Die schöne Mätresse
das werde ich auch – notfalls würde ich sogar mit ihm durchbrennen!“
Ihre Miene wurde ernst, und sie ergriff Evans gesunde Hand. „Allerdings glaube ich nicht, dass dies nötig sein wird. Du wirst mich doch freigeben, Evan, oder?“
„Ich werde tun, was immer du wünschst, Andy. Du weißt, dass ich nur dein Glück will.“
Sie küsste ihn auf die Stirn. „Liebster Evan! Ich bin dir lange zur Last gefallen. Falls mich jemand herzlos nennen würde, hätte er zweifellos Recht. Von Anfang an wusste ich, dass wir nur Freunde waren und du allein aus Pflichtgefühl um meine Hand angehalten hattest. Ich hätte dein Angebot niemals annehmen sollen. Es ist unangenehm, es zuzugeben“, fuhr sie errötend fort, „aber ich hatte Angst. Angst, allein der Gesellschaft gegenüberzutreten – die arme Andrea, Richards verkrüppelte kleine Schwester. Wer hätte mich schon heiraten wollen? Ich habe befürchtet, alt und einsam zu enden. Doch wenn ich nicht verlobt gewesen wäre, hätte Giles es niemals gewagt, eine Freundschaft mit mir einzugehen. Und ich hätte mich niemals in den Mann verliebt, der jetzt die Welt für mich bedeutet.“
„Natürlich lasse ich dich gehen, Kleines. Ich wünsche euch beiden viel Glück.“
Sie umarmte ihn heftig. „Danke, Evan. Übrigens habe ich bereits die offizielle Mitteilung über die Auflösung unserer Verlobung verfasst. Du musst sie nur noch unterschreiben. Ich muss gestehen, ich hätte deine Unterschrift gefälscht, falls du dich geweigert hättest.“
„Die Liebe scheint eine kleine Wildkatze aus dir gemacht zu haben“, bemerkte Evan amüsiert. „Du kannst deine kriminellen Fähigkeiten sofort erproben. Momentan kann ich nicht einmal die Finger meiner rechten Hand spüren, geschweige denn meinen Namen kritzeln.“
Andrea seufzte mitfühlend. „Dann ist es noch nicht besser geworden? Das tut mir Leid. Lord Blackwell hat uns nur wenig von deiner Mission erzählt. Ich bin so stolz auf dich, Evan. Du bist ein ebenso großer Held wie Richard.“
„Unsinn.“ Trotz seines Protestes wärmte ihr Lob sein Herz.
„Dann ist es also abgemacht? Ich werde nur diese Nacht bleiben – ich möchte die Meldung in den Zeitungen abdrucken lassen, bevor die Woche vorbei ist. Erst wenn er es schwarz auf weiß liest, will Giles um mich anhalten. Er ist ein prinzipientreuer Schatz! Hättest du etwas dagegen, wenn er kommt und dich um meine Hand bittet? Mein Cousin ist praktisch ein Fremder, ich betrachte dich nach Richards Tod als meinen Vormund.“
„Natürlich nicht. Schick ihn ruhig nach Highgrove. Ich freue mich schon darauf, den Mann kennen zu lernen, der deine Augen so zum Strahlen bringt.“
„Weißt du, ich bemerke mittlerweile mein Hinken kaum noch. Vor kurzem war es noch ein Albtraum für mich, vor Fremden herumlaufen zu müssen! Ich glaube, du und Giles werdet euch wunderbar verstehen. Wie auch immer …“ Sie strahlte vor Glück. „Ich möchte, dass meine Hochzeit so bald wie möglich stattfindet. Küssen ist so wunderschön, dass ich kaum erwarten kann, was danach kommt.“
Zum ersten Mal seit langer Zeit lachte er herzlich. Nicht einmal die Tatsache, dass seine Schulter bei der Bewegung schmerzte, störte ihn. „Ich glaube, wir müssen dich schnell verheiraten, bevor es noch einen Skandal in der Familie gibt.“
„Du kommst doch zur Hochzeit nach London, oder? Ich möchte keinesfalls, dass mich irgendjemand sonst zum Altar führt. Bitte!“ Sie blickte ihn flehentlich an.
London. Emily und Brent. Der Gedanke versetzte ihm einen Stich ins Herz. Andererseits durfte er Andrea diesen Gefallen nicht verweigern. „Natürlich, gern. Hoffentlich behandelt dich dieser Soldat wie eine Prinzessin, sonst wird er sich vor mir verantworten müssen!“
Als sie sich zum Gehen wandte, blieb ihr Blick wieder an dem Bild hängen. Nachdem sie es einen Moment lang angesehen hatte, öffnete sie die Tür. „Bis nachher beim Tee. Und Evan …“
„Ja?“
„Die Liebe ist ein wirklich wundervolles Geschenk. Solltest du das Glück haben, ihr zu begegnen, lieber Freund … lass dich durch nichts und niemanden von ihr abbringen.“
20. KAPITEL
E mily blickte auf den Brief in ihren Händen. Ihr Name stand in zittriger Schrift darauf, als ob die Hände des Absenders nicht mehr seinem Willen gehorcht hätten. Obwohl sie schon vorher von dem Eintreffen des Briefes gewusst hatte, schlug ihr Herz unwillkürlich schneller. Mit bebenden Fingern entfaltete sie die Seite und begann zu
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