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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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Stiependorf
halten?«
    »Ach, der Hajo«. Doris Egger lächelte. »Der ist schon so lange in meinen
Kursen, der gehört schon fast zur Familie.«
    »Aber wie schätzen Sie ihn ein?«
    »Als Künstler meinen Sie wohl nicht, Herr Kommissar? Da ist er
nämlich trotz seiner unglaublichen Bescheidenheit einer der besten, die ich
kenne. Als Mensch ist er eher eine Mimose. Da ist er mir sehr ähnlich«, gestand
die Künstlerin für Ferschweiler überraschend offen. »Aber er kann, falls Sie
das meinen, keiner Fliege etwas zuleide tun. Wissen Sie, was er für ein Hobby
hat? Er züchtet Hamster! Ist das nicht komisch?«
    Ferschweiler konnte nicht wirklich nachvollziehen, worüber sich Doris
Egger amüsierte, lachte aber aus Höflichkeit mit. Dann sagte er: »Erlauben Sie
mir noch eine Frage zu Herrn von Stiependorf: Wie war sein Verhältnis zu
Melanie Rosskämper?«
    »Von Verhältnis würde ich gar nicht sprechen. Er fand sie einfach
nur abscheulich. Er ging ihr aus dem Weg, wann immer er konnte.«
    »Frau Egger, das wäre es zunächst einmal. Wir werden sicherlich noch
auf Sie zurückkommen. Bitte halten Sie sich zu unserer Verfügung.«
    »Aber darf ich denn wieder zu meinem Vater in die Eifel fahren? Er
braucht mich doch.«
    Die Künstlerin hatte sich total verwandelt. Gerade noch voller Energie
und Aggression, wirkte sie nun wieder unsicher und lammfromm. Ferschweiler fiel
es schwer, sie wirklich zu durchschauen.
    »Natürlich können Sie fahren. Aber Sie kommen bitte morgen wieder.«
Ferschweiler hatte keine Lust auf Tränen.
    »Aber sicher, wohin sollte ich denn sonst gehen? Ich schlafe zwar
auf dem Hof meines Vaters, aber eigentlich lebe ich doch hier, zumindest
künstlerisch. Hier ist mein wahres Zuhause. Nur hier an der Akademie kann ich
Mensch sein.«
    Dann stand Doris Egger auf und verließ lautlos das Atelier.
    Ferschweiler knipste die Lampe aus, die vor ihm auf der als Schreibtisch
dienenden Werkbank stand. Er fühlte sich wie gerädert. In seiner Karriere hatte
er schon so einige Verhöre und Befragungen durchgeführt, aber diese hier in der
Kunstakademie, die brachten ihn an den Rand der Verzweiflung. Das Verhör mit
dem letzten Künstler auf seiner Liste, Laszlo Kafka, würde noch ein wenig auf sich
warten lassen. Kafka würde erst im Laufe des Tages wieder in Trier sein. Dem
Gespräch mit ihm sah Ferschweiler mit Spannung entgegen. Erst einmal war aber
Rosi dran. Schließlich hatte sie ihn um einen Gefallen gebeten. Und wer war
Ferschweiler, wenn er nicht den Wünschen seiner »Herzensdame« so schnell wie eben
möglich nachkommen würde?
    Nachdem Ferschweiler die Einkäufe im »Standhaften
Legionär« abgegeben hatte, ging er noch einmal zurück zur Kunstakademie, wo er hoffte,
endlich das Verhör mit Laszlo Kafka führen zu können. Vielleicht war ja auch
der ominöse Kollege von Helena Claus noch da.
    Bereits als Ferschweiler die Hofeinfahrt durchschritt, bemerkte er
hinter einem der Fenster der Akademieverwaltung ein Gesicht, das ihn aufmerksam
beobachtete und das er nicht kannte. Zielstrebig steuerte er auf die Verwaltung
zu. Der junge Mann, zu dem das Gesicht gehörte, blickte ihm bereits aus dem
Büro von Helena Claus entgegen.
    »Hallo, Herr Ferschweiler«, sagte er. »Schön, Sie einmal
wiederzusehen.«
    Der junge Mann kam Ferschweiler irgendwie bekannt vor, aber er konnte
ihn nicht recht einordnen. Vergeblich kramte er in seinen Erinnerungen, wann
und wo er vielleicht schon einmal mit ihm zu tun gehabt haben könnte. Verhaftet
oder verhört hatte er ihn jedenfalls noch nie, da war er sich sicher.
    »An Ihrem Blick sehe ich, dass Sie mit mir nichts anzufangen
wissen«, lachte ihn der junge Mann vergnügt an. »Ich bin Harry Haltaufderheide.
Sie haben mich vor Zeiten mal im TUS Euren
trainiert.«
    Natürlich. Jetzt konnte sich Ferschweiler erinnern. Damals war er
für einige Zeit Vizeersatztrainer in Euren gewesen, wobei der Sportplatz
eigentlich noch zu Trier-West gehörte – zumindest im Herzen der Bewohner.
Und der kleine Harry war ihm besonders ans Herz gewachsen, da er anders war als
die restlichen Jungs in der Mannschaft: ruhiger, weniger aggressiv und von
hoher spielerischer Begabung.
    »Mensch, Harry, ich hab dich gar nicht erkannt.«
    »Kein Wunder, Trainer. Ist ja auch schon eine Weile her, dass wir miteinander
gekickt haben.« Haltaufderheide lachte, und Ferschweiler freute sich ehrlich,
ihn wiederzutreffen.
    »Ja, es war eine schöne Zeit damals. Aber Harry, du weißt, warum ich
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