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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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dürfen. Nein, im Ernst: Natürlich mag ich den einen mehr, die andere weniger.
Aber das spielt für mich in meinem beruflichen Alltag keine Rolle.«
    »Das ehrt Sie, Frau Claus«, sagte Ferschweiler. »Aber was haben Sie
denn Frau Rosskämper gegenüber empfunden, was haben Sie über sie gedacht? Sie
haben ja mehr mitbekommen als die meisten hier. Sie haben auch so eine Art,
dass man einfach schnell Vertrauen zu Ihnen fassen kann.«
    Ferschweiler wusste, dass Komplimente manchmal Wunder bewirken
konnten.
    »Ach, jetzt schmeicheln Sie mir aber.« Helena Claus strahlte ihn an.
»Aber Sie haben natürlich recht. Ich bekomme an der Akademie wirklich mehr mit
als sonst wer, und zu Frau Rosskämper kann ich Ihnen Abendfüllendes erzählen:
Wie sie den Kerlen hier den Kopf verdreht, Zwietracht zwischen den
Teilnehmerinnen gesät und immer und immer wieder meiner Chefin in den Ohren
gelegen hat, sie solle ihr doch endlich Kontakt zu den großen Messen und
Galeristen verschaffen. Ich sage Ihnen, die war hartnäckig und …«, hier
hielt sie kurz inne und blickte Ferschweiler dann unverwandt in die Augen, »… unverschämt.
Meinte, mit ihrem Körper alles erreichen zu können. Aber damit biss sie bei mir
auf Granit.«
    Warum betonte Helena Claus das derart? Ferschweiler hatte doch gar
nichts Diesbezügliches geäußert.
    »Sie hat auf Sie also keinen Eindruck gemacht?«
    »Nein, nicht den geringsten.«
    »Sie können demnach auch nicht verstehen, was die anderen an ihr
gefunden haben?«
    »Doch, das schon. Sie war eine wirklich aparte Erscheinung. Mein
Kollege Harry nannte sie immer ›lecker‹. Aber mehr hatte die Rosskämper einem
Mann nicht zu bieten.«
    »Nein?«
    »Nein! Die hatte doch immer nur Interesse an ihrem nächsten potenziellen
Geschlechtspartner.«
    »Hat sie Sie denn auch mal angemacht?«
    »Sie mich? Wie kommen Sie denn darauf? Ich stehe nun wirklich nicht
auf so was, und sie stand auch nicht darauf.« Helena Claus schüttelte entrüstet
den Kopf, und Ferschweiler beschloss, das Thema zu wechseln.
    »Interessieren Sie sich für Skandinavien?«, fragte er. Ihm waren die
Reiseführer und Urlaubsprospekte aufgefallen, die auf der Fensterbank hinter
Helena Claus’ Schreibtisch lagen.
    »Mehr als das«, antwortete sie und reichte Ferschweiler eine der Broschüren,
der diese allerdings nur mit mäßigem Interesse durchblätterte. »Ein Teil der
Familie meiner Mutter wohnt in Südschweden, und ich würde auch gern wieder
einmal dorthin. Vielleicht im nächsten Urlaub.« Missmutig blickte sie sich in
ihrem Büro um. »Falls Dr.   Berggrün mir irgendwann einmal wieder zwei Wochen am
Stück genehmigen sollte.«
    »Na dann, viel Glück«, sagte Ferschweiler und verließ das Büro.
    Zurück in der Lithowerkstatt setzte sich Ferschweiler an
seinen provisorischen Schreibtisch und dachte nach. Als Doris Egger einige
Minuten später den Raum betrat, blickte er überrascht auf. Er hatte mit einer
resolut auftretenden Frau gerechnet, die es gewohnt war, sich wirksam in Szene
zu setzen und zu verkaufen. Die Frau jedoch, die nun durch die Tür in die
Werkstatt trat, wirkte unsicher und so, als koste es sie Überwindung, sich der
Befragung durch einen Kriminalkommissar zu stellen.
    »Guten Tag«, eröffnete Ferschweiler das Gespräch. »Ich bin Hauptkommissar
Rudolph Ferschweiler von der Trierer Mordkommission. Und Sie sind Frau Doris
Egger? Haben Sie vielen Dank, dass Sie sich so schnell für eine Befragung Zeit
nehmen konnten.«
    Doris Egger schloss die Tür hinter sich. Noch immer hatte sie kein einziges
Wort gesagt. Aufmerksam schaute sie sich im Raum um, erst dann sah sie
Ferschweiler an, starrte ihm direkt in die Augen, was ihm etwas unangenehm war.
    »Ja, guten Tag, Herr Kommissar. Ich bin Doris Egger. Ich leite hier
an der Akademie die Radierwerkstatt.«
    Manches an Doris Egger erschien Ferschweiler sonderbar. Da war zum
einen der Blick, mit dem sie den ihr eigentlich bekannten Raum gemustert hatte,
ganz so, als habe er sich durch Ferschweilers Anwesenheit grundsätzlich
verändert. Und dann ihre Körpersprache: Sie hielt praktisch die ganze Zeit über
die Arme vor der Brust verschränkt. Vor wem wollte sie sich schützen? Obwohl
Ferschweiler nicht allzu viel auf diese ganze Kriminalpsychologie mit ihren unglaublich
vielen Ansätzen und Theorien gab, wusste er, dass man der nichtverbalen
Kommunikation besondere Aufmerksamkeit schenken musste. Also: Was hatte diese
Frau zu verbergen?
    »Frau Egger, nehmen

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