Die schoene Muenchnerin
schlug den Weg zurück nach Klais ein. ›Das fängt ja gut an‹, dachte er.
KÜMMERLICH
Zankl und Gesine hatten beim Zipflwirt eingecheckt und saßen in der Gaststube über eine topografische Karte des Chiemsees gebeugt. »Das hier ist die Klinik«, sagte Gesine. »Hier unten verläuft der Uferweg. Da hat man vermutlich einen ganz guten Blick aufs Grundstück. Ist aber für Autos gesperrt.«
»Super, damit ich mir den Arsch abfriere.«
»Ach komm, du brauchst da nicht rumzulungern. Du parkst oben an der Straße, kurbelst den Sitz zurück, und wenn wirklich was ist, schick ich dir ’ne SMS.«
»Und wie komm ich dann rein?«
»Hm, vielleicht da unten.« Sie deutete auf eine kleine Brücke am Uferweg.
Zankl studierte die Karte. Der Kellner brachte das Essen. Einmal Forelle für Gesine, einen Schweinsbraten für Zankl. Kümmerliche Portionen, die sich auf großen weißen Tellern verloren. Vielleicht nur eine optische Täuschung? Leider nein.
Aber immerhin: »Frisch aus der Mikrowelle«, meinte Zankl betrübt, als er den ersten Bissen zu sich genommen hatte. Dass das auch auf Gesines Forelle zutraf, tröstete ihn nicht wirklich.
NICHT DIE MAFIA
Hummel holte Dosi zum späten Mittagessen ab und gab Entwarnung. Nose war gerade mit seinem Maserati vom Parkplatz gebrettert. Wohin, wusste Hummel.
»Und, wie ist es?«, fragte Dosi, als sie am Büfett standen und sie sich Berge von Shrimps auflud.
»Noch keine besonderen Vorkommnisse«, sagte Hummel, der seinerseits gefühlte zwei Kilo Vitello tonnato auf seinen Teller häufte.
»Was ist das?«, fragte Dosi interessiert.
»Kalbfleisch an frischem Zement.«
»Aha. Genau das hab ich mir gedacht.«
Hummel sah sie genervt an und ging an einen der wenigen noch freien Tische. Die Luft vibrierte. Rege Konversation, unterbrochen von dezentem Gelächter. Fast nur Männer. Nein, ein paar Frauen waren auch dabei. Gattinnen? Geliebte? Demonstrationssubjekte? Oder gar Ärztinnen? Jedenfalls deutlich in der Unterzahl. Eine feine Brise Testosteron durchzog den Speisesaal. Oder fischelte es nur vom Büfett?
Dosi schnabulierte die Meeresfrüchte, als gäbe es kein Morgen, und machte sich erneut auf zum Büfett. Hummel hoffte, dass Dosi keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich zog. Nein, hier war jeder mit sich und seinen Geschäften zugange. Eine merkantile Bedürfnisanstalt. Man feilschte um welke Großbaustellen.
»Ist hier noch frei?«
Sie drehten sich um und sahen den hochgewachsenen Herrn mit dem gewinnenden Lächeln an. »Aber bitte, Professor Limburg, setzen Sie sich doch«, sagte Hummel.
»Danke, kennen wir uns?«
Hummel nickte. »Wer kennt Sie nicht? Ihr Eingangsvortrag vorhin – sehr erhellend. Ich bin Klaus Hummel, Journalist, das ist meine Gattin Doris.«
»Gnädigste …«, sagte Limburg und lächelte. Dann zu Hummel: »Für welche Zeitung schreiben Sie?«
»Ich schreibe Sachbücher. Ich bin gerade dabei, ein Buchprojekt abzuschließen. Für meinen Kollegen Dr. Kurt Weinmeier.«
Limburgs Miene verfinsterte sich.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Hummel.
»Weinmeier ist tot, habe ich gehört?«
Hummel nickte. »Ja, sehr tragisch. Großer Mann, großer Journalist. Sehr hartnäckig.«
Limburg nickte nachdenklich. »Es heißt, er sei nicht auf natürliche Art verstorben?«
»Ja, so scheint es. Aber die Polizei lässt nichts raus.«
»Und Sie haben mit ihm zusammengearbeitet?«
»Ja, bei diesem Projekt. Über die Geschäftspraktiken der plastischen Chirurgie. Sie kannten Weinmeier näher?«
»Nein. Aber ich habe ihm ein längeres Interview gegeben. Ihm meinen Standpunkt erläutert. Der ihn nicht sonderlich interessiert hat. Er hatte sich seine Meinung bereits gebildet.«
Limburg hielt inne. »Wir könnten uns einigen, wenn das Buch nicht erscheint. Das wäre Ihr Schaden nicht.«
»Sie wissen doch gar nicht, was drinsteht.«
»Ich möchte es auch nicht wissen. Kommen wir ins Geschäft?«
Hummel sah ihn fragend an. Sagte nichts. Sodass Limburg nachlegte: »Nicht, dass Sie etwas Falsches denken. Hier geht es um nichts Illegales. Aber wenn es neben unserem Fachwissen eine Grundlage in unserem Beruf gibt, dann ist es Diskretion.«
»Sie meinen Schweigegeld?«
»Ich spreche von Diskretion gegenüber unseren Kundinnen. Ein hohes Gut, das viel wert ist. Keinesfalls dürfen Namen von Ärzten und Patientinnen in dem Buch genannt werden. Aber genau das war Weinmeiers Ziel: die Sensationslust der Massenmedien zu befriedigen. Kein Respekt vor Patientenschutz
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