Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
Vom Netzwerk:
Schulter gestreichelt. Entsetzlich!«
    Er blieb stehen und atmete schwer, mit irrem Blick, ein Tiger im Käfig, während sie ihn betrachtete. Elizabeth Vanstead, die Tochter Lord Vansteads, die eleganteste Studentin in Oxford, von allen begehrt, so hochmütig und so schön, dass sie es nie gewagt hatte, sie anzusprechen. Elizabeth Vanstead splitternackt mit diesem Mann!
    »Nein, es ekelt mich an, ich kann nicht mehr. Lieber verführe ich einen Hund. Ja, ich weiß, ich wiederhole mich. Eine Manie meiner Rasse, die leidenschaftlich in ihre Wahrheiten verliebt ist. Lesen Sie die Propheten, die heiligen Wiederkäuer. Um einen Hund zu verführen, brauche ich mich nicht zu rasieren oder schön zu sein oder den Starken zu spielen, ich muss nur gut zu ihm sein. Ich brauche nur seinen kleinen Schädel zu tätscheln und ihm zu sagen, dass er ein guter Hund ist und ich auch. Dann wird er mit dem Schwanz wedeln und mich lieben mit seinen treuen Augen, er wird mich lieben, selbst wenn ich alt und hässlich und arm bin, von allen verachtet, ohne Ausweispapiere und ohne Krawatte der Ehrenlegion, er wird mich lieben, selbst wenn mir die zweiunddreißig Knöchelchen im Maul fehlen, er wird mich lieben, o Wunder, selbst wenn ich vor Liebe sanft und schwach bin. Ich schätze die Hunde. Gleich morgen werde ich einen Hund verführen und ihm mein Leben weihen. Oder sollte ich versuchen, homosexuell zu sein? Nein, bärtige Lippen zu küssen ist nicht lustig. Schon daran kann man übrigens die Frauen beurteilen, diese unglaublichen Geschöpfe, die es lieben, Männern Küsse zu geben, was grauenhaft ist.«
    Er hatte plötzlich einen gehetzten Blick, denn er hatte soeben eine Fliege auf der Tapete gesehen, eine dieser grässlichen dicken metallblauen Fliegen, vor denen er sich fürchtete. Er näherte sich vorsichtig der Wand und stellte fest, dass es nur ein Fleck war. Beruhigt lächelte er dieser Frau zu, verschränkte die Arme, deutete einen Tanzschritt an und lächelte ihr erneut zu, unbeschreiblich glücklich plötzlich.
    »Soll ich Ihnen zeigen, wie gut ich jonglieren kann? Ich kann mit sechs verschiedenen Gegenständen jonglieren, was schwierig ist wegen des unterschiedlichen Gewichts und Volumens. Zum Beispiel eine Banane, eine Pflaume, ein Pfirsich, eine Orange, ein Apfel, eine Ananas. Soll ich dem Oberkellner klingeln, dass er Früchte bringt? Nein? Schade.«
    Er ging durch das Zimmer, schlank und mit wirrem Haar, mit gespielt zerstreuter Miene, seinen Charme kultivierend, grotesk mit seiner baumelnden Krawatte der Ehrenlegion. Als er wieder bei ihr war, bot er ihr eine Zigarette an, die sie ablehnte, und dann Schokoladenpralinen, die sie ebenfalls ablehnte. Er machte eine resignierte Geste und fuhr fort.
    »Ich erzähle mir ebenfalls Geschichten im Bad. Heute früh habe ich mir meine Beerdigung erzählt, und das war schön. Zu dieser Beerdigung kamen Kätzchen mit rosa Schleifen, zwei Eichhörnchen Arm in Arm, ein schwarzer Pudel mit Spitzenkragen, Entenküken mit Muffs, Schafe mit Schäferhüten, Zicklein in Crêpe Georgette, pastellblaue Tauben, ein kleiner weinender Esel, eine Giraffe im Badekostüm von 1880, ein Löwenjunges mit großen Pfoten, das an einem Salatherz knabbert, um zu zeigen, dass es ein gutes Herz hat, ein Moschusochse, der herzliche Fröhlichkeit verbreitet, ein kleines kurzsichtiges Rhinozeros, ganz allerliebst mit seiner Hornbrille und seinem kleinen goldgestrichenen Horn, ein Nilpferdbaby mit einer Wachstuchschürze, um sich beim Essen nicht schmutzig zu machen, das aber nie seine Suppe aufisst. Auch sieben kleine dick befreundete Hunde im Sonntagsstaat sind dabei, stolz auf ihre Matrosenblusen und ihre an einer Kordel hängenden Pfeifen, sie trinken Himbeersaft mit einem Strohhalm und halten sich die Pfote vor den Mund, um zu gähnen, weil diese Beerdigung schrecklich langweilig ist. Der kleinste Hund trägt Pumps und ist wie ein musterhaftes kleines Mädchen gekleidet, mit einer Spitzenhose, die unter dem Röckchen hervorguckt, und er übt sich im Seilspringen, damit seine Mama ihn bewundert, aber sie unterhält sich mit einem Fräulein Grashüpfer, das kalte Augen hat und an das Wasser eines Teichs denkt. Diese Grashüpferin ist sehr fromm, sie liebt die Krönungen der Königinnen und die königlichen Geburten. Während er springt, sagt der niedliche kleine Hund in atemloser Geschwindigkeit ein kleines Gedicht auf, um beglückwünscht zu werden. Als er geendet hat, klammert er sich an den Rock seiner Mama

Weitere Kostenlose Bücher