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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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daß ich Tante Sophia geliebt habe?«
    »Eine kindische Verteidigung, junge Frau, albern. Ein Inspektor hält sich mit solchen Albernheiten nicht auf, wenn er Motiv und Hergang in Händen hält. Um so mehr, als Sie Ihre Tante seit zehn Jahren nicht mehr gesehen haben. Das ist zu lange für eine liebende Nichte. Weiter. In Lyon hatten Sie ein Auto. Warum sind Sie also mit dem Zug gekommen? Warum haben Sie Ihr Auto vor Ihrer Abfahrt bei der Werkstatt abgegeben, um es zu verkaufen, und bemerkt, es erscheine Ihnen zu alt, um die Strecke bis nach Paris zu überstehen?«
    »Woher wissen Sie das?« fragte Alexandra verstört.
    »Ihre Mutter hat mir gesagt, Sie hätten Ihr Auto verkauft. Ich habe alle Werkstätten in der Nähe Ihrer Wohnung angerufen, bis ich die richtige gefunden habe.«
    »Was ist denn daran verwerflich?« rief Marc plötzlich. »Was suchst du eigentlich? Laß sie doch endlich in Ruhe!«
    »Und, Marc?« fragte Vandoosler und sah ihn an. »Du wolltest sie doch auf Leguennec vorbereiten, oder? Genau das tue ich. Du willst hier den Bullen spielen und erträgst nicht mal den Anfang eines Verhörs? Ich weiß, was sie am Montag erwartet. Also halt die Klappe und sperr die Ohren auf. Und du, heiliger Matthäus, könntest du mir vielleicht sagen, warum du Brot schneidest, als ob wir noch zwanzig Leute erwarten würden?«
    »Um mich zu entspannen«, erwiderte Mathias. »Und weil Lucien es ißt. Lucien mag Brot.«
    Vandoosler seufzte und wandte sich wieder Alexandra zu, die sich mit einem Geschirrtuch verängstigt die Tränen abwischte.
    »Jetzt schon?« fragte sie. »Jetzt schon all die Telefonate, all die Nachforschungen? Ist es denn so schlimm, sein Auto zu verkaufen? Es war völlig klapprig. Ich wollte mit Cyrille nicht die weite Strecke bis Paris fahren. Und dann war es auch voller Erinnerungen. Ich habe es verkauft... Ist das ein Verbrechen?«
    »Ich fahre in meinen Überlegungen fort«, sagte Vandoosler. »Im Laufe der letzten Woche, am Mittwoch zum Beispiel, dem Tag, an dem Sie Cyrille immer bei Ihrer Mutter abgeben, fahren Sie nach Paris – mit Ihrem Auto, das übrigens nach Auskunft des Werkstattbesitzers gar nicht so klapprig ist.«
    Lucien, der wie gewöhnlich um den großen Tisch herumging, nahm Alexandra das Geschirrtuch aus der Hand und gab ihr ein Taschentuch.
    »Das Handtuch ist nicht sehr sauber«, flüsterte er.
    »Das übrigens gar nicht so klapprig ist«, wiederholte Vandoosler.
    »Ich hab Ihnen doch gesagt, daß das Auto voll mit Erinnerungen war, Scheiße!« rief Alexandra. »Wenn Sie verstehen können, warum jemand abhaut, dann werden Sie doch wohl verstehen, warum man ein Auto verscheuert, oder?«
    »Sicher. Aber warum haben Sie das Auto nicht früher verkauft, wenn die Erinnerungen so belastend waren?«
    »Weil man sich mit solchen Erinnerungen im Kopf eben nicht gleich entscheiden kann, Scheiße!« rief Alexandra.
    »Sagen Sie zu einem Bullen nie zweimal ›Scheiße‹, Alexandra. Bei mir spielt das keine Rolle. Aber am Montag: Vorsicht. Leguennec wird sich nicht rühren, aber er wird das nicht mögen. Sagen Sie nicht ›Scheiße‹. Einem Bretonen gegenüber sagt man nie ›Scheiße‹, es ist der Bretone, der ›Scheiße‹ sagt. Das ist ein Gesetz.«
    »Warum hast du diesen Leguennec dann ausgesucht?« fragte Marc. »Wenn er nicht in der Lage ist, einem auch nur irgendwas zu glauben, und es nicht ertragen kann, daß jemand ›Scheiße‹ zu ihm sagt?«
    »Weil Leguennec geschickt ist, weil Leguennec ein Freund ist, weil es sein Sektor ist, weil er alle Einzelheiten für uns zusammenträgt und weil ich am Ende mit den Einzelheiten mache, was ich will, ich, Armand Vandoosler.«
    »Was du nicht sagst!« rief Marc.
    »Hör auf zu schreien, heiliger Markus, das ist schlecht für die Heiligsprechung, und unterbrich mich nicht ständig. Ich fahre fort. Alexandra, im Hinblick auf Ihre Abreise haben Sie vor drei Wochen Ihre Arbeit aufgegeben. Sie haben eine Karte mit Stern und einer Verabredung in Lyon an Ihre Tante geschickt. Alle in der Familie kennen die alte Stelyos-Geschichte und wissen, an wen Sophia denkt, wenn sie einen gezeichneten Stern sieht. Sie kommen abends nach Paris, fangen Ihre Tante ab, erzählen ihr was weiß ich über Stelyos, der gerade in Lyon sei, nehmen sie in Ihrem Auto mit und bringen sie um. Gut. Sie laden sie irgendwo ab, zum Beispiel im Wald von Fontainebleau oder im Wald von Marly, ganz wie Sie wollen, in einer ziemlich abgelegenen Ecke, so daß sie nicht

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