Die schoene und der Lord
und entzogen ihr schließlich, eine nach der anderen, immer mehr von dem kostbaren Licht, in dessen Schein sie arbeitete. Der Teufel hatte sich geweigert, Mary mehr Kerzen zur Beleuchtung zur Verfügung zu stellen, nachdem er zuvor schon ihre dringende Bitte um zusätzliches Wasser zurückgewiesen hatte. Er hatte behauptet, sie würde die Entbindung des Kindes sicher schneller bewerkstelligen, wenn er ihr diese Dinge nicht zugestände.
Bald aber würde um sie her völlige Finsternis herrschen, denn an den steinernen Wänden befanden sich keine Halterungen für Fackeln, und es gab nicht einmal ein kleines Fenster, durch das ein wenig Nachtluft oder ein noch so winziger Schimmer Mondlicht von außen hätte hereindringen können.
Sie waren tatsächlich Gefangene in dieser Kammer, einer wahren Schreckenskammer.
»Er hat vor, uns hier drin bei lebendigem Leib zu braten«, sagte Mary laut, wenn auch mehr zu sich selbst als zu Catherine. »Er ist der Teufel in Person. Nicht einmal ein wenig Eis kann er aus dem Eishaus herbeiholen, mit dem ich Ihnen die Hitze etwas erträglicher machen könnte. Er glaubt, so eine Geburt sei eine leichte Sache. Na, ich würde zu gerne sehen, wie er damit fertig würde.« Sie senkte die Stimme, während sie Catherine ein feuchtes Tuch auf die erhitzte Stirn legte. »Ich fürchte, meine Aufgüsse können Ihnen nur in begrenztem Umfang Erleichterung verschaffen, und sie halten nur eine gewisse Zeit vor, Mylady.«
Catherine hob langsam eine Hand, und ihr goldener Ehering schimmerte im gedämpften Licht des Feuers. Infolge der immensen Anstrengung zitterten ihre Finger. Mary fühlte sich hilflos wie noch nie, während sie diese einst so energie- und lebensprühende Frau betrachtete, die nun aussah, als übersteige es schon ihre Kräfte, auch nur den nächsten Atemzug zu tun. Mary schloß kurz die Augen. Wenn doch nur der Gutsherr lange genug gelebt hätte, um deine junge Frau sicher durch diese Nacht zu geleiten, ging es ihr durch den Kopf, und als sie die Augen wieder aufschlug, kamen ihr unwillkürlich die Tränen.
Sie waren nur ein paar Jahre Mann und Frau gewesen, der Gutsherr und seine Lady, aber ihre gegenseitige Liebe hatte jeden Augenblick dieser kurzen Zeit mit ungetrübter Glückseligkeit erfüllt. Catherine war seine zweite Frau: Nachdem seine erste Frau im Kindbett gestorben war, war er bis nach London gereist, um sich erneut auf Freiersfüße zu begeben. Seinen Worten zufolge hatte er die Engel singen hören, als er sie das erste Mal erblickte, ein Juwel, das den Ballsaal um sich her in einen verzauberten, märchenhaften Ort verwandelt hatte. Und die Liebe, die er für sie empfand, wurde von ihr doppelt erwidert, das wußte Mary; die schmachtenden Blicke, mit denen Catherine ihren Charles angebetet hatte, legten beredtes Zeugnis ab.
Catherine hatte Mary einmal erzählt, wie der Gutsherr ihr vor ihrem Zimmerfenster ein Ständchen gebracht hatte, als er um sie warb. So etwas hätte ein anderer Mann seines Alters wohl kaum getan, und Catherine hatte in dem Moment erkannt, daß er ihre große Liebe war, die einzige Liebe, die ihr bestimmt war. Im Gegenzug hatte Catherines heiterer Esprit in die Gesichtszüge des um Jahrzehnte älteren Gutsherrn eine Jugendlichkeit zurückgezaubert, die er längst verloren geglaubt hatte.
Vormittags waren sie zusammen spazieren gegangen oder hatten auf seinem ausgedehnten Besitz gepicknickt, nachts lagen sie engumschlungen und liebten einander im Mondlicht, das durch die Fenster auf sie hinabschien. Mary konnte sich noch gut an den Tag erinnern, als Catherine ihrem Ehemann von dem Kind erzählte, das sie erwartete. Der Gutsherr war so glücklich gewesen, daß er eine Festlichkeit ausrichtete, wie man sie seit den alten Tagen der Clans nicht mehr gesehen hatte. Von meilenweit her waren die Gäste angereist, um sich dem frohen Treiben anzuschließen, sogar der Großneffe des Gutsherrn, der so urplötzlich und unerwartet am Morgen des geselligen Festtages aufgetaucht war.
Dann jedoch, schnell und ohne Vorwarnung, war der Gutsherr erkrankt, und gegen jenes rätselhafte Leiden hatten auch Marys Kräuter und Heiltränke nichts auszurichten vermocht. Ebenso schnell, wie es über ihn hereingebrochen war, hatte das Leiden das Leben des Gutsherrn gefordert und diesen großen, gütigen Mann gefällt. Catherine durfte ihrem geliebten Gatten nicht beistehen, weil er befürchtete, diese unbekannte Krankheit könnte das Kind gefährden. Doch vor der geschlossenen
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