Die schoene Luegnerin
den Laden, die Carrie irgend etwas zum Kauf anboten — Eternity war eine arme Stadt, und die Bewohner mußten jede Gelegenheit, Geld zu verdienen, nutzen. Carrie erstand Teppiche, noch mehr Rosenbüsche, ein solides Küchenbuffet aus Eichenholz, vier intakte Stühle, die sie gegen Joshs alte eintauschte, Decken, Kissen und Bettwäsche sowie Geschirr und versilbertes Besteck, das ihr ein Witwer anbot. Zum guten Schluß fand sie noch eine Frau, die sich bereit erklärte, sich einmal in der Woche um die Wäsche der Greenes zu kümmern.
Als ein Fuhrwerk mit der Habe einer Familie, die von Eternity wegzog, vor dem Laden hielt, kam Carrie auf die Idee, ihnen ihre Badewanne abzukaufen.
Etwa um zwei Uhr ritt Carrie durch die Stadt, die jetzt wie ausgestorben wirkte, zurück. Die meisten Bewohner von Eternity waren längst bei der Arbeit, um Joshs Haus zu verschönern. Als zwei junge starke Burschen, die offenbar das ganze Spektakel versäumt hatten, auf Carrie zukamen und fragten, ob sie nicht noch einen Auftrag für sie hätte, schickte sie sie in die Berge, um vier junge Bäume zu holen, die sie dann auf Joshs Hof pflanzen sollten.
Es war fast drei Uhr, als Carrie wieder in Joshs Haus war. Um sie herum herrschte das reinste Chaos: Die Frauen putzen und pflanzten, die Männer führten die Reparaturarbeiten aus und strichen die Wände. Alle hatten es eilig, und sie stritten um das Handwerkszeug, nur um schneller fertig zu werden und das versprochene Geld in Empfang nehmen zu können.
Carrie ließ sich am Rand des Geschehens nieder, aß ein Butterbrot und fütterte Choo-choo mit einigen Bissen. Eine Weile später bezahlte sie die Leute, die ihre Aufgaben schon erfüllt hatten. Sie machte sich keine Sorgen, daß sie betrogen wurde, denn die Leute schauten sich gegenseitig sehr genau auf die Finger.
Es war Sommer, deshalb ging die Sonne ziemlich spät unter, und als der westliche Horizont in rotem Licht glühte, war das Haus nicht mehr wiederzuerkennen. Rauch kräuselte sich aus dem reparierten Kamin, und obwohl es überall nach frischer Farbe roch, verbreitete sich das Aroma von gebratenem Fleisch im Haus.
Es war schon fast dunkel, als die letzte erschöpfte Hilfskraft den Lohn entgegennahm und das Haus verließ. Zum Glück hatten sich Josh und die Kinder noch nicht sehen lassen. Carrie stand auf und ging ins Haus. Sie sehnte sich nach einem langen heißen Bad, und das hatte sie sich auch nach diesem anstrengenden Tag verdient. In weiser Voraussicht hatte sie jemanden gebeten, Wasser heiß zu machen und die Eimer neben der Badewanne, die die Arbeiter ins Schlafzimmer gebracht hatten, abzustellen, so daß sie kaum mehr tun mußte, als sich auszuziehen. Aber schon allein diese Aufgabe konnte sie kaum allein bewältigen. Sie plagte sich mit all den Knöpfen und Haken, aber schließlich konnte sie sich in der warmen Wanne entspannen.
Sie seufzte wohlig und lächelte. Sie freute sich schon darauf, daß Josh sie um Verzeihung bitten mußte, weil er sie falsch eingeschätzt hatte.
6. Kapitel
Als Josh mit den Kindern — alle saßen auf einem Pferd — auf die Lichtung kam, hielt er an und starrte staunend auf die Szenerie. Im ersten Moment glaubte er, daß er den falschen Weg genommen hatte, und wendete sein Pferd, aber dort an der Ecke stand die Espen-Gruppe, die er kannte, und in der Nähe sah er auch den alten Zaunpfosten — er war richtig. Er drehte erneut um, ritt auf das Haus zu und hielt vor der Tür an.
Der Mond spendete ein fahles Licht, und das kleine Gebäude schimmerte und glänzte. Das war nicht der Schuppen, den er am Morgen verlassen hatte. Dieses Haus hatte eine Veranda, war weiß gestrichen und nicht mehr grau und trist, und Rosen wuchsen neben dem Eingang. In den Fensterhöhlen blitzten und funkelten echte Glasscheiben.
»Ob uns eine gute Fee besucht hat? « fragte Dallas und rieb sich die Augen, weil sie den Verdacht hatte, daß sie das alles nur träumte.
»Etwas in der Art wird’s wohl gewesen sein«, brummte Josh und biß die Zähne aufeinander. »Eine gute Fee mit viel Geld. Mit Geld, das ihrem Vater gehört. «
Josh half den Kindern vom Pferd und öffnete die Haustür — eine Tür, die in frischgeölten Angeln hing und sich ganz leicht öffnen ließ.
Im Wohnzimmer standen mehrere brennende Kerzen und Laternen, und an der Wand befand sich ein neuer Herd, der aussah, als wäre er sehr teuer gewesen. Die einst grauen Bretterwände waren mit einer schimmernden Tapete, die mit einem Rosenmuster
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