Die schoene Luegnerin
die Tapeten nicht von den Wänden kratzen. « Er spähte über Dallas’ Schulter und funkelte Carrie wütend an, die unbeeindruckt lächelte.
Carrie musterte Dallas und Tem, der hinter seinem Vater stand und vorsichtig ins Zimmer spähte. »Vielleicht solltet ihr Kinder jetzt ins Wohnzimmer gehen, ich glaube euer Vater möchte mit mir sprechen. «
Josh hatte ihr tatsächlich etwas zu sagen, eine ganze Menge sogar, aber er hatte nicht vor, mit ihr allein zu sein, solange sie in der Badewanne saß. So wie er sie einschätzte, war sie imstande, plötzlich aufzustehen
und ihn um ein Handtuch zu bitten. Wenn das geschah, dann war er verloren, das war ihm klar. »Was ich Ihnen zu sagen habe, kann warten«, sagte er so schroff wie möglich und stellte Dallas auf den Boden.
Die Kleine ging zur Badewanne, berührte mit einer Hand den Schaum und sah Carrie fragend an.
»Das kommt vom Badesalz«, erklärte Carrie. »Es stammt aus... «
»Lassen Sie mich raten«, warf Josh sarkastisch ein. »Frankreich. Einer Ihrer geliebten Brüder hat es Ihnen mitgebracht. «
»Das stimmt, Sie haben recht, er hat mir noch dazu sechs neue Kleider geschenkt«, entgegnete sie zuckersüß. Sie dachte gar nicht daran, ihre Brüder gegen den Spott dieses Mannes zu verteidigen.
»Wie wunderbar für Sie, daß Sie im Wohlstand aufgewachsen sind. Der Rest der Bevölkerung lebt wie Sklaven und muß für seinen Lebensunterhalt arbeiten, und... « er sah sich im Zimmer um, »... wir müssen Geld verdienen, um uns Teppiche, Tapeten und Kleidung kaufen zu können. «
Carrie strahlte ihn an. »Mir scheint, daß es die Pflicht der Reichen ist, ihr Vermögen mit anderen zu teilen, meinen Sie nicht? «
»Vielleicht, aber für Almosen haben wir nicht viel übrig. «
Carrie konnte nicht zulassen, daß er sie in Rage brachte. Im Grunde hätte sie ihn gern daran erinnert, daß sie verheiratet waren und daß das, was ihr gehörte, genauso ihm zur Verfügung stand. Sie hatte all das, was sie heute vollbracht hatte, schließlich für ihre eigene Familie getan, und wenn sie nicht hätte fürchten müssen, daß sie seinen Stolz zu sehr verletzte, hätte sie sogar ein Haus in der Stadt gekauft — es stand zufäll gerweise ein sehr hübsches zum Verkauf —, aber sie hatte sich dafür entschieden, lieber sein eigenes Heim zu verschönern.
Sie schluckte ihren Zorn über seine Ungerechtigkeit hinunter und bot statt dessen Dallas an, zu ihr in die Wanne zu kommen. Das kleine Mädchen sah seinen Vater flehentlich an, und als er kaum merklich nickte, zog es sich, so schnell es konnte, aus, und Josh hob es ins warme Wasser. Während es sich Dallas bequem machte und freudig jauchzte, stellte Carrie zufrieden fest, daß Josh düster die Stirn runzelte, ehe er sich abwandte und den Raum verließ.
Als Josh die Tür schloß, atmete er befreit auf, aber seine Erleichterung währte nicht lange, als er sich in dem vollkommen veränderten Wohnzimmer umsah. Alles hier trug Carries Stempel. Wo er auch hinsah, erkannte er ihre Handschrift, und als er Tem einen Blick zuwarf, der den großen Topf, der auf dem Herd stand, anstarrte, wußte er, daß sein Sohn ebenso dachte wie er. Tem zuckte schuldbewußt unter dem Blick seines Vaters zusammen. Der Junge ahnte, daß es seinem Vater nicht recht war, wenn er sich darüber freute, was Carrie für sie getan hatte.
Josh ging zum Kamin. Das Feuer knisterte munter, und keinerlei Rauchschwaden waren im Zimmer — Carrie hatte offensichtlich den Schornstein ausputzen lassen. Unwillkürlich ließ sich Josh in einem der beiden neuen Schaukelstühle nieder, die vor dem Feuer standen, lehnte sich an das hübsch gemusterte Kissen und betrachtete seine neue Umgebung mit einer gewissen Freude, die er sich eigentlich selbst nicht gestatten wollte. Tem, der seinen Vater beobachtet hatte, nahm vorsichtig auf dem anderen Schaukelstuhl Platz.
Josh schloß die Augen, und träumte davon, daß sein Leben ab jetzt tatsächlich so verlief, wie er es sich vorgestellt hatte. Er hörte seine Frau und seine Tochter im Schlafzimmer herumplanschen, und ihr Lachen erfüllte den Raum — und ihn — mit Wärme. Essensduft lag in der Luft, und der Topf mit dem Eintopf brodelte auf dem Herd, in dem ein lustiges Feuer brannte. Josh drehte sich seinem Sohn zu, der es sich in dem Sessel gemütlich gemacht hatte, und erkannte, daß er sich alles genauso erhofft hatte. Von einem solchen Leben hatte er geträumt, als er den Brief geschrieben hatte, in dem er um eine
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