesicht lesen konnte wie in einem offenen Buch.
Also wieder nichts. Aber Enrico Pedronelli wurde nicht müde, seiner Aufgabe nachzugehen.
Die Unterhaltung zwischen Dr. Sassen und Sabine war kurz. Sie trafen in der Nähe der Zeche zusammen. Sabine war mit dem Fahrrad hinausgekommen, um Hans Holtmann, ihrem zukünftigen Schwiegervater, im Auftrag von Elsi den Henkelmann, wie man das Eßgeschirr mit dem vorgekochten Mittagessen im Ruhrgebiet nennt, zu bringen.
»Vater!« rief Sabine, als sie ihn plötzlich daherkommen sah. »Was machst du denn hier?«
»Ich gehe spazieren.« Der alte Sassen strahlte vor Freude. Sabine war halt doch seine Tochter. »Und du?« fragte er.
»Ich bringe Vater Holtmann das Essen.«
»Glücklich, Bienchen?« fragte er leise.
Sie nickte.
»Ja, Vater, sehr glücklich.«
»Und wann heiratet ihr?«
»Bald. Wir müssen, Paps. Ich bin schon im dritten Monat«, sagte sie frei heraus. »Ich kriege ein Kind.«
»Ich weiß.« Sassen wischte sich über das Gesicht. Wie alt Paps geworden ist, dachte Sabine erschüttert. Ein richtiger Greis ist er jetzt.
»Ist schon alles vorbereitet?« fragte er.
»So ziemlich, Vater.«
»Und wo feiert ihr?«
»Im Saal von Onkel Huberts Hütte.«
»In einer Kneipe?«
»Wo sonst? Hier ist die Auswahl nicht groß.«
»Wie wär's …« Er schluckte. »Wie wär's mit der Sassen-Villa?«
»Paps …!«
Das Rad fiel um, der Henkelmann schepperte auf dem Pflaster. Sabine fiel ihrem Vater um
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