Die schöne Teufelin
Ausgezogenseins.«
Sie errötete und wandte den Blick ab. »Sie mögen sich an die Situation erinnern, Mr Damont, aber es ist sehr taktlos von Ihnen, sie mir gegenüber zu erwähnen.«
»Taktlos?« Ethan dachte einen Augenblick lang nach. »Ja, ich glaube, Taktlosigkeit ist eine meiner Eigenschaften.«
»Also, was wollen Sie von mir? Ihre Pantomime ›Treffen Sie mich in der Bibliothek‹ war übrigens ziemlich gut. Ganz besonders hat mir Ihre Geste für das Wort ›Buch‹ gefallen. Warum wollten Sie mich hier treffen?«
»Natürlich um Sie zu warnen.«
»Mich zu warnen? Wovor?«
Ethan rieb sich den Nacken. »Äh …«
»Ja?«
»Also, zunächst einmal: Es ist nicht ratsam für eine junge Dame, sich im Dunkeln herumzutreiben.«
Sie blinzelte und runzelte die Stirn. »Und warum nicht?«
Ethan ließ sich von dieser überraschend attraktiven Mimik ablenken. Sie war keine klassische Schönheit, aber sie hatte bezaubernde Augenbrauen. Fein geschwungen und hellbraun, gaben sie jedem ihrer Gefühle den richtigen Ausdruck …
Ethan blinzelte und riss sich zusammen. Er war ein Idiot, dass er sich von den Augenbrauen eines eitlen Fratzes so hinreißen ließ. Er hatte sie aus einem bestimmten Grund hierherbeordert. Er musste sich nur daran erinnern, was es war.
In ihrem Morgenmantel und mit dem dicken rotblonden Zopf, aus dem sich einzelne Strähnen gelöst hatten und ihr nun über die Wange fielen, sah sie absolut bezaubernd aus. Und waren das Sommersprossen? Hinreißend!
Aber das war jetzt nebensächlich. Vielmehr war sie immer irgendwo, wo sie nichts zu suchen hatte, und das konnte in diesem Haus gefährlich für sie werden.
Er konnte ihr nichts von dem Verdacht erzählen, den
die Liars gegen Lord Maywell hegten – zumindest nicht, ohne ihr auch alles Mögliche über die Liars zu erzählen. Und wenn Ethan auch nur annähernd die Skrupellosigkeit im Blick eines anderen Mannes einzuschätzen vermochte, dann würde das wiederum Lord Etheridge dazu bewegen, einen äußerst unangenehmen Befehl in Hinsicht auf den armen Ethan Damont zu geben. Nein, er konnte dem Mädchen nichts erzählen.
Je länger er darüber nachdachte, desto klarer wurde ihm, dass er ihr gar nichts erklären konnte. Er hatte sie tadeln wollen, warnen und schimpfen und von ihr verlangen, dass sie sich nicht in Gefahr brachte …
Aber es gab nichts, das er sagen konnte.
Eine Tat wog mehr als tausend Worte, oder nicht? Ethan griff nach dem Leuchter und blies eine Kerze aus, wobei er Lady Jane weiterhin fest in die Augen schaute.
Ethan Damont war schon immer von seinen Instinkten geleitet. Wenn er später darüber nachdachte, würde er ganz sicher eine bessere Begründung für seine nächste Handlung finden als die Tatsache, dass sie in ihrem Morgenmantel einfach zum Anbeißen aussah. Und wenn er dann noch ein bisschen länger darüber nachgedacht hätte, würde er ganz sicher auf die Idee gekommen sein, dass es kaum eine bessere Art gab, sich für die Liars zu disqualifizieren, als dadurch, mithilfe einer Pferdepeitsche aus dem Haus gejagt worden zu sein, weil er mit einer Tochter des Hauses herumgemacht hatte.
Leise lächelnd ging er auf sie zu. Sie riss die Augen auf und wich vor ihm zurück, aber sie kam nicht weit. Ihr Rücken war gegen die geschlossene Tür gepresst. Er blies eine Kerze nach der anderen aus. Nur noch zwei waren übrig.
Jetzt konnte er sehen, wie ihr die nackte Angst ins Gesicht geschrieben stand. Noch ein Schritt. Noch eine Kerze weniger. Er war kaum noch eine Armeslänge von ihr entfernt, und nur eine einzige Kerze trennte sie noch von absoluter Dunkelheit.
Ethan lächelte sie an. Ein bewusst sinnliches, gefährliches Lächeln. »Lady Jane, Sie gehören ins Bett«, flüsterte er sanft, aber voller Anspielungen.
»Wenn … wenn Sie es sagen«, stammelte sie. Dann riss sie schnell wie der Blitz die Tür auf …
Lord Maywells Stimme drang aus der Ferne zu ihnen. »Wir sind in der Bibliothek. Wenn Mr Damont Ihnen begegnet, dann sagen Sie ihm, dass ich ihn dort erwarte.«
Binnen Sekunden war der Raum in Dunkelheit gehüllt, der Kandelaber stand wieder auf dem Kaminsims, und in der Bibliothek war nichts als Bücher.
Jane war ziemlich außer Atem. Mr Damont war ein sehr effizienter Mann.
Wenn sie ihn unbedingt hätte kritisieren wollen, dann hätte sie natürlich an der Wahl ihres Versteckes herummäkeln können. Selbst für einen allein war hier unter dem mit einer Tischdecke bedeckten Bibliothekstisch nicht viel
Weitere Kostenlose Bücher