Die schoene Tote im alten Schlachthof
doch etwas dran. Das rauszukriegen, ist allerdings
deine Aufgabe, Wim.«
»Hab vielen Dank für die Informationen«, verabschiedete sich de
Boer. »Vielleicht komme ich bald mal wieder nur auf ein Bier vorbei.«
Mit einem kurzen, als Gruß gemeinten Tippen an die Stirn verließ er
das Café. Draußen hatte es zu stürmen begonnen. Der Winter schien tatsächlich
mit großen Schritten näher zu kommen.
Als de Boer eine knappe halbe Stunde später wieder ins
Büro kam, traute er seinen Augen nicht. Ferschweiler saß mit in den Nacken
gelegtem Kopf nach hinten gekippt auf seinem Stuhl, hatte die Beine auf den
Schreibtisch gelegt und schnarchte mit offenem Mund. So hatte de Boer seinen
Chef noch nie gesehen. Leise hüstelte er, dann, nachdem nichts passierte,
klopfte er laut von innen an die bereits wieder geschlossene Bürotür.
Ferschweiler schoss sofort hoch und rief »Herein«. Dann erkannte er seinen
Assistenten und blickte ihn verstört an.
»War ich eingeschlafen?«, fragte er.
»Kann man wohl so sagen, Rudi. Du hast geschnarcht wie das Sägewerk
in Longuich«, antwortete de Boer mit einem leichten Lächeln. »Solltest mal
etwas früher ins Bett gehen und nicht so viele Stubbis trinken.«
»Sehr witzig«, knurrte Ferschweiler, der allerdings die Ironie in de
Boers Stimme erkannt hatte. »Aber immerhin habe ich meinen Bericht fertig.«
Zufrieden deutete er auf den vor ihm auf dem Schreibtisch liegenden
Aktendeckel. »Während du weg warst, habe ich übrigens mit den Kollegen von der KTU gesprochen. Die Ergebnisse der Tatortuntersuchung
liegen vor. Alles wie gehabt, bis auf ein kleines Detail: Sie haben in der Nähe
der Leiche einen Zigarettenstummel gefunden. Vielleicht haben wir Glück, und
die Kollegen in Mainz können daran DNA sicherstellen.«
»Aber glaubst du wirklich, der Mörder wäre so dumm, seine Kippe
neben der Leiche liegen zu lassen? Dann hätte er auch gleich seinen Personalausweis
hinterlassen können.«
»Wir werden sehen. Und wie war’s bei dir?«, fragte er. »Hat dein
Besuch im ›Café Mokka‹ etwas ergeben?«
De Boer unterrichtete seinen Chef knapp über das, was ihm Hannes
Trierweiler erzählt hatte.
»Die Rosskämper war anscheinend in psychologischer Behandlung. Ich
denke, wir sollten mit ihrem Psychologen reden.«
»Gute Idee, Wim. Kümmerst du dich am Montag darum? Ich werde jetzt
nach Hause gehen und auf dem Weg noch bei Rosi im ›Standhaften Legionär‹
vorbeischauen. Irgendetwas muss da defekt sein, und sie braucht meine Hilfe.
Wir sehen uns dann morgen.«
»Okay«, sagte de Boer. »Ich bleib dran. Und ich durchforste noch
einmal unsere Datenbanken und das Internet nach der Rosskämper. Vielleicht
finde ich noch etwas, das uns weiterhilft.«
Ferschweiler hatte bereits seinen Mantel angezogen, als auf seinem
Schreibtisch das Telefon klingelte. Es war Margaretha von Corritz.
»Frau von Corritz.« Er war überrascht. »Was verschafft mir die Ehre
Ihres Anrufs?«
Melanie Rosskämpers Mutter klang nervös. Ferschweiler hatte auf
Lautsprecher gestellt, damit de Boer mithören konnte.
»Herr Kommissar, ich rufe Sie an, um Ihnen noch einige Informationen
über Melanie zu geben. Aber Sie müssen mir versprechen, dass mein Mann davon
nichts erfährt. Er weiß nicht, dass ich Sie anrufe … und er würde es nicht
gutheißen.«
»Machen Sie sich bitte keine Sorgen, gnädige Frau. Wir werden dieses
Gespräch und Ihre Informationen absolut vertraulich behandeln«, beruhigte
Ferschweiler sie.
»Gut.« Die Anspannung in Frau von Corritz’ Stimme wich
Erleichterung. »Darauf verlasse ich mich.«
Doch am Telefon blieb es daraufhin erst einmal still.
»Was also wollten Sie uns berichten?«, hakte Ferschweiler nach einigen
Sekunden sachte nach.
»Ach, vielleicht ist es auch ganz unwichtig, wenn ich es mir recht
überlege. Ich weiß nicht …«, hörte er vom anderen Ende der Leitung.
»Jede noch so kleine Information kann hilfreich sein, Frau von
Corritz«, sagte Ferschweiler ermutigend. »Also zögern Sie nicht.«
»Also gut.« Frau von Corritz schien zu flüstern, so als fürchte sie,
ihr Mann könne jede Sekunde hinter ihr auftauchen. »Ich glaube nicht, dass
Melanies Tod ein Unfall war.«
»Warum nicht?«
»Nun, sie war immer äußerst vorsichtig mit allem, was sie an sich
heranließ. Ich meine, an irgendwelchen Substanzen. Mit Männern hielt sie es da
nicht so genau.« Wieder machte Frau von Corritz eine längere Pause.
»Sie meinen also, Männer ließ sie vollständig
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