Die schoene und der Lord
fesselte. Regenbögen. Sie erinnerte sich an den Tag, als sie Robert zum ersten Mal begegnet war, und wie sie ihm damals den gleichen Anblick geschildert hatte. Es kam ihr jetzt vor, als liege dies schon Jahre zurück, denn in der Zwischenzeit hatte sich alles geändert, und über all den bunten Farben ihrer Regenbögen schien ein tiefschwarzer Trauerflor zu liegen, so als würden sie von den schrecklichen Geschehnissen der letzten Tage überschattet.
Catriona konnte sich nicht entsinnen, wann genau sie das Haus letzte Nacht verlassen hatten. Mairead hatte ihnen berichtet, wo sie den Tag über gewesen war, den sie mit der vergeblichen Suche nach dem Colonel und Ian zugebracht hatte. Von den übrigen Männern aus Angus’ Mannschaft hatte sie nur in Erfahrung bringen können, daß Ian höchstwahrscheinlich zu denen gehörte, die in jener Nacht von der Küstenwache festgenommen worden waren, denn seither hatte ihn keiner mehr gesehen.
Robert hatte Catriona und ihre Schwester, die beide völlig erschöpft und apathisch waren, nach Rosmorigh mitgenommen. Mairead befand sich noch immer in einem Zustand tiefer Verwirrung und schien außerstande, das Geschehene überhaupt zu begreifen. Catriona kam dies alles völlig unwirklich vor, ein Wirrwarr grauenhafter Bilder, das sich jedem Verstehen entzog, so als sei ihr schlimmster Alptraum Wirklichkeit geworden. Wie konnte es wahr sein, daß jetzt beide, ihr Vater wie auch ihre Mutter, nicht mehr da waren? Sie waren einfach immer dagewesen, Angus, der über seinem Bierkrug vor sich hingrummelte, und die stets heitere, ausgeglichene Mary, der die Sorge um ihre Familie über alles ging. Wäre es doch bloß wirklich nur ein Alptraum! Daß sie aber jetzt in einer so friedlichen, wunderschönen und süß duftenden Umgebung erwachte, war wie eine Bestätigung, daß die herzzerreißenden, brutalen Geschehnisse der letzten Tage wirklich stattgefunden hatten.
»Guten Morgen.«
Catriona wandte sich um und konnte durch ihre Tränen hindurch Robert sehen, der in der Tür stand. Sie hatte gar nicht gehört, wie er hereingekommen war. »Wie soll das ein guter Morgen sein?«
Robert kam herein und ließ sich neben ihr auf der Bettkante nieder. Dann legte er den Arm um sie, und Catriona ließ sich ganz in diese Umarmung fallen, suchte mit ihrem Kopf Halt an
seiner Schulter. Das durch die Fensterflügel einfallende Sonnenlicht spielte über den Fußboden. Draußen brach ein neuer Tag an. Eine ganze Weile sagte keiner von ihnen ein Wort. Schließlich brach Robert das Schweigen. »Hast du Hunger?«
Catriona schüttelte bloß den Kopf.
»Du mußt etwas essen, Catriona. Seit zwei Tagen hast du so gut wie nichts zu dir genommen.«
»Im Moment will ich an Essen überhaupt nicht denken. Ich will einzig und allein herausbekommen, wer das verbrochen hat.«
»Dazu wirst du aber all deine Kraft benötigen ...«
»Wie könnte ich einen Bissen herunterbringen, während der Mensch, der meine Mutter umgebracht hat, irgendwo da draußen frei herumläuft? Ich muß herausfinden, wer das war, Robert. Versteh doch, ich muß.«
»Darüber brauchst du dir nicht den Kopf zu zerbrechen.« Robert sah Catriona direkt an. »Ich weiß bereits, wer es getan hat.«
Catriona hob den Kopf. »Was? Das weißt du? Warum hast du mir nichts davon erzählt? Wer war es?«
Robert holte tief Luft. »Catriona, wir haben eine ganze Menge zu besprechen, du und ich, und auch Mairead. Deine Schwester ist schon auf und wartet im Speisesaal auf dich. Sie ist genauso außer sich wie du, aber ich habe ihr gesagt, und wiederhole es auch dir gegenüber, ich werde mit euch erst eine Unterredung beginnen, wenn ihr beide eine vernünftige Mahlzeit im Leib habt.«
Catriona starrte ihn wütend an. Daß er nicht nachgeben würde , war ihr wohl bewußt. Und sie war einfach zu erschöpft, um mit ihm zu streiten. Also gab sie sich geschlagen, stand auf und verließ das Zimmer. Als sie bereits mitten in einem Flur stand, der an einer steingemauerten Wand endete, wurde ihr bewußt, daß sie keine Ahnung hatte, wo sie hingehen müßte.
Robert trat von hinten auf sie zu und nahm ihre Hand. »Komm, Catriona. Ich führe dich zum Speisesaal.«
Über diese Ironie wäre sie beinahe in Gelächter ausgebrochen, wenn sie dazu nicht gerade viel zu sehr geweint hätte. Wie viele Male hatte sie ihn geführt, als er nicht imstande war, den Weg vor sich zu erkennen? Wie seltsam, daß jetzt er sie führte, wo sie vor Kummer und Zorn wie blind war und ihr der
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