Die schöne Rächerin
öffnen, um den Stoff zur Seite zu ziehen, und er ließ langsam die Hände sinken. Dann zog er vorsichtig den Gabardine von der Wunde. Sie zischten gleichzeitig, als der klebrige Stoff die trocknende Wunde erneut aufriss.
Das Blut tropfte aus dem langen Schnitt auf ihre weiße Haut. Die Kanten klafften nicht, was hieß, dass der Schnitt nicht tief ging, aber das langsam fließende Blut machte ihm dennoch Sorgen.
Sein Taschentuch steckte immer noch sauber und trocken in der Brusttasche. »Das wird brennen, fürchte ich, aber wir haben kein Wasser da.« Er tränkte sein Taschentuch mit der Flüssigkeit aus Georges Flachmann und tupfte die Wunde vorsichtig ab.
»Nein«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Pressen. Fest draufpressen.«
Er tat es, legte die Hand flach auf das mit Port getränkte Leinen und schloss die Finger um ihre nackte Schulter. Sie schrie leise auf, lehnte sich aber schwer an seine Hand, gab ihre eigene Kraft dazu. So verharrten sie, schweigend und konzentriert, bis Rose sich schließlich mit einem Seufzen von ihm löste, was Collis zeigte, dass sie die Luft angehalten hatte.
»Blutet es immer noch? Kurt hat mir erklärt, dass man eine Blutung so stoppen kann.« Ihre Stimme war heiser vor Schmerz und, wenn er nicht irrte, vor unterdrückten Tränen.
Collis wischte die Wunde sorgfältig ab und beobachtete sie. »Nein, nur ganz wenig.«
»Oh gut«, sagte sie matt. Sie reichte ihm die Streifen, die sie aus ihrem Unterrock gerissen hatte, über die Schulter. »Falls es Ihnen nichts ausmacht … ich wüsste Ihre Hilfe zu schätzen.«
Die höfliche Bitte tat weh. War er ein solches Scheusal, dass sie annahm, ihn erst fragen zu müssen, ob sie ihn mit der Versorgung einer Wunde behelligen dürfe?
Er nahm ihr die Streifen wortlos ab. Er hatte das Taschentuch zu einem kleinen Päckchen gefaltet, um es mit den Streifen auf ihrer Schulter zu fixieren. Doch ihr Kleid ließ ihm keine Chance.
»Ich fürchte, wir müssen das ausziehen«, sagte er und zog sacht an der offenen Knopfleiste. Rose warf ihm einen langen Blick über die verwundete Schulter zu, dann nickte sie. Collis Finger zitterten unerklärlicherweise, während er die verbliebenen Knöpfe bis zur Taille löste und ihr das Kleid über beide Schultern zog. Es gelang ihr, den unverletzten Arm aus dem Ärmel zu ziehen, doch als sie es mit dem anderen versuchte, hielt sie mit einem kleinen, unwillkürlichen Schrei inne. Collis legte den Arm um sie, zupfte sacht an der Manschette und zog den Ärmel über den Arm, ohne den Arm weiter anzuheben.
Sie raffte das Oberteil an die Brust und lehnte sich vertrauensvoll an ihn. Sie schien nichts von Unterkleidern zu halten, denn außer den Unterröcken trug sie nichts unter dem Kleid, nicht einmal ein Unterhemd. Wie sollte er sie jemals wieder ansehen, ohne an dieses erregende kleine Detail zu denken?
Ihr Oberkörper war nackt und glänzte wie eine griechische Marmorstatue. Über ihren Rücken schienen feine Linien zu laufen, manche blasser, manche dunkler. Nein, es war vermutlich nur das flackernde Licht. Die Biegung ihres Rückens faszinierte ihn. Er wollte mit dem Finger der Linie folgen, die nach unten an die Stelle lief, wo das Kleid sich teilte und sich an die Rundung der Hinterbacken schmiegte. Er verharrte einen Augenblick lang wie erstarrt, dann besann er sich auf seine Aufgabe.
Der einzige Weg, das Polster zu fixieren, war, die Streifen unter ihrem Arm hindurch und über die Brust zu winden. Collis bemühte sich angestrengt, nicht ihren Busen zu berühren, doch manches ließ sich nicht vermeiden. Das sanfte Gewicht ihres nackten Busens drückte einen Augenblick lang auf sein Handgelenk; einen Augenblick, der sich insoweit ausdehnte, als seine Hände heftig zu zittern begannen.
Ein sonores Brummen zerstörte die Anspannung. Georges Schnarchen war in der engen steinernen Kammer ohrenbetäubend laut.
Rose hielt sich ganz ruhig, hatte die Augen geschlossen, sagte nichts und wartete ab, dass er die Leinenstreifen wieder zu fassen bekam. Collis zu unterstellen, dass er die Situation nicht ausnutzte, war, als traue man einem Hund zu, sich das Lecken zu verkneifen. Doch sie vertraute ihm.
Ihre Schulter brannte so schmerzhaft, dass die Tränen von innen an die Lider drückten und Auslass begehrten. Aber vielleicht war sie auch nur müde. Es konnte doch nicht an der zärtlichen Art liegen, mit der er ihre Wunde versorgte oder an der respektvollen Zurückhaltung, mit der er ignorierte, dass sie
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