Die Schoene und der Prinz
einer älteren Frau begrüßt wurde.
„Willkommen, Madam. Es ist eine große Freude für uns alle, Seine Hoheit wiederzusehen.“
Ohne Forellas Antwort abzuwarten, führte sie das Mädchen in ein hübsches Schlafzimmer mit geschmackvollen buntgemusterten Chintzvorhängen. Das Fenster gab den Blick auf einen gepflegten Garten frei, der bis zu einem schmalen Bach reichte.
Mrs. Newman redete unentwegt, während sie Forella beim Ablegen des Reithutes und des Jacketts behilflich war.
„Es ist sehr heiß, Madam“, sagte sie. „Ihre Hoheit hat sicher nichts dagegen, wenn Sie in Rock und Bluse erscheinen.“
Die Bluse, die sie gewählt hatte, war besonders hübsch. Die Marquise hatte sie für sie ausgesucht, obwohl Forella sie viel zu teuer fand.
Sie war aus echter Spitze und, wie die Verkäuferin versichert hatte, das neueste Modell aus Paris, ebenso das Reitkostüm aus grünem Pikee mit weißem Besatz.
„Darin kannst du sicher nicht an einer Hetzjagd teilnehmen“, hatte die Marquise festgestellt, „doch die Mode gestattet es, daß Reiterinnen sich im Sommer wie Fasane schmücken. Auf jeden Fall wirst du darin Aufsehen erregen.“
Bei der Vorbereitung der Flucht hatte sie keinen Gedanken an ihre Garderobe verschwendet. Jetzt erst fiel Forella ein, daß in dem Bündel, das sie an Györgys Sattel befestigt hatte, nur ein einziges Kleid war.
Vorläufig machte sie sich darüber keine Gedanken. Erst wollte sie abwarten, ob die Prinzessin überhaupt mit ihrem Einzug einverstanden war.
Sie wusch sich Gesicht und Hände und ließ sich von Mrs. Newman das Haar ordnen. Befangen begab sie sich dann zur Treppe und ging nach unten, wo Newman sie bereits erwartete.
Insgeheim betete sie darum, daß sich in den Plänen des Prinzen keine Änderung ergeben hatte und sie hier Unterschlupf finden würde.
Ihr wurde erst jetzt richtig bewußt, wie schwer es gewesen wäre, sich allein durchzuschlagen. Als sie in panischer Angst aus dem Schloß geflohen war, hatte sie sich über die Zukunft keine Gedanken gemacht und nicht überlegt, wie sie mit György und dem wenigen Geld, das sie besaß, durchkommen sollte.
Der Prinz hat recht. Er ist sehr … sehr gütig, dachte sie, als sie Newman durch die Halle folgte.
Plötzlich hatte sie Angst, er könnte seine Meinung geändert haben und sie doch noch fortschicken. Als sie jedoch den bezaubernden, sonnenüberfluteten Wohnraum betrat und er sich bei ihrem Anblick erhob, wußte sie, daß alles gut war.
Es war, als spürte er ihre geheimen Ängste, denn er kam ihr entgegen und faßte nach ihrer Hand.
„Darf ich dir Forella Rákózi vorstellen, Cousine Maria?“ sagte er. „Das ist die junge Dame, von der ich dir erzählt habe.“
Er sprach ungarisch, und die Prinzessin streckte Forella die Hand hin und sagte ebenfalls in ihrer Landessprache: „Sie Ärmste, es tut mir so leid für Sie. Natürlich können Sie hier wohnen, solange Sie möchten. Es wird mir ein Vergnügen sein, mich in meiner Muttersprache unterhalten zu können.“
Forella machte einen Knicks: „Das ist sehr gütig.“
Sie stellte fest, daß die Prinzessin in ihrer Jugend eine Schönheit gewesen sein mußte und auch im hohen Alter noch über eine Ausstrahlung verfügte, die Persönlichkeit und Charakterstärke verriet.
Forella fühlte sich vom ersten Augenblick an zu ihr hingezogen und spürte, daß es der Prinzessin ebenso erging.
Als sie Platz gekommen hatten, stellte die Prinzessin fest: „Sie sind sehr hübsch, aber das ist nicht verwunderlich, denn die Rákózi sind für ihre schönen Frauen berühmt, nicht wahr, János?“
„Das ist mir auch schon zu Ohren gekommen“, erwiderte der Prinz. „Jedenfalls bin ich ganz deiner Meinung.“
„Sie schmeicheln mir“, sagte Forella und blinzelte den Prinzen verstohlen an, um ihm zu zeigen, wie sehr sie sich über seine Schauspielerei amüsierte.
„Ich fürchte, hier wird es sehr langweilig für Sie sein“, wandte sich die Prinzessin an sie. „János teilte mir aber mit, daß Sie in Trauer sind und Ruhe suchen.“
„Die hoffe ich hier zu finden“, erwiderte Forella, „und ich möchte Ihnen danken, daß Sie mich als Gast bei sich aufnehmen wollen.“
„Ich habe Ihnen zu danken“, entgegnete die Prinzessin, „denn dieser Ort ist nicht gerade ein Born der Freude und Heiterkeit.“
Ein vorwurfsvoller Blick traf den Prinzen, doch er lachte nur.
„Du willst mein Mitleid erregen, Maria, wie?“ stellte er fest. „Dabei weißt du genausogut wie ich,
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