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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ehrlicher Dankbarkeit, sondern in weitblickender propagandistischer Sicht. Wenn die Welt jetzt hörte, was für ein großer Mann dieser Dr. Sassen war, wurde seine Pensionierung nicht zu einem Skandal, sondern zum Ausdruck eines Opfers, in das man sie ummünzen konnte: Die Aufregung um seine Bergleute habe ihn die Gesundheit gekostet. Der ›Retter von Buschhausen‹ trete deshalb zurück. Ein Thema, von dem die Illustrierten und Wochenzeitschriften wieder einige Nummern lang leben konnten.
    Dr. Vittingsfeld dachte eben auch in dieser Situation an alles, getreu der Devise, zum Konzernherrn gehöre mehr als Geist und Tatkraft, man müsse auch Phantasie haben.
    Die letzten, die aus der Tiefe kamen, waren nach Cabanazzi, der als der kräftigste galt, Pater Wegerich, dann Kurt Holtmann und als Schlußlicht Dr. Fritz Sassen. Lauter Jubel begrüßte jeden, aber sie winkten still ab, erwehrten sich der Decken, in die man sie auch hüllen wollte, und gingen schnell in das Kommandozelt, von dem aus die ganze Rettungsaktion geleitet worden war.
    Dort wartete Waltraud Born und fiel Fritz Sassen stumm um den Hals. Sie weinte vor Glück und küßte ihn immer und immer wieder.
    Etwas abseits stand Dr. Ludwig Sassen und wartete, bis die Begrüßung zu Ende war. Dann trat auch er heran und drückte seinem Sohn beide Hände. Gleich darauf übermannte ihn das väterliche Gefühl, er riß den Kopf seines Sohnes an sich und küßte ihn ebenfalls.
    »Mein Junge«, sagte er mit belegter, schwankender Stimme, »mein guter Junge –«
    Dann wandte er sich um, beugte sich zu Waltraud Born und küßte auch sie auf die Stirn. »Werdet glücklich, Kinder«, sagte er leise. »Und nehmt einem alten Mann nicht übel, daß er eine Zeitlang so dumm war.«
    In einer anderen Ecke des Zeltes lagen sich Sabine und Kurt in den Armen.
    »Ich habe dich wieder«, stammelte Sabine und weinte und küßte ihren Kurt dutzende Male. »Ich habe dich wieder … O, wie ich den Berg hasse! Wie ich das alles hier hasse! Aber du bist da … du bist da … Du darfst nie wieder einfahren … nie wieder.«
    Pater Paul Wegerich sah sich um. Alle im Zelt lagen sich in den Armen. Es war eine Woge des Glücks, die alle überschwemmte. Ihn selbst beachtete keiner, aber er hatte es auch nicht erwartet. Gott hatte geholfen, ein sichtbares Wunder hatte er in Buschhausen geschehen lassen. Nun gehörte die Szene den Geretteten und ihren Angehörigen. Still verließ Pater Wegerich das Zelt und wurde draußen von den Reportern empfangen.
    »Was haben Sie zu sagen, Pater?« wurde er bestürmt. »Wie war es unten im ›Toten Mann‹? Was haben Sie gemacht?«
    »Ich?« Pater Wegerich sah sich um und blickte in erwartungsvoll gespannte Gesichter. »Ich habe nichts getan! Ich habe nur Gott gerufen – und er ist gekommen.«
    Beim Wagen 9 gab es wenig später einen Zwischenfall. Der italienische Bergmann Franco Boltarelli, der unter den geretteten Verletzten war, fuhr von seiner Trage hoch, als er Luigi Cabanazzi in den Wagen blicken sah.
    »Mörder!« brüllte er auf. »Mörder! Haltet ihn!« Er wollte von der Trage springen, aber drei Sanitäter drückten den Tobenden auf die Trage zurück.
    Der Italiener schrie und brüllte, Schaum trat ihm vor den Mund, er schlug und trat um sich, und immer wieder brüllte er: »Omicida! Omicida!« (Mörder! Mörder!) Nach zehn Minuten Ringkampf mit den Sanitätern schwieg Franco Boltarelli endlich. Er schwieg, weil es einem der Sanitäter gelungen war, ihm eine Beruhigungsinjektion in den Hintern zu jagen. Anschließend fuhren sie ihn ins Buschhausener Krankenhaus.
    Luigi Cabanazzi verschwand nach dem ersten Aufschrei ›Mörder‹ wie ein Schatten. Das allgemeine Chaos half ihm dabei. Selbst seine Wächter waren vom Unglück auch betroffen. Er rannte um das Kommandozelt herum und traf nicht weit von dort auf einen Sportwagen, der ihm bekannt vorkam. Ein weißer Sportwagen.
    Wie eine Katze glitt er in den Wagen und versteckte sich zwischen Vorder- und Rücksitzen auf dem Boden. Dann wartete er.
    Von dieser Stunde an sah man Cabanazzi nicht wieder.
    Er blieb verschwunden. Er war verschollen.
    Das Komitee setzte eine Belohnung von 1 Million Lire aus.
    Luigi Cabanazzi wurde nicht gefunden.
    Nach dem ersten Jubel, nach den Lobreden und Auszeichnungen, nach den Superlativen in Presse und Rundfunk, die vom ›Wunder‹ bis zum ›Engel von Buschhausen‹ reichten, kam die große Ernüchterung für alle Beteiligten. Die Untersuchungen über die Ursachen des

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