Die Schöne des Herrn (German Edition)
Herrn geredet hast.«
»Entschuldige, Liebling, aber du hast überhaupt nichts begriffen«, sagte er gutmütig. »Ich bin in diesem Serail und kenne mich in all den Schlichen hier aus. Natürlich war er wütend, und natürlich kann er mich nicht ausstehen. Aber, ich habe es dir gesagt, das wird ihn nicht daran hindern, mich mit tausend Liebesbezeugungen zu überschütten. Und wenn er erst einmal weiß, dass es eine solide Freundschaft ist, dass ich den U.G.S. bei mir empfange, dass der U.G.S. an meinem Tisch isst, dann wird er mir buchstäblich zu Füßen liegen! Natürlich war es ein guter Anfang mit dem U.G.S., aber man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist, und diese Sympathie festigen, mit deren Bezeugung er mich geehrt hat. Ja, geehrt hat, ich scheue ich mich nicht, es zu sagen! Aber zuerst muss er mich besser kennen. Wenn ich ihn zu einem Cocktailempfang einlade, kann ich die Beziehung anbahnen, mit ihm sprechen, und dann wird er mich schätzen. Verstehst du, die persönlichen Beziehungen zu den Vorgesetzten sind das A und O des Erfolgs. Aber die wahren persönlichen Beziehungen beginnen erst zu Hause, in der Privatsphäre, wenn man bei sich empfängt und von Mensch zu Mensch spricht. Und es ist ganz natürlich, dass ich ihn einlade. Dieser Schlag auf den Rücken war wirklich sehr kräftig, weißt du. Ihn jetzt gleich zu einem Diner einzuladen wäre ein bisschen zu viel, ein bisschen gewagt. Aber ein großer Cocktailempfang schafft den Übergang und bereitet auf das spätere Diner vor. Der Cocktailempfang muss in ziemlich großem Stil sein. Gedruckte Einladungskarten. Wenn es nötig ist, muss man es sich eben was kosten lassen. Und unten rechts u. A.w. g., wie es bei solchen Sachen üblich ist. Und merke dir, wenn ich darauf bestehe, den U.G.S. bei mir zu haben, so tue ich es im Grunde nur, weil ich ihn wirklich sympathisch finde. Er gewinnt bei näherem Kennenlernen. Gewiss, wenn er mir bei der Beförderung behilflich ist, umso besser, aber das ist nicht der Hauptgrund. Wenn er mir unsympathisch wäre, könnte man mich totschlagen, ich würde ihn im Traum nicht einladen, aber ich habe das Gefühl, dass wir irgendwie zusammenpassen, verstehst du? Und wenn du es genau wissen willst, es schmerzt mich für mein Land, dass es außer Debrouckère keinen einzigen Belgier gibt, der A ist. Belgien verdient es besser. Das schuldet man einem Land, das so viel gelitten hat! Dessen Neutralität 1914 verletzt wurde, obgleich sie durch die Verträge von 1839 garantiert war! Und die Zerstörung von Louvain! Die Leiden unter der deutschen Besatzung! Was den Cocktailempfang angeht, so werde ich mich um alles kümmern, Bedienung in weißen Jacken, Getränke, Sandwiches, Kanapees. Du hast nichts weiter zu tun, als dich toll anzuziehen und zu allen nett zu sein, einschließlich dem U.G.S.«
Er schwieg, wischte sich über die Stirn und sah lächelnd alles vor sich. Ja, genau, ein Cocktailempfang in großem Stil! Der Gipfel wäre es, den belgischen Botschafter dabei zu haben, der ja bald für die vierte Generalversammlung eintreffen müsste. Ja, sich von Debrouckère vorstellen lassen und den Botschafter zum Cocktailempfang einladen. Dem Botschafter würde er einfach, als sei es ganz selbstverständlich, erzählen, dass der U.G.S. käme, und dann würde der Botschafter bestimmt annehmen, und dann den U.G.S. einladen und ganz beiläufig erwähnen, der Botschafter würde kommen! Fünfzig Wagen würden an dem Tag vor seiner Villa parken! Die Nachbarn würden platzen vor Neid!
Aus Freude knabberte er ein Stück Zucker wie ein Kaninchen. Er in angeregter Unterhaltung mit dem U.G.S., Zigarre im Mund, einen Martini oder einen Porto Flip in der Hand, zwanglos scherzend wie Leute von gleichem Rang. Kurz vor der Ankunft der Gäste ein halbes Glas puren Whisky, um sich Selbstbewusstsein und Brillanz zu geben. Nein, nicht gleich auf dem Cocktailempfang die Beförderung zur Sprache bringen, nicht den Eindruck erwecken, er habe ihn nur deshalb eingeladen. Ein bisschen Geduld. Die hohen Tiere reagieren leicht verschnupft, wenn man von Beförderung spricht. Abwarten, bis man sich angefreundet hat.
Ja, hinein ins volle gesellschaftliche Leben! Neujahrskarten an alle Bekannten! Aber nur an zumindest Gleichgestellte! Glückwunschkarten an die A und darüber! Und mit ein paar handschriftlich hinzugefügten Worten! Das bringt etwas ein! Beziehungen, Donnerwetter! Nur durch Beziehungen ist der Mensch etwas wert! Mehr noch, der Mensch ist
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