Die schöne Kunst des Mordens
vorhatte, und in unserem Schrank lagerte eine äußerst peinliche Leiche.
»Also gut«, sagte ich, und dieses eine Mal war ich wirklich froh, dass ich mich auf seine Erfahrung verlassen konnte – was natürlich bedeutete, anzunehmen, dass er Erfahrung darin hatte, Mist zu bauen und erwürgte Leichen in seinem Schrank vorzufinden, doch wusste er gewiss mehr darüber als ich. »Und was machen wir jetzt?«
Chutsky runzelte die Stirn. »Als Erstes müssen wir sein Zimmer durchsuchen. Er ist vermutlich abgehauen, aber wir wären echt blöd, wenn wir nicht nachschauen.« Er wies mit dem Kopf auf den Umschlag in meiner Hand. »Wir kennen seine Zimmernummer, und er
weiß
nicht unbedingt, dass wir wissen. Und falls er dort sein sollte – dann müssen wir eben, wie hast du es noch mal genannt, O.K. Corral mit seinem Arsch spielen.«
»Und wenn er nicht dort ist?«, erkundigte ich mich, da ich ebenfalls das Gefühl hatte, dass Rogelio ein Abschiedsgeschenk war und Weiss sich bereits auf schnellstem Weg zum Horizont befand.
»Egal, ob er in seinem Zimmer ist oder nicht oder ob wir ihn rausholen – tut mir leid, dir das sagen zu müssen, Kumpel, aber unser Urlaub ist vorbei.« Er wies mit dem Kopf auf Rogelio. »Früher oder später wird man ihn entdecken, und dann gibt es gewaltigen Ärger. Wir müssen zusehen, dass wir uns verdammt schnell verdrücken.«
»Aber was ist mit Weiss? Was, wenn er schon weg ist?«
Chutsky schüttelte den Kopf. »Der muss auch um sein Leben rennen. Er weiß, dass wir hinter ihm her sind, und wenn man Rogelios Leiche entdeckt, wird sich jemand erinnern, die beiden zusammen gesehen zu haben – ich glaube, der ist schon über alle Berge. Aber für alle Fälle müssen wir dennoch sein Zimmer kontrollieren. Und dann mit Vollgas von Kuba verschwinden,
muy rápido.
«
Ich hatte schreckliche Angst davor gehabt, dass er irgendeinen Hightech-Vorschlag zur Beseitigung von Rogelios Leiche parat hielt, wie etwa, ihn in der Badewanne in einer Laserlösung zersetzen zu lassen, deshalb war ich sehr erleichtert, als ich vernahm, wie dieses eine Mal der gesunde Menschenverstand aus ihm sprach. Ich hatte außer einem Hotelzimmer und dem Boden eines Mojito-Glases fast nichts von Havanna gesehen, doch es war eindeutig an der Zeit, den Heimweg anzutreten und Plan B in Angriff zu nehmen. »In Ordnung. Gehen wir.«
Chutsky nickte. »Guter Mann«, lobte er. »Schnapp dir deine Waffe.«
Ich ergriff das kalte, klobige Ding und schob es in den Bund meiner Hose, ließ die grauenhafte grüne Jacke darüber fallen, und als Chutsky die Schranktür schloss, wandte ich mich zum Flur.
»Häng das Bitte-nicht-stören-Schild an die Tür«, wies er mich an. Ein ausgezeichneter Vorschlag, der bewies, dass ich recht hatte, was seine Erfahrung betraf. An diesem Punkt wäre es wirklich höchst unangenehm, wenn ein Zimmermädchen eintrat, um die Kleiderbügel zu reinigen. Ich hängte das Schild an den Türknauf, und Chutsky folgte mir aus dem Zimmer und den Flur hinunter zum Treppenhaus.
Es war ein sehr, sehr merkwürdiges Gefühl für mich, durch den hell erleuchteten Flur zu schleichen, ohne Mond, der über meinen Schultern den Himmel erschütterte, ohne leuchtende Klinge, die erwartungsvoll schimmerte, und ohne das selige Zischen des Dunklen Passagiers, der sich bereitmachte, das Steuer zu übernehmen; nichts dergleichen, nur das rumpelnde Humpeln von Chutskys Füßen, echter und metallener im Wechsel, und das Geräusch unseres Atems, während wir die Brandschutztür öffneten und die Stufen zum achten Stock erklommen. Zimmer 865 bot, genau wie ich angenommen hatte, einen Blick auf die Fassade des Hotels, ein perfekter Ort für Weiss, um seine Kamera aufzustellen. Wir standen schweigend vor der Tür, während Chutsky seine Waffe mit dem Haken hielt und Rogelios Generalschlüssel herausholte. Er reichte ihn mir, wies mit dem Kopf zur Tür und flüsterte: »Eins. Zwei – drei.« Ich steckte den Schlüssel ins Schloss, drehte den Türknauf und trat zurück, als Chutsky mit hoch erhobener Waffe hineinstürzte, dann folgte ich ihm, befangen auch meine Waffe im Anschlag haltend.
Ich gab Chutsky Deckung, als der die Badezimmertür mit einem Tritt öffnete, dann den Schrank, und sich schließlich entspannte, wobei er die Pistole wieder in die Hose steckte. »Da wären wir«, sagte er mit einem Blick auf den Tisch am Fenster. Darauf stand ein großer Obstkorb, was ich ein wenig ironisch fand, wenn man bedachte, was Weiss
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