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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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ungeprüft an sich heran?«
Ferschweiler ärgerte sich über seine Wortwahl.
    »Ungeprüft vielleicht nicht, Herr Kommissar, aber da war sie längst
nicht so vorsichtig, wenn Sie verstehen, was ich meine. ›Männer sind ja nicht
toxisch und lösen höchstens mentale Allergien aus‹, hat sie immer gesagt, wenn
ich versucht habe, ihr ins Gewissen zu reden. Seit es im Alter von zehn Jahren
mit ihren Allergien so richtig angefangen hat, war alles, was sie anziehen
wollte oder womit sie ihren Körper in Berührung brachte, genau zu prüfen. Sie
hatte sich dicke Ordner angelegt, in denen sie alle Informationen sammelte, die
sie über bestimmte Substanzen fand. Insofern würde es mich mehr als wundern,
wenn sie bei ihren künstlerischen Ambitionen alle Vorsicht hätte fahren lassen.
Nein, Herr Kommissar, das kann nicht sein. Meine Tochter wurde ermordet! Da bin
ich mir sicher!«
    Ferschweiler hatte aufmerksam zugehört. »Waren es bei den Pferden
eigentlich die Haare der Tiere, auf die Ihre Tochter so stark allergisch
reagierte? Oder waren es andere Dinge?«
    »Nein, es waren die Haare, besonders einige Eiweißstoffe darin. Und
natürlich die in den Hautschuppen zu findenden Milben und Sporen. Wir haben
anfangs versucht, die Symptome mit Antihistaminika zu bekämpfen oder wenigstens
zu lindern – Sie haben ja die, entschuldigen Sie bitte meine
Ausdrucksweise, kranken Ansprüche meines Mannes gehört. Aber letztendlich blieb
uns nichts anderes übrig, als sie von den Pferden fernzuhalten. Sie hätten
einmal Melanies Asthmaanfälle miterleben müssen. Meinem Mann war das egal, der
glaubt an so etwas wie Gewöhnung. Aber ich habe oft gedacht, sie würde mir
ersticken.«
    Ferschweiler konnte sich das Leiden der Frau sehr gut vorstellen,
hatte doch sein Bruder immer unter einer heftigen Katzenhaarallergie gelitten.
    »Sie haben heute Mittag gesagt, Sie hätten ein Gutachten an der Uniklinik
in Homburg erstellen lassen. Was hat dieses Gutachten denn ergeben?«
    »Laut den Ärzten litt Melanie neben der Pferdehaarallergie noch
unter zig weiteren Überempfindlichkeiten auf alles Mögliche, unter anderem auch
auf Kern- und Steinobst. Auch hatte sie die üblichen Kreuzallergien gegen Nüsse
aller Art. Die Ärzte waren allesamt gestandene Allergologen, das kann ich Ihnen
versichern, und nicht die Stümper, als die sie mein Mann bis heute unentwegt
bezeichnet. Wir wurden sogar verklagt und mussten einen Verleumdungsprozess
gegen einen der Ärzte führen, den wir verloren haben …«
    De Boer machte sich, während er dem Gespräch lauschte, Notizen.
    »Aber dann konnte Melanie doch eigentlich kein normales,
unbeschwertes Leben führen, oder?« Ferschweiler war nachdenklich geworden.
    »Nein, ein normales Leben führen, so wie Sie und ich uns das
vorstellen, konnte sie tatsächlich nicht, und das hätte sie auch nie gekonnt.
Im Grunde war sie, entschuldigen Sie bitte diesen Ausdruck, ich höre ihn selbst
auch nicht gern, behindert. Aber sie hat dagegen angekämpft und wollte sich
beweisen, dass sie mehr konnte als andere, als all diejenigen, die keine
Beeinträchtigungen hatten wie sie.«
    Frau von Corritz schwieg einen Moment lang, dann sagte sie: »Ich
muss Schluss machen, ich glaube, mein Mann kommt … Aber vielleicht habe
ich Ihnen ja ein wenig helfen können.« Und schon hatte sie aufgelegt.
    Ferschweiler legte den Hörer zurück auf die Gabel, setzte sich, ohne
seinen Mantel wieder auszuziehen, auf den Stuhl hinter seinem Schreibtisch und
starrte nachdenklich ins Leere.
    »Ich bin gespannt, was der Psychologe sagt«, sagte er schließlich und
erhob sich wieder. »Versuch unbedingt, in dieser Sache schnell
vorwärtszukommen, Wim. Ich muss jetzt los.«
    Sprach’s und verließ das Büro, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    ***
    Für Ferschweiler begann jetzt endlich sein freier
Samstagabend, und er hatte Lust auf ein altes Ritual. Rosi würde heute Abend
nun doch noch ein wenig warten müssen.
    Nicht weit von Ferschweilers Dienststelle gab es eine Gastwirtschaft,
in der zentral im Schankraum ein mächtiger abgesägter Baumstamm stand. In
diesen galt es – so die Vorstellung der Wirtin von einem gelungenen,
ehrlichen Wettkampf – mit möglichst wenigen Hammerschlägen
Zimmermannsnägel zu treiben. Geschlagen werden durfte dabei nur mit der
scharfen Seite eines Maurerhammers, die fast so schmal war wie eine Klinge. Als
Ferschweiler das zum ersten Mal ausprobiert hatte, hätte er vor Frustration
fast geschrien. Was für ein

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