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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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und er schlägt sich noch beherzter auf die Brust, dass es richtig donnert. Und darauf sagt der eben noch Bewunderte keinen Ton mehr, denn er ist weniger groß und weniger schlagkräftig. Er kapituliert und huldigt dem großen Pavian, indem er auf allen vieren die weibliche Haltung einnimmt, als Zeichen der Ergebenheit, was wiederum das Pavianweibchen anwidert, das ihn sogleich tödlich hasst. Ihr Mann vorhin während der Gesprächspausen, sein ständiges verführtes Lächeln, sein vornehm und demütig eingesaugter Speichel. Oder sein gekrümmter Rücken, während ich sprach, um aufmerksamer zu wirken. All das war auch eine weibliche Huldigung an die Macht zu schaden, deren tiefste Wurzel die Fähigkeit zum Mord ist, ich wiederhole es noch einmal. Dito das jungfräuliche und gerührte, fast verliebte Lächeln, wenn der König den Grundstein legt! Dito das anbetende Lachen, mit dem sie die überhaupt nicht komische geistreiche Bemerkung einer wichtigen Persönlichkeit begrüßen! Dito der ekelhafte Respekt des Kabinettsattachés, der behutsam und gewissenhaft die Unterschrift seines Ministers unter dem Friedensvertrag mit dem Löschblatt-Roller trocknet! O dieses ständige Duett zwischen den Menschen, dieser widerliche pavianische Refrain. ›Ich bin mehr als du. Ich weiß, dass ich weniger bin als Sie. Ich bin mehr als du. Ich weiß, dass ich weniger bin als Sie. Ich bin mehr als du. Ich weiß, dass ich weniger bin als Sie.‹ Und so weiter, immer und überall. Paviane allesamt! Ja, ich habe das alles vorhin schon gesagt, Ihr Mann, das anbetende Lachen, die Kabinettsattachés. Entschuldigen Sie mich, aber all diese kleinen Paviane machen mich wahnsinnig, ich finde sie in allen Ecken in Liebeshaltung!
    Und ganz wie ich in diesem Augenblick redet der große Pavian im Käfig mit lauter Stimme, gibt sich vital, spricht wie ein Herr und Meister zum Pavianweibchen, das ihn hingerissen betrachtet. ›Er hat Charme‹, sagt sie ganz leise zu einer alten Pavianfreundin, die sich Luft zufächelt, ›er hat ein so sanftes Lächeln, ich spüre, dass er im Grunde sehr gütig sein muss.‹ Und die Spinnen! Kennen Sie die Sitten der Spinnen? Sie verlangen, dass der Ehemann seine Stärke dadurch beweist, dass er Sprünge macht! So. (Er sprang mit geschlossenen Füßen über den Tisch. Beschämt und sich seiner Lächerlichkeit bewusst, zündete er sich eine Zigarette an und stieß wütend den Rauch aus.) Authentisch, ich kann Ihnen das Buch zeigen. Und wenn der Ehemann keine Sprünge macht, nicht ständig herumwirbelt, nichts zu machen, die Seele der Spinnenfrau wendet sich von ihm ab, und sie haut sogleich mit einem ganz neuen Spinnenmann ans Meer ab, der noch ganz frisch verliebt ist und Luftsprünge und Pirouetten macht, dass es eine Freude ist. Dieser Spinnenmann ist ein Neger! Denn Sie müssen wissen, dass sie die Neger lieben, aber das ist ein Geheimnis, das sie sich nachts im Mondschein, wenn kein Weißer in der Nähe ist, zuflüstern. Und dann muss der Arme vor dem seidigen rauschenden Meer Sprünge von fünf, sechs und sogar sieben Zentimetern Höhe machen, wofür sie ihn anbetet!«
    Er hielt inne und lächelte sanft, denn er genoss seine Spinnen und hatte den dritten Interkostalraum vergessen. Vor Vergnügen warf er seine Krawatte der Ehrenlegion in die Luft und fing sie wieder auf.
    »Aber plötzlich die Tragödie! Ein dritter Spinnenmann taucht auf und macht noch höhere Sprünge als der Neger! Und da sagt sich die Spinnenfrau, endlich ist er gekommen, der Wunderspinnenmann, der aus tiefster Seele ersehnte Spinnenmann! Scheidung! Dritte Heirat! Trunkene Reise an ein neues Meer mit dem neuen Spinnenmann! Flitterwochen in Venedig, wo die Idiotin sich sattsam an den Steinen und Farben berauscht, sich wahnsinnig künstlerisch vorkommt und blinzelt, um sich ganz von diesem genialen gelben Fleck in der Ecke des Bildes durchdringen zu lassen und tausend Wunder darin zu erblicken, während ein Pensionat von jungen Kühen in ästhetischem Almauftrieb an ihr vorbeizieht, und dieser Aufenthalt in Venedig verläuft gut, da Poesie, und Poesie, da viele Geldscheine und Appartement im teuersten Luxushotel.
    Doch da der arme dritte Ehemann nach der sechsten Woche viel weniger springt, da er schlapp und häuslich wird, da er vom Physiologischen langsam genug hat und wieder an das Gesellschaftliche denkt und daran, wieder zu arbeiten und die van Vries einzuladen, und da er von seiner Beförderung und seinem Rheuma spricht, begreift sie

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