Die schoene Muenchnerin
Schatten der Bäume huschte er zur Klinik hinüber. An der großen Glasfront im ersten Stock hatte er gerade im schwachen Feuerschein des Kamins eine Person gesehen. Nose? Und wo war Gesine? Zankl spürte es: Hier war was faul! Er stellte sich auf einen Gartenstuhl, griff nach den Stahlstreben der Balkonbrüstung und zog sich kraftvoll nach oben. Er kletterte über die Brüstung und verschwand in dem Schatten, den ein großer Baum auf das Haus warf. Die Angst, sofort entdeckt zu werden, drückte Zankl den Schweiß aus allen Poren.
Dr. No war beschäftigt. Sehr beschäftigt. Er beugte sich gerade über die Couch, jetzt sah Hummel die Frauenbeine im Feuerschein, schemenhaft den Rest des Körpers. Und Dr. Nos Hände. Sie legten sich um den Hals der Frau. Zankl sprang auf, zog die Waffe, entsicherte sie und … erstarrte, als er die Frauenhände auf Dr. Nos Rücken sah. Die hinabwanderten, seinen Hosenbund nach unten schoben, die Unterhose ebenfalls. Dr. Nos nackter Po glänzte im Mondlicht. Zankl sank zu Boden. Er kam sich vor wie der allerletzte Idiot. Nein, jetzt packte ihn die Wut. Am liebsten hätte er die Riesenglasscheibe in tausend Stücke geschossen. Er sah den nackten Hintern und Rücken, die pumpenden Bewegungen, das V der Frauenbeine. Was machte Gesine da? Nun ja, das sah der dümmste Bauer. Zankl kauerte sich in die dunkle Balkonecke. Plötzlich musste er grinsen. Hey, Gesine war erwachsen, sie hatte ihm eine SMS geschickt, dass alles in Ordnung sei, dass er heimfahren solle. Und was tat er? Kaperte ein Boot und kletterte auf irgendwelche Balkone, um den Spanner zu geben. Vielleicht waren sie echt auf der falschen Spur. Nose war ein Weiberheld, sonst nichts. Nose und Gesine also. ›Zankl, hier ist dein Typ nicht gefragt‹, sagte er sich, kletterte vom Balkon und verschwand vom Grundstück.
Ihm schwirrte der Kopf, als er sein Auto nach Prien lenkte. Zum Zipflwirt . Er war reif fürs Bett. Vorher noch ein Bier. Da konnten die zubereitungstechnisch ja nix falsch machen.
PFADFINDER
Kurz nach halb elf. Fackelschein vor dem Almbach . Zigarettenglühwürmchen, Gelächter, irgendwo ging ein Glas zu Bruch. Wieder Gelächter. Stimmung wie bei den Pfadfindern. »Wollen wir uns das wirklich antun?«, fragte Dosi.
»Ja klar«, sagte Hummel. »Ganz nüchtern ist hier keiner mehr. Da sitzt die Zunge locker.«
Der Trupp setzte sich in Bewegung in Richtung Partnachklamm. Der Mond stand kalt und weiß am klaren Himmel, die Sterne glänzten frisch poliert. Die mächtige Bergkulisse zeigte viele Varianten von Schwarz. Sehr beeindruckend. Eine feierliche Grundstimmung legte sich über die fackelnde Wandergruppe.
Schließlich erreichten sie Graseck und den Einstieg zur Partnachklamm. Das tosende Wasser durchbrach die Stille, jetzt wurden wieder Scherze gemacht, man lachte, wenn der Vordermann auf den nassen Felsen ausglitt. Dosi hatte einem älteren Herrn ihren Arm gereicht, den dieser gerne annahm. Hummel unterhielt sich mit einem jungen Arzt über Wandern, Bergsport und den Chirurgenberuf. Der Arzt gab unumwunden zu, den Beruf des Geldes wegen gewählt zu haben. Endlich mal keiner, der irgendeinen Unsinn über Ästhetik faselte.
»Würden Sie denn jeden Wunsch erfüllen?«, fragte Hummel.
»Ja, wenn es machbar und medizinisch vertretbar ist.«
»Was ist denn nicht vertretbar?«
»Brüste wie Medizinbälle. Da kriegen die Damen Haltungsschäden.«
»Nasen?«
»Da geht eigentlich alles. Wo keine unkontrollierte Masse im Spiel ist, kann nicht viel passieren.« Er lachte anzüglich.
Hummel konzentrierte sich auf den Weg. Ein Tunnel. Die Fackeln rußten. Der Pfad war sehr abschüssig. Sie traten aus dem Tunnel heraus. Das Wasser donnerte ohrenbetäubend. Doch bald wurde es einfacher, der Steig wurde breiter und war nun weniger steil, das Wasser spritzte nicht mehr bis auf den Weg. Alle fuhren den Konzentrationslevel wieder runter, Gespräche wurden wiederaufgenommen.
An der Talstation der kleinen Seilbahn gab es Glühwein und Schnaps. Hummel sah sich um. Endlich entdeckte er Dosi. »Wer war der Mann an deiner Seite?«, fragte er.
»Professor Habersreuther aus Tübingen. Eine Koryphäe. Sehr netter älterer Herr. Und du, hast du was erfahren?«
»Nichts, außer dass man für Geld so ziemlich alles bekommt und dass die meisten Herren hier es auch anbieten.«
»Hast du Dr. Sammer gesehen?«
»Beim Hotel. Mit den Asiaten. Da wollte ich nicht stören.«
»Boah, es ist saukalt hier. Ich hol uns einen
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