Die schöne Mätresse
führen. Aber wie?“
Francesca zog es vor zu schweigen. Sie streichelte kurz Emilys Schulter und verließ den Raum.
Emily zog ein leeres Blatt Papier aus der Schublade und betrachtete es eine Weile. Dann schluckte sie, griff nach der Schreibfeder und verfasste eine Einladung.
Beim Abendessen würde sie Lord Cheverly noch einmal ihren Dank aussprechen. Und während er danach einen Brandy trank, würde sie andeuten, dass …
Hier verließ sie ihr Vorstellungsvermögen, und ihre Wangen röteten sich. Wie sollte eine Dame ein so unziemliches Thema anschneiden? Schließlich konnte sie nicht einfach sagen: „Mylord, Sie haben für mich eine Summe ausgegeben, die ich nicht erstatten kann. Wenn Sie interessiert sind, würde ich Ihr Bett wärmen, bis die Schuld Ihrer Meinung nach getilgt ist.“ Nein, es war unmöglich!
Aber vielleicht hatte sie ihn falsch beurteilt, und er würde Geld vorziehen, auch wenn sie es ihm in kleinen Beträgen zurückzahlte. Zweifellos besaß ein derart gut aussehender und wohlhabender Gentleman bereits eine Mätresse, und zwar eine, die schöner und in der Liebe erfahrener war als sie selbst.
Doch die Erinnerung an den glühenden Ausdruck in seinen Augen zerstörte diese schwache Hoffnung. Seit wann begnügten sich einflussreiche Männer mit einer Geliebten, wenn sie mehrere haben konnten?
Nun, darum würde sie sich später sorgen. Sie atmete tief ein, dann versiegelte sie den Brief und legte ihn auf den Tisch, damit ihn Francesca überbringen konnte.
In der winzigen Küche klapperte das Geschirr, während Francesca die karge Mahlzeit zubereitete. Emily faltete die Hände im Schoß und blickte in den abgedunkelten Verkaufsraum. Eigentlich sollte sie etwas essen. Aber der Gedanke an das, was Lord Cheverly vielleicht als Bezahlung von ihr verlangen würde, raubte ihr den Appetit.
3. KAPITEL
W ährend er seine Krawatte band, blickte Evan noch einmal auf die Nachricht nieder, die auf seinem Nachttisch lag. „
Lord Cheverly, es wäre mir eine Freude, wenn Sie mich heute Abend um acht Uhr beim Dinner mit Ihrer Anwesenheit beehren würden. Mrs. Emily Spenser“
, las er leise, obwohl er den Brief schon auswendig kannte.
Er schloss die Augen und erinnerte sich daran, wie bezaubernd sie in dem winzigen Garten hinter ihrem Geschäft ausgesehen hatte. Ihr dichtes, glänzendes Haar war zu verspielten Locken an ihrem Hinterkopf aufgesteckt gewesen, und das eng anliegende Kleid hatte ihre zierliche Figur betont.
In weniger als einer Stunde würde er sie aufsuchen. Allein der Gedanke daran, sie wiederzusehen, erfüllte ihn mit erregender Vorfreude. Das Dienstmädchen würde ihn einlassen, und Madame würde ihn oben empfangen.
Würde sie ein züchtiges Kleid tragen oder etwa ein verführerisches Nachtgewand aus schimmerndem Satin? Sein Atem ging schneller, und es fiel ihm mit einem Mal schwer, seine Krawatte ordentlich zu binden.
Beruhige dich, ermahnte er sich im Stillen. Sie hat mich lediglich zum Dinner eingeladen. Vielleicht möchte sie mir nur noch einmal für meine Hilfe danken. Aber falls sie darüber hinaus etwas anderes im Sinn hat …
Schließlich schickte es sich nicht für eine tugendhafte bürgerliche Dame, einen Mann allein zum Abendessen einzuladen. Eine Witwe konnte sich jedoch gewisse diskrete Freiheiten erlauben, die einem ledigen Mädchen verwehrt blieben.
Wie würde er das Essen überstehen, ohne sie zu berühren? Falls sie ihm keine Affäre vorschlug, würde es ihm schwer fallen, sich zu beherrschen.
Er blickte auf seine geschlossenen Fäuste und stellte fest, dass er noch eine Krawatte ruiniert hatte. Fluchend warf er das verknitterte Tuch zu den anderen aufs Bett. Er hatte bereits seinen Diener fortgeschickt, als dieser über seine vergeblichen Versuche gelacht hatte. Nur weil der Bursche seit der Zeit in Oxford bei ihm war, wagte er eine solche Respektlosigkeit.
Brent hatte Recht. Er benahm sich eher wie ein grüner Jüngling, der zum ersten Mal verliebt war, als wie ein erwachsener Mann von achtundzwanzig Jahren. Immerhin hatte er bereits genügend Erfahrungen mit Frauen gesammelt, die er alle großzügig für ihre Dienste entlohnt hatte. Selbst seine Mätressen waren für ihn immer nur im Bett interessant gewesen. Sobald er sie verließ, hatte er sie bereits vergessen. Warum sollte es mit dieser Frau anders sein?
Plötzlich schwand sein Zorn, und er lächelte. Ja, dieses Mal war es tatsächlich anders. Seitdem ihr Brief angekommen war, schien er nicht mehr er selbst
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