Die schöne Mätresse
erzählen.
Es war ihr nur ein Tag geblieben, um den Schneiderinnen ihre Entwürfe zu erläutern, ihre Sachen zu packen und eine kurze Nachricht an Brent zu schicken. Danach hatte Rob sie abgeholt.
Mit dem Organisationstalent eines Offiziers hatte Rob für jede Bequemlichkeit gesorgt – Sandwiches und Tee für die Kutschfahrt, heiße Ziegelsteine für ihre Füße, warme Mahlzeiten und geheizte Gästezimmer bei jedem Aufenthalt. Manchmal, wenn sie sein Profil betrachtete, erinnerte er sie lebhaft an Andrew. Sie war sich nicht sicher, ob es Trost oder Pein für sie bedeuten würde, wenn sie in seinem Haus lebte.
Jawohl, es war nun sein Haus. Zum ersten Mal sah sie das Innere von Maxwell’s Rook. Sie erinnerte sich noch gut an den einzigen kurzen Blick, den sie vor Jahren auf das prächtige Schloss mit den unzähligen Fenstern geworfen hatte, das eindrucksvoll auf einem Hügel thronte.
Andrew hatte sie damals im Haus des Torwärters gelassen. Der gute Mann und seine Frau hatten sich rührend um die zukünftige Frau des jungen Herrn gekümmert, während Andrew seinen Vater über die bevorstehende Hochzeit unterrichtet hatte.
Sie würde niemals seinen kalten, gefühllosen Gesichtsausdruck vergessen, als er mit der Ablehnung seines Vaters zurückgekehrt war. Dann war er schweigend mit ihr davongeritten, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
Ihr Schwager war unbemerkt eingetreten und stand plötzlich vor dem Sofa. „Denkst du darüber nach, wie viel sich geändert hat?“ fragte er sanft.
„Ja. Vor sechs Jahren war alles anders.“
„Stimmt. Andrew und ich liefen beide vor Papa davon. Wir waren Ausgestoßene – er, weil er dich geheiratet hatte, ich, weil ich uns Offizierspatente für Wellingtons Armee verschafft hatte. Wir wurden enterbt, weil wir lieber die Franzosen bekämpften, anstatt pflichtbewusst reichen Erbinnen nachzujagen, die das Familienvermögen noch vergrößern konnten. In der Nacht nach eurer Hochzeit schworen Andrew und ich einen Bluteid. Wusstest du das?“
Sie schüttelte stumm den Kopf.
„Wir schworen, aufeinander aufzupassen – und auf dich“, fügte er hinzu. „Und ich beabsichtige, diesen Schwur zu befolgen.“
„Rob, ich genieße den Aufenthalt hier sehr, und es ist wundervoll für Drew, endlich eine Familie zu haben. Trotzdem kann ich nicht bleiben und dir zur Last fallen. Du weißt, was aus mir geworden ist. Es ist unpassend für eine Geschäftsfrau, im Haus des Earl of Maxwell zu wohnen.“
„Du gehörst zur Familie, Auriana. Mir ist klar, dass dir dieser Gedanke nicht behagt. Zuerst verlässt du den Haushalt deines Vaters für ein Leben in der Armee, und dann …“ Er atmete tief durch. „Ich kann mir kaum vorstellen, wie du es nach Andrews Verwundung geschafft hast. Und dann, nachdem er … Oh, mir fällt gerade etwas ein.“ Unvermittelt trat er an den Sekretär und suchte etwas in der Schublade.
Emily lächelte, als sie sich an die Tage karger Rationen, ärmlicher Behausungen und konfiszierten französischen Weins erinnerte. Während ihres Vagabundenlebens mit Andrew war sie manchmal ängstlich oder hungrig, aber niemals unglücklich gewesen. Was auch immer geschehen war, ihre Liebe hatte ihr stets Mut gegeben und jede Unbequemlichkeit erträglich gemacht.
Überrascht blickte sie auf, als Rob einen Gegenstand aus einer Lederschatulle nahm und ihn ihr reichte. „Andrews Pistole! Wo hast du sie bekommen?“
„Von einem Grundbesitzer in der Nähe des Dorfes, wo Andrew begraben wurde. Don Alvarez wollte nichts mit mir zu tun haben, bis ich ihn davon überzeugte, dass ich keinerlei Verbindung zu Papa hatte. Ich habe mehrere Sachen mit zurückgebracht.“
Mit bebenden Fingern nahm Emily die Waffe entgegen. Sie war überwältigt von Erinnerungen. „Danke, Rob. Ich werde sie für Drew aufbewahren.“
Wenn sie die Augen schloss, konnte sie immer noch das schreckliche Keuchen hören, das nach dem verhängnisvollen Lungenschuss jeden von Andrews Atemzügen begleitet hatte. In der Hoffnung auf eine gute medizinische Versorgung hatte sie ihn nach dem Angriff zum nächsten Dorf gebracht. Dort hatte sich jedoch schnell herausgestellt, dass er in seinem Zustand einen weiteren Transport nicht überleben würde.
Also waren sie geblieben. Manchmal zeigten die Dorfbewohner Mitgefühl mit dem englischen Soldaten und seiner Frau und deponierten Lebensmittel auf der Türschwelle – Eier, Milch, einmal sogar ein Huhn, das mit einer Kordel an den Türknauf gebunden war.
Trotzdem waren
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