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Die schoene und der Lord

Titel: Die schoene und der Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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manchen Frühlingsmorgen damit zugebracht, den sonst so gesetzten Mr. Goodfellows gehörig aus seiner Reserve zu locken. Tatsächlich hatten sie dem armen Burschen unaufhörlich zugesetzt, seine Langeweile jedoch hatten sie selbst dadurch nicht wesentlich abmildern kön-»Selbst Pietro war in der Lage, die Leitfäden zu verstehen, Noah, und er hat gerade erst damit begonnen, Englisch zu lesen.«
    »Dann kann ich fürs erste auch ebensogut alle Hoffnung fahren lassen. Im übrigen bin ich heute abend nicht hierher gekommen, um die Tatsache zu feiern, daß dein spanischer Bursche seine Halsbinde besser umzulegen versteht als ich.« Er schob das Nachrichtenblatt beiseite. »Wenden wir uns lieber brennenderen Themen zu - nämlich deiner Hochzeit. Wann findet sie statt?«
    »Sie wird am fünfzehnten März in St. James, Piccadilly abgehalten.«
    Noah lehnte sich zurück und zog mit Kennermiene eine seiner Augenbrauen in die Höhe, wo ihm die Haare ungebärdig in die Stirn fielen. »Also in etwas mehr als drei Wochen. Du vertust jedenfalls keine Zeit.«
    »Ich habe jetzt seit meiner Rückkehr von der spanischen Halbinsel um Anthea geworben. Wie mir zu Ohren gekommen ist, haben einige der Gentlemen im Erdgeschoß stattliche Summen verloren, weil sie darauf gewettet hatten, daß ich sie mir schon viel eher an Land ziehen würde. Und jetzt, wo die Verhandlungen abgeschlossen sind, sah ich keinen Grund, noch länger zu warten. Ich wollte Seiner Lordschaft nicht allzuviel Zeit lassen, es sich noch einmal anders zu überlegen, geschweige denn seiner Tochter.«
    »Und wie sieht es bei dir aus? Was, wenn du es dir noch einmal anders überlegen möchtest?«
    Über dieses absurde Ansinnen seines Bruders wäre Robert um ein Haar in Gelächter ausgebrochen. »Was gibt es da noch zu überlegen? Ich habe eine gute Partie gemacht, und das war wohldurchdacht. Wie du schon bemerkt hast, ist Anthea ein entzückendes Mädchen, hinter dem alle Welt her ist. Sie hat eine große Mitgift und ist die Tochter eines Grafen. Mit den Spielregeln der besseren Gesellschaft ist sie vertraut, und jeder Gedanke an Unziemliches liegt ihr fern. Kurz, sie erfüllt alle Anforderungen, die an eine angemessene Ehefrau zu stellen sind.«
    Wenn auch eine sehr zurückhaltende. Robert mußte unwillkürlich an ihren keuschen Wangenkuß denken und an das scheue, ja prüde Lächeln, das Anthea ihm am Vormittag beim Abschied aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters gewährt hatte. Er stellte sich ihre erste gemeinsame Nacht vor; nachdem jede Kerze gelöscht war, erwartete sein Weib Anthea ihn in einem allerliebsten, durch und durch biederen Jungmädchennachthemd - selbstverständlich wäre sie sich ihrer Pflichten ihm gegenüber bewußt, würde unter seiner Berührung aber dennoch zusammenzucken.
    Er rief sich in Erinnerung, daß Leidenschaftlichkeit nicht zu den Anforderungen gehörte, die er an eine Ehefrau stellte. Wenn man Leidenschaft suchte, nahm man sich eine Mätresse, und seine derzeitige Mätresse Juliana Delafield fand großen Gefallen daran, daß Robert am liebsten zahllose Kerzen im Zimmer brennen ließ, wenn er mit ihr im Bett war, um so den Ausdruck der Verzückung in ihren Augen sehen zu können, während er sie nahm.
    Ehefrauen dagegen mußte man nur unter Erwägung dreier Gesichtspunkte auswählen: ihre Mitgift, ihr Aussehen und der gesellschaftliche Prestigegewinn, den sie ihren Ehemännern einbringen würden — und da glänzte Lady Anthea in allen drei Kategorien.
    »Aber wie steht es um die Liebe?« unterbrach ihn Noah. »Die Leidenschaft? Den Bund verwandter Seelen?«
    Jetzt lachte Robert wirklich, und zwar herzlich. Seinen Bruder und ihn trennten gewiß mehr als bloße fünf Jahre Altersunterschied. Ein Jahrzehnt oder zwei womöglich. War er jemals so ein Traumtänzer gewesen?
    Und dann mußte er daran denken, daß er dies früher tatsächlich einmal gewesen war, denn er hatte einst ein Künstler wer-den wollen, der die schönsten Frauen der Welt malen würde. Von Land zu Land hatte er reisen und die himmlischen Geschöpfe auf Leinwand bannen wollen, um sie so für die Nachwelt unsterblich zu machen. Es hatte ihn nicht im geringsten entmutigt, als sein Kunstlehrer ihm bescheinigte, daß er noch nicht einmal die Farben richtig zu mischen verstand. Wann war ihm diese Begeisterung abhanden gekommen? Mit zwanzig? Fünfundzwanzig? Es mußte schon einige Zeit her sein, denn er war heute erst zweiunddreißig, und ihm kam es vor, als sei seither eine halbe

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