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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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einer liest, habe ich darauf gesagt, weil er andere Sachen verpaßt hat. Es scheint idiotisch, aber an manchen Abenden hat Sophia gesungen, während ich Klavier gespielt habe, und an anderen Abenden habe ich gelesen, während sie geraucht hat.«
    Juliette seufzte.
    »Das Schlimmste ist, daß Leguennec meinen Bruder ausgefragt hat, um herauszufinden, ob die Bücher nicht zufällig ihm gehören. Was für ein Witz! Georges mag nur Kreuzworträtsel. Er arbeitet in einem Verlag, aber liest keine Zeile, er ist im Vertrieb. Beim Kreuzworträtsel ist er ein As. Na ja, man hat eben nicht das Recht, mit Sophia Simeonidis befreundet zu sein, wenn man ein Bistrot hat, es sei denn, man liefert den Beweis, daß man es geschafft hat, die normannischen Weiden hinter sich zu lassen. Den Stallgeruch wird man nicht los.«
    »Reg dich nicht auf«, sagte Marc. »Leguennec hat alle genervt. Ich hätt’ gern ein Glas.«
    »Ich bring’s dir an den Tisch.«
    »Nein, an der Theke, bitte.«
    »Was ist mit dir, Marc? Bist du auch verärgert?«
    »Nicht ganz. Ich möchte dich um einen Gefallen bitten. In deinem Garten steht doch so ein kleiner Pavillon, ganz separat.«
    »Ja, du hast ihn schon gesehen. Er stammt aus dem vorigen Jahrhundert, ich vermute, daß er für das Personal gebaut wurde.«
    »Wie ist es da? Ist er in gutem Zustand? Kann man da drin wohnen?«
    »Willst du die ändern verlassen?«
    »Sag, Juliette, kann man da drin wohnen?«
    »Ja, er ist in gutem Zustand. Es ist alles drin, was man braucht.«
    »Warum hast du ihn hergerichtet?«
    Juliette biß sich auf die Lippen.
    »Für den Notfall, Marc, falls ich es mal brauchen sollte. Ich bin vielleicht doch nicht dazu bestimmt, für immer allein zu sein... Man weiß nie. Und da mein Bruder bei mir wohnt, ist so ein kleines Gartenhäuschen wichtig für die Unabhängigkeit, für den Fall, daß... Findest du das lächerlich? Bringt es dich zum Lachen?«
    »Überhaupt nicht«, erwiderte Marc. »Wohnt im Augenblick jemand dort?«
    »Nein, das weißt du doch«, sagte Juliette achselzuckend. »Also, was willst du?«
    »Ich hätte gern, daß du es jemandem diskret anbietest. Wenn du nichts dagegen hast. Für eine kleine Miete.«
    »Für dich? Für Mathias? Lucien? Den Kommissar? Ertragt ihr euch nicht mehr?«
    »Doch. Es geht. Für Alexandra. Sie sagt, daß sie nicht bei uns bleiben kann. Sie sagt, daß sie uns mit ihrem Sohn zur Last fällt, daß sie sich nicht bei uns einnisten kann, aber ich glaube, daß sie vor allem ein bißchen Ruhe haben will. Jedenfalls sieht sie sich Anzeigen an, sie sucht etwas. Da habe ich gedacht...«
    »Du willst nicht, daß sie weggeht – ist es das?«
    Marc drehte an seinem Glas.
    »Mathias sagt, man müsse ein wenig auf sie achten. Solange die Angelegenheit noch nicht beendet ist. In deinem Gartenhaus hätte sie mit ihrem Sohn ihre Ruhe, und gleichzeitig wäre sie ganz in der Nähe.«
    »Richtig. Ganz in deiner Nähe.«
    »Du irrst dich, Juliette. Mathias denkt wirklich, es wäre besser, wenn sie nicht so isoliert ist.«
    »Das ist mir egal«, unterbrach ihn Juliette. »Es stört mich nicht, wenn sie mit ihrem Sohn herkommt. Wenn ich dir damit einen Gefallen tue, einverstanden. Und außerdem ist es die Nichte von Sophia. Das ist das mindeste, was ich tun kann.«
    »Das ist nett von dir.«
    Marc küßte sie auf die Stirn.
    »Weiß sie etwas davon?« fragte Juliette.
    »Natürlich nicht.«
    »Weshalb glaubst du überhaupt, daß sie Lust hat, in eurer Nähe zu bleiben? Hast du daran gedacht? Wie willst du es anstellen, daß sie das Angebot annimmt?«
    Marcs Miene verdüsterte sich.
    »Ich laß dich machen. Sag ihr nicht, daß die Idee von mir kommt. Finde ein paar gute Argumente.«
    »Du läßt mich also für dich die ganze Arbeit machen?«
    »Ich verlaß mich auf dich. Laß nicht zu, daß sie weggeht.«
    Marc kehrte an den Tisch zurück, wo Lucien und Alexandra in ihrem Kaffee rührten.
    »Er hat unbedingt wissen wollen, wo ich die Nacht rumgefahren bin«, sagte Alexandra. »Wozu soll ich ihm erklären, daß ich nicht einmal auf die Namen der Dörfer geachtet habe? Er hat mir nicht geglaubt, aber das ist mir scheißegal.«
    »War der Vater Ihres Vaters auch Deutscher?« unterbrach sie Lucien.
    »Ja, aber was hat das damit zu tun?« fragte Alexandra.
    »War er im Krieg? Im Ersten? Hat er nicht vielleicht Briefe hinterlassen, kurze Aufzeichnungen?«
    »Lucien, könntest du vielleicht mal an dich halten?« fragte Marc. »Wenn du unbedingt reden willst, könntest

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