Die schoene und der Lord
vor ihr stand.
Robert hätte schwören können, er träume, wenn er nicht das Pochen hinter seinen Augen gespürt hätte. Catrionas Anblick aber wäre noch den zehnfachen Schmerz wert gewesen. Ihr Haar fiel ihr in ungebändigten Wellen über die Schultern und war von ihrem Liebesspiel noch ganz zerwühlt, und in der Tat war es kupferrotbraun und glänzte im Kerzenschein wie frisch poliertes Metall. Sie war klein, und ihre Züge waren feingeschnitten, aber die Art, wie sie ihr Kinn hob, verriet innere Stärke. Und ihre Augen erst, nie hätte er sich solch ausdrucksvolle, schimmernde, außergewöhnliche Augen vorzustellen vermocht. Jetzt, da er sie sehen und sich in ihnen verlieren konnte, würde er den Blick nie wieder abwenden. »Deine Augen haben ja wirklich dieselbe Farbe wie ein stürmischer Himmel.«
Er zog sie an sich und umarmte sie fest. Endlich, endlich konnte er sie sehen.
»Dann war es also wahr«, sagte sie und lächelte, als er sie wenig später losließ.
»Was denn?«
»Ich wollte es dir noch nicht eher sagen, falls es nicht stimmte, aber...«, sie hielt kurz inne, um ihre Worte sorgfältig zu wählen, »... als wir letzte Nacht am Loch waren, habe ich dich dorthin geführt, um dir dein Augenlicht zurückzugeben.« Robert sah verwirrt drein. »Wenn ich das richtig sehe ...« Catriona lachte über sein unbeabsichtigtes Wortspiel. »Ja, du siehst, und das ist auf das weiße Heidekraut zurückzuführen.«
»Die Blume, nach der du als junges Mädchen immer gesucht hast? «
»So ungefähr. Weißt du, meine Mutter hat mir nämlich einen Zweig weißes Heidekraut gegeben, den sie als Mädchen gefunden hat. Sie hat ihn all die Jahre aufbewahrt. Sie hat gesagt, ich solle mit dir zum Loch gehen. Wenn ich dort das weiße Heidekraut über dir ausstreute, sagte sie, und dich danach in die Fluten des Loch führte, würdest du dein Augenlicht zurückerlangen.« Sie lachte laut auf. »Und du hast es tatsächlich zurückbekommen.«
Robert hörte Catriona aufmerksam zu und staunte, wie fest sie daran glaubte, einen Zauber gewirkt zu haben, wie überzeugt sie davon war. Er hatte ihr nie davon erzählt, daß seine Sehfähigkeit sich besserte, daß er regelmäßige Übungen unternahm, um sein Sehvermögen wiederherzustellen. Er hatte es | ihr verheimlichen wollen, bis er auch wirklich spürbare Erfolge damit erzielte. Und jetzt, wo er den Erfolg spürte, würde er ihr nichts darüber verraten, denn was er an Catriona am meisten liebte, war ihre unschuldige Sicht der Welt. Sie glaubte an das Gute im Leben, an seinen unerklärlichen Zauber, und sie hatte Teil an diesem Zauber, den sie jedem schenkte, der mit ihr in Berührung kam. Nie hätte er ihr dies nehmen wollen.
Also lächelte er bloß und sagte: »Nun, da werde ich mich aber bei deiner Mutter in aller Form bedanken müssen, wenn wir sie gleich sehen.«
Dichte Wolken zogen über den Himmel, und es war stockfinster, als sie zu Pferde das windgepeitschte moorige Heideland
durchquerten, um zum Haus der MacBryans zu gelangen. Als sie den Abhang hinabkamen, der direkt darauf zuführte, konnten sie durch das vordere Fenster den schwachen Lichtschein des Feuers erkennen, das dahinter glomm. Sie hatten kaum Bayard am Zaun festgebunden und sich der Tür genähert, als diese sich plötzlich öffnete und eine tränenüberströmte Mairead ihnen entgegentrat.
»Oh, Catriona...«, brachte sie gerade noch hervor, um sich dann in einer verzweifelten Umarmung an ihre Schwester zu klammern.
»Was ist denn, Mairead?« fragte Catriona. »Was ist geschehen?«
Mairead brachte nichts als unzusammenhängendes Schluchzen zustande, sie war so aufgelöst, daß sie kein Wort herausbekam.
Aber Robert wußte bereits Bescheid. Als er an Mairead vorbei ins Haus spähte, konnte er die umgeworfenen Stühle sehen, das überall verstreute, zerbrochene Geschirr. Beim Kamin lag ein in Stücke geschlagenes Spinnrad. Der bunte kleine Vorhang, der das Fenster umrahmte, war fast ganz entzweigerissen. Nur zu beredt legte der Schauplatz Zeugnis von den Gewalttätigkeiten ab, die sich hier erst vor kurzem abgespielt haben mußten.
Und er wußte sofort, was passiert war.
Sir Damon Dunstron war hiergewesen.
»So habe ich es vorgefunden«, brachte Mairead schluchzend hervor und drehte sich um, als Robert an ihr vorbei hineintrat. Im Licht konnte er sehen, daß ihre Augen rot und übel verschwollen waren. Also war es schon einige Zeit her, daß sie heimgekommen war und dieses Bild des Grauens
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