Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
hörte es gerade. Schrecklich, nicht wahr? Ich weiß noch nicht, ob er tot ist –«
    Waltraud war vor Entsetzen keines Wortes fähig.
    Man fand Dr. Pillnitz auf der Landstraße zwischen Buschhausen und Gelsenkirchen. Sein Wagen war frontal gegen einen der Chausseebäume geprallt und hatte sich an ihm emporgeschoben, als habe er versuchen wollen, den Stamm hinaufzuklettern. Die Polizei und die Feuerwehr, von einem Radfahrer, der die Unfallstelle passierte, herbeigerufen, brauchten länger als eine Stunde, um Dr. Pillnitz aus den Trümmern herauszuschweißen. Dann raste der Krankenwagen mit Martinshorn und Blaulicht zurück nach Gelsenkirchen zur Unfallklinik.
    Der blutüberströmte Körper erweckte zunächst den Eindruck, daß es sinnlos sei, an ihm überhaupt noch herumzudoktern. Die Sanitäter des Krankenwagens hatten keine Hoffnung, ihn noch lebend in der Klinik abzuliefern – um so erstaunter waren sie und die bereitstehenden Ärzte darüber, daß Dr. Pillnitz bei vollem Bewußtsein war und sprechen konnte, als man ihn aus dem Krankenwagen auslud.
    »Das linke Bein ist hin«, sagte Dr. Pillnitz selbst. »Versuchen Sie nicht, es zu retten. Setzen Sie es ab.«
    »Immer langsam, lieber Kollege.« Der diensthabende Chirurg versuchte beruhigend zu wirken. »Seit wann klettert man mit Autos auf Bäume? Ein neuer Sport?«
    Dr. Pillnitz hustete. Er spürte, wie sich dabei sein Mund mit Blut füllte. Er spuckte es aus. Beim Husten war ihm, als zerreiße jemand seine Brust in kleine Fetzen. Auch das noch, dachte er. Innere Blutungen, vielleicht eine angerissene Lunge … O dieses Aas, dieses verfluchte Aas –
    Der Chirurg gab seiner Mannschaft Zeichen, sich zu beeilen. Auch er wertete dieses Blutspucken als Alarmzeichen. Es war kein angesammeltes, altes Blut, sondern frisches, sauerstoffhaltiges Blut aus der Lunge, das beim Husten ans Tageslicht kam.
    Im OP war alles vorbereitet. Das Kombinationsnarkosegerät mit der Überdruckapparatur zur Öffnung des Brustraumes wurde herangeschoben. Im Vorbereitungsraum warteten zwei Krankenpfleger auf den Verletzten, um ihn so weit zu waschen, daß man steril operieren konnte.
    Dr. Pillnitz wurde von der Trage heruntergehoben und auf ein Rollbett gelegt. Er stöhnte dabei. Von seinem linken Bein raste ein Feuerstrom durch den ganzen Körper und entfachte in seinem Gehirn einen unerträglichen Brand.
    »Aufpassen!« schrie er. »Himmel noch mal! Immer das gleiche! Die Burschen greifen zu wie die Metzger! Mein Bein! Ist denn keiner hier, der etwas von Krankentransport versteht! Ein Saustall!«
    Dann wurde er still, die Sinne schwanden ihm. Ein wahnsinniger Schmerz im Brustkorb war mächtiger als sein zorniger Wille, stark zu bleiben. Er stöhnte laut auf und sank dann besinnungslos zurück.
    »Die Natur hilft uns!« Der Chirurg streckte seine Hände aus, die OP-Schwester streifte die sterilen Gummihandschuhe über seine Finger. Am OP-Tisch standen schon die anderen Ärzte zur Assistenz bereit. Dr. Pillnitz lag nackt und gewaschen auf dem Tisch, nur aus seinem Mundwinkel rann noch dünn ein hellroter Streifen Blut.
    »Wir schließen gleich die Transfusion an«, sagte der Chirurg. »Blutgruppe klar?«
    »Gruppe 0.«
    »Auch Kochsalz für Infusionen bereit?«
    »Alles, Herr Oberarzt.«
    »Na, dann los!« Er trat an den Tisch. Der Anästhesist hatte mit der Narkose begonnen. Man konnte sich jetzt nicht mehr mit der schulmäßigen Methode aufhalten, es mußte alles schnell gehen. Herzstärkungsinjektion, Kreislaufmittel, Äther-Lachgasnarkose, Überdruck angeschlossen, wenn der Brustraum und die Pleurahöhle geöffnet wurden.
    »Früh genug?« fragte einer der Assistenten, als der Chirurg den ersten Schnitt tat. Der Oberarzt hob die Schultern.
    »Wenn er nicht innerlich völlig weggeblutet ist –« Er ließ den Satz unvollendet. Neben ihm summte es leise. Der Blutabsauger war in Tätigkeit gesetzt.
    Dr. Waltraud Born schloß die Tür zum Zimmer Cabanazzis und drehte alle Lichter des Untersuchungszimmers an, als es an die Tür klopfte. Sie war gespannt, wie sich Veronika Sassen geben würde, hochmütig, herablassend, oder freundlich. Dr. Born kannte sie bisher nur vom Sehen und aus den Erzählungen von Dr. Pillnitz. Dessen Meinung nahm sie aber nicht so ernst, er betrachtete alles um sich herum mit unverbesserlichem Sarkasmus, der in dem Satz gipfelte: Alles, was menschlich ist, ist im Grunde lächerlich. Man behängt es nur mit Ernst und Würde.
    »Guten Abend«, sagte Veronika Sassen,

Weitere Kostenlose Bücher