Die Schoene und der Prinz
Sie, sobald wir im Landhaus angekommen sind, Ihrem Onkel eine Nachricht zukommen lassen.“
„Eine Nachricht?“ Ängstlich sah sie ihn an.
„Sie sollen ihm nur mitteilen, daß Sie bei Freunden wohnen werden“, erklärte der Prinz, „daß Sie in Sicherheit sind und er sich um Sie keine Sorgen machen soll.“
Da der Gedanke ihr offensichtlich Unbehagen bereitete, fügte er erklärend hinzu: „Wenn Sie einfach verschwinden, besteht die Wahrscheinlichkeit, daß Ihr Onkel die Polizei oder irgendwelche Detektive beauftragt, Sie zu finden.“
Forella sah ihn entsetzt an. „Das darf nicht geschehen.“
„Natürlich nicht“, pflichtete er ihr bei. „Deshalb ist es ja so wichtig, daß Ihr Onkel eine Nachricht von Ihnen erhält, ohne Absender, versteht sich.“
„Sie denken einfach an alles“, sagte Forella nach einigem Nachdenken bewundernd. „Ich bin Ihnen von ganzem Herzen dankbar.“
Dabei überlegte sie, daß nur ein Ungar imstande war, sich derart in die Lage eines anderen zu versetzen und einen so perfekten Komplott zu schmieden, wobei er auch zu verstehen schien, daß sie nicht zurückkehren und den Grafen Sherburn heiraten konnte.
Da dem Prinzen wenig Zeit blieb, um rechtzeitig wieder im Schloß zu sein, galoppierten sie Seite an Seite durch das Gelände und hielten sich nicht mehr mit Gesprächen auf.
Vereinzelte Bauernhäuser tauchten in der Ferne auf, ansonsten ritten sie durch eine menschenleere Gegend.
„Da vorn ist Little Ledbury“, sagte der Prinz schließlich.
Zunächst konnte Forella nur Bäume sehen, dann entdeckte sie Strohdächer dazwischen.
Als sie näher kamen, erblickte sie ein kleines Dorf, das mit seinen schwarz-weißen Häusern aussah wie aus der Spielzeugkiste.
Jedes Häuschen hatte einen Vorgarten mit einer Fülle von Blumen. Außer einem Krämerladen gab es sonst nur noch eine kleine Kirche aus grauem Sandstein.
Der Prinz beantwortete ihre unausgesprochene Frage, während sie daran vorüberritten: „Sie stammt aus dem 17. Jahrhundert und gilt als eine der typischsten Bauten aus dieser Epoche.“
Fünfzig Meter hinter der Kirche passierten sie ein Tor mit Löwenwappen an beiden Pfosten. Ledbury Manor stammte Forellas Schätzung nach aus der gleichen Zeit wie die Dorfkirche.
Die Giebel und Türmchen aus grauem Sandstein boten einen bezaubernden Anblick. Über dem Eingang verkündete eine Tafel, daß der erste Eigentümer des Herrenhauses 1623 eingezogen war.
Es bestand nur aus drei Etagen, hatte hübsche rautenförmige Fenster und war an einer Seite von einer hohen Mauer begrenzt. Wie ein verwunschenes Märchenschloß wirkte es vor allem deshalb, weil auf dem Dach, den Fenstersimsen und Mauervorsprüngen überall weiße Tauben umherflatterten.
Das sah so hübsch aus, daß Forella entzückt ausrief: „Tauben! Die Gefährten der Aphrodite!“
Ohne darauf einzugehen, ritt der Prinz weiter. Sein Gesicht hatte einen eigenartig verschlossenen Ausdruck, den sie sich nicht erklären konnte. Bevor sie ihn nach dem Grund fragen konnte, hatten sie bereits den Eingang erreicht. Zwei Stallburschen, die den Prinzen respektvoll grüßten, nahmen die Pferde in Empfang und führten sie in den Stall.
György versuchte wieder zu bocken, aber er war offensichtlich erschöpft von dem langen Ritt und dem scharfen Tempo, das Jóska vorgelegt hatte, daß es dem Stallburschen mühelos gelang, ihn zu beruhigen.
Forella, die besorgt zugeschaut hatte, atmete erleichtert auf. „Keine Sorge“, beruhigte sie der Prinz. „Thomas ist ein sehr erfahrener Mann, sonst hätte ich ihm nicht die Aufsicht über meinen Stall anvertraut.“
Das klang so, als gäbe es im Manor eine stattliche Anzahl Pferde. Auf dem Weg zum Haus überlegte sich Forella, wozu er sie wohl auf diesem Landsitz hielt, da seine Cousine doch seiner Aussage nach gehbehindert war und nicht mehr reiten konnte.
Doch dann konzentrierte sie sich auf die Begegnung mit der Bewohnerin des Hauses und darauf, ihre Rolle gut zu spielen. Nachdem der Prinz den Butler begrüßt hatte, wandte er sich an seine Begleiterin.
„Sicher möchten Sie sich etwas frisch machen. Inzwischen werde ich meine Cousine aufsuchen und sie in alles einweihen.“
Er wandte sich an den Butler. „Sorgen Sie bitte dafür, daß Ihre Frau sich meines Gastes annimmt, Newman, und geleiten Sie sie dann ins Wohnzimmer, wo sich die Prinzessin zweifellos aufhalten wird.“
„Sehr wohl. Euer Hoheit“, erwiderte Newman.
Er führte Forella nach oben, wo sie von
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