Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schoene Muenchnerin

Die schoene Muenchnerin

Titel: Die schoene Muenchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaemmerer Harry
Vom Netzwerk:
Rechner. Ich mein, der Grasser und der Prof, das lief doch immer fair. Jetzt ist der Grasser enttäuscht.«
    »Buh, enttäuscht! Der Arme! Na und, sind wir das nicht auch? Die machen den großen Reibach, und wir haben das ganze Risiko. Ich hab ja nicht Wunder was verlangt. Nur ein paar Euro mehr. Ganz einfach.«
    Ludwig schüttelte den Kopf. »Einfach ist anders. Grasser ist nicht dumm. Der ist ein knallharter Geschäftsmann.«
    »Das glaubst auch bloß du. Der ist so was von nervös. Der scheißt sich vor dem Auftraggeber in die Hose. Würde mich echt interessieren, wer das ist. Jedenfalls darf der nicht wissen, dass wir erst jetzt liefern. Sonst kriegt Grasser Stress.«
    Ludwig fegte den Irschenberg hoch. »Fahr langsamer!«, sagte Helmut. »Loki!«
    »Nenn mich nicht Loki.« Er drückte noch mehr aufs Gas. »Hörst du den Motor? Wie ein Uhrwerk.« Der Wagen beschleunigte schwungvoll trotz der Steigung.
    Als sie über die Kuppe schossen, schrie Helmut auf: »Brems! Da unten ist Stau!!«
    »Alter, ganz cool bleiben. Der BMW hat eins a Bremsen.«
    »Jetzt brems endlich!«
    »Ich brems ja!« Hektisch pumpte Ludwigs Fuß auf dem Pedal. Die Wirkung war minimal. Er schaltete runter, der Wagen war viel zu schnell, der Motor heulte auf. Hundert Meter. Ohne Kupplung knallte Ludwig den dritten Gang rein. Das Getriebe schrie auf. Fünfzig Meter. »Scheiße, Scheiße, Scheiße!!!«, brüllte Ludwig. Der Seitenstreifen war versperrt durch ein Wohnmobil mit Warnblinklicht. Zwanzig Meter. Ludwig lenkte auf das Wohnmobil zu. Nur nicht auf den Sattelschlepper daneben! Zehn Meter. Weit aufgerissene Augen. BUMMMMM!!!! Sie krachten in das Wohnmobil, das sich in einer Wolke aus Plastik und Sperrholz dematerialisierte. Fahrzeugteile flogen durch die Luft, Glas spritzte.
    Stillstand. Ludwig sagte nichts. Helmut ebenfalls. Der Verkehr auf der Gegenspur rauschte.
    Bei dem Aufprall war die Kühlbox durch die Windschutzscheibe geschleudert worden. Zerborsten. Eiswürfel auf dem Asphalt. Und zwei wohlgeformte Damenohren. Sogleich war alles voller Schaulustiger. Die Ohren hatte niemand gesehen, außer einem Mädchen. Und einem Golden Retriever, der sich von seinem Herrchen losriss und sich die Ohren als Snack einverleibte. Das Mädchen sah zu, wie der Hund auf den knorpeligen ­Muscheln kaute. »Papa, Fridolin frisst gerade Ohren …«
    »Pssst, Benita, schau, der Typ in dem Auto, der ist garantiert tot!«
    Nein, Helmut war noch am Leben. Ludwig ebenfalls. Das stellten die Sanitäter eine halbe Stunde später fest, nachdem die Feuerwehr das Auto aufgeschnitten hatte. Aber es ging beiden nicht gut. Ihre Gesichter waren vom Platzregen der Metall- und Glassplitter übel zugerichtet worden. Frisch gepflügte Äcker. Die Feuerwehrleute zogen die beiden aus den Resten des demolierten BMW. Kurz darauf war der Krankenwagen unterwegs nach München. Beide delirierten: »Helmut? – Loki? Helmut! – Loki! – Helmutlokihelmutloki …«
    Die Reise endete in der Anfahrtszone der Notaufnahme des Klinikums Großhadern. Zufall. Eine Frage der Kapazitäten. Ein bisschen wie Heimkommen.
    RUSTIKALDUNKEL
    Mader machte es heute ganz spartanisch. Oder authentisch, was auf dasselbe rauskam. Er fuhr öffentlich. Um ein besseres Gefühl für die Gegend zu bekommen, für die Heimat von Veronika Saller. Am Ver­kehrs­krebs­geschwür Harras war er der U-Bahn entstiegen, um dann mit fahlgesichtigen Senioren gemeinsam auf den Bus zu warten. Er selbst senkte den Altersschnitt nur geringfügig. Durch das Busfenster betrachtete er nun das lange graue Band der Straße, gesäumt von altersschwachen Automobilen und vernarbten Mietskasernen geringer Bauhöhe. Tristesse oblige . Bewohnte Schallschutzwände. Dagegen war sein Neuperlach eine bunte Zukunftsvision voller Verheißungen von Wohlstand und Glück. Mader stieg an der nächsten Haltestelle aus. Er hatte Hunger und kaufte in einem Lottogeschäft zwei Leberkässemmeln und einen Kaffee. Nicht nur Bajazzo fand den Leberkäs ausgezeichnet. Aber der Kaffee war aus der Hölle – ein giftiges, schwarzbitteres Konzentrat, Magengeschwür frei Haus. Mader nippte nur einmal daran und ließ den vollen Plastikbecher sogleich in einem Mülleimer verschwinden.
    ›Eine Gegend der Extreme‹, dachte er, als er seine Schritte zu dem Eternitsilo lenkte, in dem die Eltern der Schönen Münchnerin wohnten. Er hatte sich vorhin telefonisch angekündigt, was mit wenig Begeisterung aufgenommen worden war. Klar, er hatte ja keine Ergebnisse

Weitere Kostenlose Bücher