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Die schöne Mätresse

Die schöne Mätresse

Titel: Die schöne Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Justiss
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niemals mit ansehen, dass ein Schurke eine Dame belästigt, selbst wenn …“, er schmunzelte, „er die betreffende Dame nicht so sehr bewundern würde. Aber Sie dürfen nicht denken, dass Sie wegen seiner Hilfe zu irgendetwas … verpflichtet sind. Zweifelsohne wäre er empört, falls Sie so etwas auch nur in Erwägung ziehen würden.“
    Seltsamerweise fühlte sie sich durch seine Worte keineswegs beruhigt. Keine Verpflichtung, hatte Blakesly versichert. Auch der Anwalt hatte ihr geraten, darauf zu vertrauen, dass Cheverly das Richtige tun würde.
    Aber was war das Richtige? Nachdenklich sah sie den beiden Männern nach, die mit einem letzten Winken ihren Weg auf der Straße fortsetzten. Und warum prickelte ihre Lippe immer noch von Cheverlys Berührung?
    Stunden später blickte Emily von dem Stapel Rechnungen auf ihrem Schreibtisch auf. Die Dämmerung war bereits hereingebrochen, und sie konnte hören, wie die Laternen auf den Straßen entzündet wurden. Sie blickte aus dem Fenster. Auf der anderen Straßenseite glühte eine Zigarre. Der nächste Wachmann, dachte sie.
    Seufzend trank sie einen Schluck Tee, doch das Getränk war längst kalt geworden. Obwohl heute einige Kunden ihre Schulden beglichen hatten und Lord Cheverly die Zahlung seiner Mutter zusammen mit einer neuen Bestellung gebracht hatte, waren die Beträge der Ausgaben und Einnahmen beinahe gleich.
    Es reichte gerade zum Überleben. Falls sie versuchte, Lord Cheverly die Kosten für ihren Schutz zurückzuzahlen, würde wahrscheinlich erst sein Enkel den letzten Schuldschein zerreißen. Würde er ihr so lange Zeit geben? Gütiger Himmel, was sollte nur aus ihnen werden?
    Einen flüchtigen Moment lang malte sie sich aus, wie seine Hände ihre nackte Haut berührten, wie sein Mund ihre Brüste liebkoste. Ein heißer Schauer durchrann sie.
    Beinahe gleichzeitig meldete sich ihr schlechtes Gewissen. Rasch verdrängte sie die Schuldgefühle. Schließlich konnte sie einem toten Ehemann nicht untreu werden.
    Ich habe seinen Tod nicht gewollt, dachte sie. Wie viele Male war sie in der Dorfkirche auf die Knie gefallen und hatte Gott um Gnade angefleht, als Andrew qualvoll im Sterben lag? Sie hatte Gott alles versprochen, was in ihrer Macht lag, wenn er ihren Mann nur verschonen würde.
    Dennoch waren ihre Gebete umsonst gewesen, und Andrew war in diesem staubigen Dorf gestorben. Was sollte Gott also jetzt noch dazu bewegen, ihr in ihrer heutigen Situation zu helfen?
    Nun, sie würde sich eben mit den Gegebenheiten arrangieren müssen, wie sie es bereits zuvor getan hatte. Und vielleicht war es in ihrer Lage sogar von Vorteil, einen reichen Beschützer zu haben.
    Trotzdem krampfte sich ihr Magen bei diesem Gedanken zusammen.
    Sie lachte bitter auf. In den letzten Jahren hatte sie mühsam das Geld zusammengespart, um nach England zurückkehren und einen kleinen Laden eröffnen zu können. Dabei war es ihr stets gelungen, dem Los zu entgehen, das schönen, verarmten Witwen so oft aufgezwungen wurde. Es war eine Ironie des Schicksals, dass es ihr gerade jetzt drohte, in der Heimat, die sie immer für den sicheren Hafen gehalten hatte.
    „Mistress, Sie arbeiten ja im Dunkeln“, tadelte Francesca ihre Herrin, als sie eintrat. „Und Ihr Tee ist kalt. Ich werde noch eine Kanne aufbrühen und die Lampe anzünden. Was soll aus uns werden, wenn Sie schlechte Augen bekommen?“
    „Ich weiß ohnehin nicht, was aus uns werden soll“, erwiderte Emily verzweifelt. „Außerdem möchte ich keinen frischen Tee – wir können ihn uns ohnehin kaum leisten. Dieser hier wird mir genügen müssen.“
    Das Dienstmädchen setzte sich auf die Tischkante. „Verlieren Sie nicht den Mut,
querida
. Es gibt immer Probleme, und trotzdem überleben wir.“
    Emily musste lächeln. „Ich weiß, was du meinst. Ich wünschte, ich hätte deinen Optimismus, Francesca. Im Augenblick kann ich mir nicht einmal vorstellen, wie wir jemals über die Runden kommen sollen.“
    „Gestern wurden Sie noch von diesem Unhold bedroht, und heute …“, Francesca machte eine wegwerfende Handbewegung, „ist er vertrieben, nicht wahr? Auch die anderen Sorgen werden verschwinden.“
    Emily runzelte erstaunt die Stirn. „Woher weißt du von Mr. Harding?“
    Francesca zuckte die Schultern. „Ich habe gute Ohren. Gestern habe ich seine Stimme gehört und gesehen, was er getan hat. Ich wollte Ihnen gerade zu Hilfe kommen, als dieser schöne Mann Sie rettete.“
    „Ja“, flüsterte Emily. „Aber

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