Die schöne Betrügerin
Männer als Frauen verkleidet und mehr Frauen als Männer, als eine Katze Schnurrhaare hat.«
Er ging um sie herum. »Ihre Brust ist voll, aber Ihre Tailie ist schmal. Ihre Hüften sind zwar nicht besonders breit, aber die Stellung der Beine lässt sich einfach nicht verbergen.« Er stand wieder vor ihr, fasste sie unter das Kinn und hob ihr Gesicht an. »Große Augen, volle Lippen, niedliche kleine Nase – du meine Güte, ist Mr. Cunnington denn blind?«
Er trat kopfschüttelnd einen Schritt zurück. »Sie werden sehr hübsch sein, sobald Sie ein paar Wochen lang gut gelebt haben. Ich kann Ihnen ansehen, dass Sie kurz vor dem Verhungern waren. Bleich… Schatten unter den Augen… die Wangenknochen…«
Sein Zorn schien plötzlich verflogen. Er entfernte sich und setzte sich auf ein Sofa. »Aber Sie sind doch keine Spionin, oder, mein Kind? Nur ein hungriges Mädchen auf der Suche nach einem sicheren Zuhause.«
Phillipa war zu verblüfft, um etwas sagen. Sie hatte damit gerechnet, dass Mr. Button das ganze Haus zusammentrommeln würde, anstatt neben sich auf das Sitzpolster zu deuten und ihr mitfühlend sein Ohr zu schenken. Sie war sehr verwirrt und setzte sich vorsichtig. »Wie können Sie so viel von mir wissen? Wer sind Sie?«
»Ich bin der persönliche Kammerdiener von Sir Simon Raines, wenn Sie es unbedingt wissen wollen. Und ich habe
exorbitante
Erfahrung darin, Lügner zu entlarven.« Er lachte vor sich hin. »Verzeihung, ein kleiner Witz. Also, und jetzt erzählen Sie mir alles.«
Es schien keinen großen Sinn mehr zu haben, ihre Geschichte weiterhin zu verschweigen, also stillte Phillipa seine Neugier – wobei sie ihren richtigen Nachnamen verschwieg und natürlich auch die Tatsache, dass Napoleons Männer involviert waren. Aber um ehrlich zu sein: Sie wusste eigentlich gar nicht, weswegen sie mit ihrer Geschichte zurück hielt… da war nur dieser nagende Verdacht, dass mit James Cunnington tatsächlich etwas nicht stimmte, also erzählte sie Mr. Button, dass ihr Vater tot sei. Allein, die Worte sagen zu müssen, machte sie so traurig, dass sie
sehr überzeugend wirkte, obwohl sie natürlich zutiefst hoffte, dass sie eine Lüge waren. Sie erzählte ihm, dass sie in der Hoffnung nach London gekommen sei, bei einem alten Freund ihres Vaters Zuflucht zu finden, dieser Freund aber tot sei. Sie erzählte ihm von Mrs. Farquart und Bessies Kiste und davon, wie Robbie auf sie reagiert hatte.
»Ach ja, unser Rob ist einer von den Schnellen!« Button – wie er auch von ihr genannt werden wollte – lachte. »Es wird eines Tages ein fabelhafter Mann aus ihm werden, falls; er bis dahin überlebt.«
Er fuhr fort und berichtete ihr von einigen von Robbies; Eskapaden. Phillipa hinderte ihn nicht; sie lernte in fünf Minuten mehr über ihren Schützling als in den drei Tagen zuvor. Etwas, das Button ihr erzählte, brachte Phillipa aber schließlich zum Lachen, und Button brach ab, die Augen fröhlich blitzend.
»Sie und ich werden Freunde werden, das weiß ich genau. Und jetzt erklären Sie mir, weshalb ich mit Ihrer Geschichte nicht auf der Stelle zu Mr. Cunnington laufen soll. Er würde Ihnen helfen, wissen Sie?«
»Nein. Bitte… Ich habe Ihnen nicht alles erzählt. Es gibt da so einiges, was ich erst noch herausfinden muss. Ich glaube, irgendwer will mir was antun… und James ist manchmal so verschlossen… und dann ist er wieder so nett…«
»Aha.« Button, der etwas verwirrt gewirkt hatte, nickte jetzt wissend. »Sie haben sich also in unseren James verliebt.«
»N-Nein!« Phillipa stand hastig auf und setzte sich gleich wieder. »Ich meine, er ist bestimmt ein wunderbarer Mann aber… ich meine, ich kann nicht…« Nein, keinesfalls! Verliebt hatte sie sich absolut nicht!
»Phillipa, meine Liebe, das ergibt keinen rechten Sinn.«
»Ich weiß, nur bitte, Button, sagen Sie nichts!«
Er betrachtete sie einen Moment lang gelassen, dieser kleine affektierte Mann, in dessen Händen nun wohl ihr ganzes Leben lag.
»Wollen Sie mir jetzt und hier schwören, dass Sie keine anderen Motive verfolgen, als sich zu verstecken und sicher zu sein?«
Sie nickte hastig. Das waren tatsächlich ihre Beweggründe… zum Großteil. »Das ist alles, was ich möchte, ich schwöre es. Und ich kann Robbie beim Lernen helfen; ich weiß, dass ich es kann. Ich weiß, das macht die Lüge nicht wieder gut, aber mehr habe ich nicht zu bieten.«
Button seufzte. »Ich sollte das nicht tun. Mylady wird sehr wütend werden,
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