Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
Vom Netzwerk:
Fragen.«
    »Mut, Soldat«, flüsterte Lucien Marc im Vorbeigehen zu.
    »Gut«, sagte Marc mit dumpfer Stimme. »Gut. Leguennec wird dich sicherlich fragen, warum du wie gerufen hier aufgetaucht bist und damit für die Wiederaufnahme der Ermittlung gesorgt hast, durch die zwei Tage später die Leiche deiner Tante gefunden wurde. Ohne deine Ankunft wäre die Angelegenheit im Ungewissen geblieben und Tante Sophia auf einer griechischen Insel verschwunden. Keine Leiche, kein Tod; kein Tod, keine Erbschaft.«
    »Na und? Ich hab es doch gesagt. Ich bin gekommen, weil Tante Sophia es mir vorgeschlagen hatte. Ich mußte weg. Das ist für niemanden ein Geheimnis.«
    »Nur für Ihre Mutter.«
    Die drei Männer drehten sich gleichzeitig zur Tür, wo Vandoosler wieder einmal aufgetaucht war, ohne daß man ihn hatte herunterkommen hören.
    »Wir haben nicht nach dir gerufen«, sagte Marc.
    »Nein«, bemerkte Vandoosler. »Im Augenblick wird überhaupt nicht mehr soviel nach mir gerufen. Das hindert mich nicht daran, mich einzumischen, merk dir das.«
    »Verzieh dich«, sagte Marc. »Was ich gerade mache, ist bereits schwer genug.«
    »Weil du dich wie ein Tölpel anstellst. Willst du Leguennec voraus sein? Die Fäden vor ihm entwirren und das Mädchen befreien? Dann mach’s wenigstens richtig. Erlauben Sie?« fragte er Alexandra und setzte sich neben sie.
    »Ich glaube nicht, daß ich die Wahl habe«, erwiderte sie. »Alles in allem antworte ich lieber einem richtigen Bullen, auch wenn er korrupt ist, wie man mir gesagt hat, als drei Pseudo-Bullen, die sich in ihren zweifelhaften Absichten verstrickt haben. Außer der Absicht von Mathias, Brot zu schneiden – die ist gut. Ich höre.«
    »Leguennec hat Ihre Mutter angerufen. Sie wußte, daß Sie nach Paris wollten, sie wußte auch warum. Liebeskummer nennt man so etwas verkürzt, ein Wort, das offen gestanden zu kurz ist für das, was es vermeintlich bezeichnen soll.«
    »Kennen Sie sich etwa aus mit Liebeskummer?« fragte Alexandra mit weiterhin gerunzelter Stirn.
    »Durchaus«, sagte Vandoosler langsam. »Weil ich häufig welchen verursacht habe. Darunter einen ziemlich ernsten. Ja, ich verstehe was davon.«
    Vandoosler fuhr sich mit den Händen durch sein weißes und schwarzes Haar. Alle schwiegen. Marc hatte ihn selten so ernst und unverstellt erlebt. Mit unbewegtem Gesicht trommelte Vandoosler lautlos auf den Holztisch. Alexandra beobachtete ihn.
    »Lassen wir das«, bemerkte er schließlich. »Ja, ich kenne mich da aus.«
    Alexandra senkte den Kopf. Vandoosler erkundigte sich, ob man verpflichtet sei, Tee zu trinken, oder ob man auch was anderes trinken könne.
    »Das aber nur, um Ihnen zu sagen, daß ich Ihnen Ihre Geschichte mit dem Abhauen glaube«, sagte er, während er sich ein Glas einschenkte. »Ich wußte es von Anfang an. Leguennec hat es überprüft, und Ihre Mutter hat es bestätigt. Sie waren mit Cyrille seit fast einem Jahr allein und wollten nach Paris. Was Ihre Mutter aber nicht wußte, war, daß Sophia Sie hier aufnehmen sollte. Ihr gegenüber hatten Sie nur von Freunden gesprochen.«
    »Meine Mutter war immer ein wenig neidisch auf ihre Schwester«, sagte Alexandra. »Ich wollte nicht, daß sie denkt, ich würde sie wegen Sophia verlassen, ich wollte sie nicht verletzen. Wir Griechen neigen dazu, uns oft und gerne zuviel Gedanken zu machen. Na ja, zumindest hat Großmutter das immer gesagt.«
    »Ein edles Motiv«, bemerkte Vandoosler. »Wenden wir uns also dem zu, was Leguennec denken könnte... Alexandra Haufman, von der Verzweiflung verwandelt und gierig nach Vergeltung...«
    »Vergeltung?« murmelte Alexandra. »Welcher Vergeltung?«
    »Unterbrechen Sie mich bitte nicht. Die Stärke eines Bullen liegt im langen Monolog, der wie eine kompakte Masse erdrückt, oder in der blitzschnellen Erwiderung, die wie eine Keule tötet. Man darf dem Bullen dieses mühsam erarbeitete Vergnügen nicht nehmen, sonst rastet er aus. Sie sollten darum übermorgen Leguennec bloß nicht unterbrechen. Also... Gierig nach Vergeltung, enttäuscht, verbittert, entschlossen, sich neue Macht zu sichern, ziemlich abgebrannt, neidisch auf das schöne Leben Ihrer Tante, finden Sie in dem Mord das Mittel, ihre Mutter zu rächen, die es trotz einiger längst vergessener Versuche zu singen nie geschafft hat, sie planen, die Tante aus dem Weg zu räumen und einen großen Teil ihres Vermögens via Ihre Mutter zu erlangen.«
    »Phantastisch«, knurrte Alexandra. »Habe ich nicht gesagt,

Weitere Kostenlose Bücher