Die schöne Spionin
sie nicht hingehörte.
Er kehrte in sein kaltes Bett zurück, wo die Laken jetzt ganz zart nach Blumen und Limonen dufteten. Falls er Glück hatte, träumte er von ihr und wachte nicht so bald wieder auf.
Kapitel 21
Am nächsten Morgen war Agatha schon vor der Morgendämmerung fertig angezogen unten. Sie lehnte an der Wand des Salons und spähte durch einen schmalen Türspalt in die Eingangshalle.
Sie hatte Simon noch nicht herunterkommen hören, aber er ging von Tag zu Tag früher an seinen mysteriösen Bestimmungsort, und sie wollte ihn nicht verpassen.
Diesmal würde er sie ganz anhören, das hatte sie sich geschworen.
Ihr Kopf fiel ganz von selber gegen den Türstock, ihre Lider zitterten und wollten zufallen. Hinter ihr rief das Sofa ihren Namen und lieferte sich einen Zweikampf mit den Düften aus dem Frühstückszimmer.
Dieser Konflikt war praktisch alles, was sie noch wach hielt.
Plötzlich ging die Salontür auf, und Agatha fuhr hoch. »Ich wollte nur…!«
Pearson sah sie fragend an. »Möchten Sie das Frühstück jetzt gleich serviert haben, Madam?«
Agatha sah prüfend seine Augenbrauen an, die sich aber auf denkbar tiefem Niveau befanden. Offenbar war es absolut akeptabel, hinter der Tür einem erfundenen Schwager aufzulauern.
»Für mich kein Frühstück, danke. Ist Mr Applequist schon aufgestanden?«
»Ja, Madam. Button ist vor nicht ganz zwei Minuten hinaufgegangen.«
»Er hat nach Button geläutet?«
»Der Master läutet morgens nie. Also hat Button sich angewöhnt, ihn abzupassen.«
Auch das war anscheinend in Ordnung, denn Pearsons Brauen befanden sich immer noch auf Höhe des Meeresspiegels.
»Ah, nun gut. Machen Sie nur weiter, Pearson.«
»Ja, Madam.« Pearson ging und ließ die Tür wieder genau jenen winzigen Spalt offen.
Agatha kehrte auf ihren Aussichtspunkt zurück und wurde bald belohnt, als sie Simons vertraute Schritte die Treppe herunterkommen hörte. Er blieb genau in ihrem Sichtfeld stehen und nahm von Pearson Hut und Gehrock entgegen.
Es war der blaue Gehrock, der seine Augen so betonte. Agatha nahm sich eine Sekunde Zeit, das vornehme Bildnis zu bewundern, das er abgab.
»Ist Mrs Applequist schon auf?«
»Mrs Applequist hat sich noch nicht zum Frühstück gesetzt.«
Pearson war gut, das musste sie zugeben. Er hatte, genau genommen, noch nicht einmal gelogen.
Agatha trat eilig aus dem Salon. »Simon, ich möchte dich sprechen.«
Er fuhr herum. »Agatha! Gütiger Himmel, was machst du so früh hier unten? Ich dachte…« Er verstummte und hatte die Güte, ein wenig zu erröten.
»Du dachtest, ich würde nach meinem kleinen Abenteuer letzte Nacht ein hübsches Nickerchen machen.« Sie lächelte süß.
Er kannte sie wirklich gut, denn er wich zurück.
»Nun, holde Maid…«
»Simon Rain, du bist ein armseliger, wachsweicher Feigling. Du läufst mir nicht davon. Du entkommst diesem Gespräch jetzt nicht. Du kannst mich schließlich nicht nackt aus meinem eigenen Haus werfen.«
Simon beendete sein seitliches Ausweichmanöver. »Du hast Recht, holde Maid. Es wird Zeit, dass wir reden.«
Er bedeutete ihr, in den Salon voranzugehen. Agatha tat es, doch sie beobachtete ihn aus dem Augenwinkel, um sicherzugehen, dass er keinen Fluchtversuch unternahm.
Sie blieb stehen und drehte sich um, als er hinter ihr den Salon betrat. Er kam eilig auf sie zu, sie machte den Mund auf, um anzufangen – und er zog sie in seine Arme und presste seine Lippen auf ihre. Die Verblüffung wich der Freude, und sie ergab sich seinem Kuss. Er zog sie fest an sich, die Lippen fordernd und grimmig. Es war eine Invasion von einem Kuss, und sie ließ sich bereitwillig erobern.
Ihr Zorn war verflogen, und ihre Knie waren weich, als er sich endlich von ihr löste. Sie sah benommen vor Begierde zu ihm auf, während er ihr schnell einen Kuss auf die Stirn drückte.
Dann drehte er sich um und verließ das Haus, bevor sie noch zwinkern konnte.
Verdammt und verflucht. Diese diebische Ratte.
Agatha nahm ihre Sinne zusammen und rannte ihm nach. Im Eingang wartete Pearson bereits mit ihrem Umhang und ihren Handschuhen.
»Ich dachte, Sie möchten vielleicht doch etwas frühstücken, Madam.«
Er überreichte ihr feierlich ein Serviettenpäckchen, aus dem es verdächtig nach Bacon-und-Ei-Sandwich duftete.
Agatha war hingerissen. »Pearson, wären Sie nicht schon so alt wie mein Großvater, ich würde Sie heiraten.« Sie stellte sich auf Zehenspitzen und drückte einen Kuss auf seine faltige
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