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Die schöne Mätresse

Die schöne Mätresse

Titel: Die schöne Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Justiss
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gemacht hatte, schien sie als eine Art Engel zu betrachten. „Wenn Sie es wünschen, komme ich gerne.“
    „Wundervoll! Da Evan wie ein Bruder für mich ist, müssen Sie und ich Schwestern sein. Vielleicht wird er ja bei meiner Hochzeit eine interessante Neuigkeit verkünden!“
    Mit einem strahlenden Lächeln verabschiedete sich die junge Dame.
    Damals hatte Emily ebenfalls gelächelt, beinahe zwei Wochen später war ihr das Lachen jedoch vergangen. Sie erhielt keine Briefe. In den ersten Tagen, nachdem sie von Evans Rückkehr nach London gehört hatte, wartete sie ständig auf seine vertrauten Schritte vor ihrem Arbeitszimmer oder ihrem Salon. Doch ihre Hoffnung wurde niemals erfüllt.
    Andreas Hochzeit sollte in Kürze stattfinden. Nach allem, was zwischen ihnen geschehen war, wollte er sie doch nicht etwa vor einem Saal voller Fremder zum ersten Mal seit der Trennung wiedersehen? Selbst wenn er sie nicht mehr als seine Ehefrau begehrte, konnten sie immer noch Freunde sein, oder? Warum hatte er ihr dann nicht geschrieben oder sie besucht?
    Seufzend wandte sie sich von ihrer Zeichenmappe ab. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass der Abend angebrochen war und die Schneiderinnen gegangen waren
    Francesca trat ein. „Warum sitzen Sie hier in der Dunkelheit, Mistress? Ihr Tee ist längst kalt. Schon die ganze Woche finde ich Sie so vor.“
    „Ich habe einige Ideen zu Papier gebracht und darüber die Zeit vergessen.“
    Nach einem skeptischen Blick auf das beinahe leere Blatt vor ihrer Herrin kam Francesca zu ihr. „Was bereitet Ihnen solche Sorgen,
querida
?“
    „Nichts, Francesca. Wahrscheinlich bin ich nur müde.“
    Das Dienstmädchen seufzte. „Sorgen Sie sich nicht. Bei allen Heiligen, er wird zu Ihnen kommen.“
    Zwei Wochen lang hatte sie ständig zwischen Euphorie, Hoffnung und Zweifel geschwebt. Nun wusste sie nicht mehr, was sie glauben sollte. „Sein Bruch mit Miss Marlowe ist schon über einen Monat her. Wie kannst du so sicher sein?“ fragte sie den Tränen nahe.
    „Seine Augen. Als er verwundet war und wir ihn pflegten, folgten sie Ihnen ständig. Er reagierte sogar auf den Klang Ihrer Stimme. Seine Seele ist mit Ihrer verbunden. Er muss Sie wieder finden, sonst ist er kein ganzer Mensch mehr.“
    Emily wollte so gerne daran glauben. Sie bemühte sich um einen beiläufigen Tonfall. „Augen, Francesca? Er kann nur noch mit einem sehen.“
    Die Zofe schüttelte missbilligend den Kopf. „Ihr Engländer nehmt alles so wörtlich. Hören Sie auf Ihr Herz,
querida
. Tun Sie, was es Ihnen befiehlt.“
    Mit der Ankündigung, sie werde die Kutsche rufen, ging Francesca hinaus.
    Während der Heimfahrt, beim Dinner, den ganzen Abend über konnte Emily Francescas Worte nicht vergessen.
Hören Sie auf Ihr Herz.
    Etwas Richtiges hatte sie schon getan. Miss Marlowes Geschichte hatte sie glücklicherweise daran erinnert, wie falsch es war, jemanden zu heiraten, für den man nur Freundschaft empfand. Daher hatte sie Brents Antrag abgelehnt. Er nahm die Niederlage gelassen hin und äußerte die Hoffnung, sie würde ihre Meinung ändern – falls nicht ein anderer um ihre Hand anhielt.
    Was hatte er damit gemeint? Wie gerne wollte sie das herausfinden.
    Sie hatte versucht, Evan zu schreiben unter dem Vorwand, ihm ihr Bedauern zu seiner gelösten Verlobung auszusprechen. Doch jeder Brief, den sie anfing, endete in kleinen Fetzen im Kamin.
    Sollte sie zu ihm gehen, wie es ihr Herz verlangte? Sie konnte sich kaum vorstellen, dass der befehlsgewohnte Mann, den sie kannte, nicht sofort zu ihr eilen würde, wenn er sie wirklich liebte. Der Evan, der sie in der ersten Nacht in ihr Schlafzimmer getragen hatte, der ihr heimliche Stelldicheins auf dem Lande vorgeschlagen hatte, würde er so handeln?
    Bei ihrem letzten Treffen hatte er erklärt, sie würden sich nie mehr sehen. Doch die Umstände hatten sich mittlerweile geändert. Nun konnten sie endlich den Traum verwirklichen, ihre Verbindung durch eine Heirat öffentlich zu machen. Niemals würden sie wieder ihre Liebe vor der Welt verbergen müssen.
    Es war jedoch möglich, dass er seine Meinung geändert hatte.
    Vielleicht war seine Leidenschaft auch nur von der Tatsache genährt worden, dass ihre Liebe unerfüllbar blieb. Nun, da er sie jederzeit haben konnte, begehrte er sie möglicherweise nicht mehr.
    Oder war es, wie Andrea vermutet hatte: Erachtete er sich aufgrund seiner Verletzungen für unwürdig? Wollte er nicht von ihr verlangen, sich an einen Mann zu binden,

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