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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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als sie die Tür öffnete.
    Sie sah müde und irgendwie verstört aus. Sie ging schnell an Waltraud Born vorbei und setzte sich auf die lederne Chaise, das unerläßliche Requisit aller Untersuchungszimmer. Waltraud musterte sie mit fraulichem Interesse. Gefärbte, zu grelle Haare, ein stark geschminkter Mund, ein Kostüm aus bestem englischem Stoff und vom besten Schneider, Kroko-Tasche und -Schuhe, lange, schlanke Beine, nervöse Hände, gehetzte, unruhige graugrüne Augen, ein Gesicht mit fahler, überpuderter Haut. Sie sieht gut aus, dachte Dr. Born und steckte die Hände in die Taschen ihres weißen Kittels. Aber trotz bester Ausstattung hat sie einen ordinären Stich. Ich kann nicht sagen, warum – aber es ist so. Sie trägt den Titel einer Frau Direktor, aber man könnte ihr auch als einem gut verdienenden Flittchen in einem teuren Bordell begegnen.
    »Wo liegt er?« fragte Veronika Sassen und suchte in ihrer Handtasche nach Zigaretten. Sie fand die Schachtel und lächelte schwach. »Darf man hier?«
    »Wenn kein Betrieb ist – wie jetzt – schon.«
    »Sie auch?«
    »Nein, danke.«
    Veronika Sassen brannte sich die Zigarette an und schlug die Beine übereinander. Teerosenfarbige Spitzen glitten unter ihrem Rock hervor und blieben oberhalb des Knies auf dem Schenkel liegen.
    »Cabanazzi liegt nebenan. Ich habe den Auftrag, niemanden zu ihm zu lassen.« Dr. Born blieb an der Tür stehen. Sie ist wirklich ein Flittchen, dachte sie böse. Sie läuft diesem Sizilianer nach wie eine heiße Katze.
    »Die Anordnung stammt von Dr. Pillnitz …«
    »Ja.« Waltraud spürte, wie sich ihr Herz zusammenkrampfte. »Was ist mit ihm? Haben Sie schon neue Nachrichten?«
    »Nein. Er liegt in Gelsenkirchen.«
    »Tot?«
    »Ich weiß nicht. Als man ihn fand, gab es nur noch wenig Hoffnung.«
    »Schrecklich –«
    »Ja.« Veronika Sassen rauchte hastig und inhalierte tief. »Ich bin Ihnen eine Erklärung schuldig, Dr. Born.«
    »Nein, warum?«
    »Ich habe am Telefon gesagt, daß ich mit Ihnen sprechen will und Sie sich auf einiges gefaßt machen müssen. Ich bin eine Frau, die immer auf ihr Ziel losgeht. Ich werde mich deshalb schamlos vor Ihnen demaskieren. Ich weiß aber auch, daß ich mir das leisten kann, denn ich habe Sie in der Hand …«
    »Mich in der Hand? Das glaube ich nicht!«
    »Warten Sie ab«, lächelte Veronika Sassen kalt. »Ich komme aus reinem Eigennutz zu Ihnen.«
    »So etwas habe ich mir bei Ihnen schon gedacht.«
    Veronika Sassen hob die rasierten und nachgezogenen Brauen. »Sie sind ehrlich, Doktor.«
    »Das gehört zu meinen Grundsätzen.«
    »Ein edles Prinzip. Sie werden aber damit früher oder später Schiffbruch erleiden. Nicht das Gute setzt sich durch, sondern das Gemeine. Sehen Sie sich das Leben an.«
    »Dieser Satz könnte von Dr. Pillnitz stammen.«
    »Vielleicht ist er sogar von ihm – ich weiß es nicht.«
    Veronika Sassen zerdrückte die halbgerauchte Zigarette und brannte sich eine neue an. »Sie kennen Luigi, Doktor?«
    »Ja. Schon bei der Einstellungsuntersuchung faßte er mich an die Brust.«
    »Und Sie haben ihm auf die Finger geschlagen, ich hörte davon. Welcher Unterschied zwischen Ihnen und mir, Sie verabscheuen solche Männer, mich begeistern sie. Ich brauche ihre Kraft, ihre Stärke, ihre Leidenschaft. Ich habe aber einen Greis zum Ehemann. Die Folgen muß ich Ihnen nicht erklären. Ich bin achtundzwanzig Jahre, in einem Alter, in dem manche Frauen beginnen, das Vulkanische in sich zu entwickeln. So eine bin ich. Gerade Sie als Ärztin müssen verstehen, daß dies dann ein unabwendbares biologisches Schicksal ist. Was gibt es da für Vergleiche? Eine Sturmflut … ist sie aufzuhalten durch einen Sandsack? Eine Feuersbrunst … kann man sie mit einem Glas Wasser löschen? Verstehen Sie mich, Doktor Born?«
    »Als Ärztin, vielleicht. Als Frau nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Sie haben ein Kind. Oliver –«
    »Oliver ist sieben Jahre alt. Ich bin ihm eine liebevolle Mutter. Was hat er mit dem … dem anderen zu tun?«
    »Er könnte eine moralische Bremse sein.«
    »Moral! Doktor Born! Moral ist ein Wassertropfen, der in das Feuer der Leidenschaft und der unerfüllten Sehnsucht fällt. Was bleibt von diesem Wassertröpfchen übrig? Nicht einmal ein winziger Hauch der Verdunstung!« Veronika Sassen zündete sich eine neue Zigarette an. »Ich bin die Geliebte Cabanazzis«, sagte sie dann ganz ruhig, als rede sie über irgendeine Nebensächlichkeit. »Ich, Veronika Sassen, liege in den

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