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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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Bewunderung im Spiel zu sein, da war er sich sicher. Aber anders
als noch vor fünf Minuten wollte er den Mitteilungsdrang von Helena Claus nicht
unterbrechen. Die Geschichte schien allmählich interessant zu werden. Und wenn
sie sich erregte, war sie wirklich eine recht ansprechende Person, diese Helena
Claus. Nur gut, dass Rosi nicht über telepathische Fähigkeiten verfügte und
Ferschweilers Gedanken lesen konnte. Aber die waren ja bekanntlich frei, und
ein paar Freiheiten brauchte auch ein Sheriff.
    »Nun erklären Sie mir das mit den didaktischen Fähigkeiten mal
genauer«, forderte er Helena Claus mit leicht süffisantem Ton auf
weiterzuerzählen.
    »Laszlo«, fuhr sie fort und strich sich dabei gedankenverloren –
offensichtlich hatte sie Ferschweilers Unterton gar nicht bemerkt – durchs
Haar, »also, ich meine, Herr Kafka verfügt über ein äußerst fundiertes Wissen.
Zudem ist er mehr als sensibel bei den Bildbesprechungen und hat ein sehr
sicheres Gespür für den Umgang mit unseren Teilnehmerinnen.« Wieder lächelte
sie fast unmerklich. »Sie können sich sicherlich vorstellen, dass diese nicht
immer ganz einfach sind. Künstlerinnen leben für ihre Arbeiten. Man gibt ja in
seinen Werken immer auch einen Teil von sich selbst preis. Und Laszlo weiß ganz
genau, wie er mit den Eigenarten der Teilnehmerinnen umzugehen hat.«
    »Und deshalb ist er so beliebt«, folgerte Ferschweiler. »Verstehe.«
    Interessiert hatte er ihren Ausführungen gelauscht. Zudem war der
Kaffee besser als gedacht. Er nahm die rote Thermoskanne, die auf Helena Claus’
Schreibtisch stand, und goss sich, ohne zu fragen, eine weitere Tasse nach.
    Helena Claus sprach indessen weiter. Mit der rechten Hand spielte
sie mit einer ihrer üppigen dunkelbraunen Locken und ließ Ferschweiler dabei
nicht aus den Augen.
    Sie will sicher sein, dass ich ihr auch genau folge, dachte er. Sie
weiß, was ich von ihr halte. Warum war er für Frauen immer wie ein offenes
Buch? Warum schaffte er es nie, seine Gedanken und Gefühle zu verbergen? Er
hatte dafür keine Erklärung.
    Sie führte weiter aus, dass man in der Verwaltung einen Zusammenhang
zwischen dem Schwinden der Teilnehmerzahlen und der Wirtschaftskrise vermutet
habe. Es war schließlich nicht ganz billig, sich hier unterrichten zu lassen.
Dann jedoch hatten Gerüchte die Runde gemacht, Gerüchte über Dozenten, die
parallel auch an anderen Institutionen unterrichteten. Dr.   Berggrün sah es
nicht gern, wenn ein Künstler ihrer Akademie auch woanders unterrichtete. Aber
was sollte sie machen? Ein Künstler musste eben schauen, wie und wo er seinen
Lebensunterhalt verdienen konnte.
    »Denn nur von der Kunst allein kann fast keiner mehr leben.
Verstehen Sie, Herr Ferschweiler«?
    Er hatte seine eigenen Sorgen, was interessierten ihn da mittellose
Künstler? Wer fragte denn danach, was es ihm brachte, ein vielleicht nicht nur
durchschnittlicher Kriminalbeamter mit guter Spürnase zu sein? Und bedurfte es
dazu nicht auch einer gewissen Kunst? Der Kunst, sich einzufühlen, Dingen
nachzuspüren, die andere gar nicht wahrnahmen? Ganz zu schweigen von der
Bereitschaft, sich mehr als üblich – wie er fand – zu engagieren?
Letztendlich brachte es gar nichts. Die Pension blieb die gleiche,
Leistungszulagen gab es keine, und auf den obligatorischen Wimpel oder die
schlecht gedruckte Urkunde dazu konnte er getrost verzichten. Vielleicht war es
gar nicht schlecht, sich einen Bereich zu suchen, der einem tatsächlich etwas
bedeutete und in dem man eine tiefe Befriedigung erfahren konnte.
    »Auch wenn Silvia mir gegenüber nicht konkret geworden ist, habe ich
Laszlo im Verdacht, etwas mit der ganzen Sache zu tun zu haben«, fuhr Helena
Claus fort. »Er hat mich in den letzten Monaten immer mal wieder nach den
Adressen seiner Kursteilnehmerinnen gefragt. Aber aus Datenschutzgründen darf
ich ihm die nicht geben, und ich habe es auch niemals getan. Außerdem war ich
auch ein wenig eifersüchtig. Ich konnte mir eigentlich nur vorstellen, dass er
mit ihnen …« Helena Claus errötete leicht.
    Ferschweiler war auf diesen Top-Dozenten nun allmählich wirklich
gespannt. Der musste ja förmlich ein Supermann sein.
    »Vor ein paar Wochen hatte ich dann allerdings das Gefühl, dass
jemand an meinem Computer war. Ich habe meinen Kollegen darauf angesprochen,
aber der hat mich nur ausgelacht.«
    »Wie sind Sie denn auf die Idee eines Datendiebstahls gekommen?«
    Ferschweiler war kein EDV -Spezialist,
er

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