Die Schoene und der Prinz
daß die Ärzte dir Ruhe verordnet haben und dieser Ort zumindest im Augenblick genau das richtige für dich ist.“
Begütigend legte die Prinzessin die Hand auf seinen Arm. „Ich beklage mich ja gar nicht, János“, lenkte sie ein. „Du hast so viel für mich getan, daß ich dir gar nicht genug danken kann.“
„Jetzt machst du mich aber sehr verlegen“, wehrte der Prinz ab. „Deshalb werde ich euch jetzt verlassen, um mich um meine Gäste zu kümmern. Bei dir weiß ich Forella in bester Obhut.“
„Hast du die übliche Kollektion vergnügungssüchtiger schöner Frauen und gutaussehender Schürzenjäger um dich versammelt?“ wollte die Prinzessin wissen.
„Du triffst den Nagel auf den Kopf“, bestätigte der Prinz lachend und küßte ihre Hand. „Verzeih, wenn ich Forella einen Moment ins Frühstückszimmer entführe. Sie muß mir noch die Adressen einiger Leute geben, die ich für sie anschreiben soll.“
Forella erhob sich gehorsam, und die Prinzessin fragte ihren Vetter: „Wann sehen wir dich wieder?“
„Sehr bald“, erwiderte der Prinz. „Vermutlich bevor ich nach London zurückkehre, sobald meine Gäste abgereist sind.“
„Das wäre reizend“, sagte die Prinzessin erfreut. Sie ließ sich wieder in ihren Sessel sinken und sah Forella und dem Prinzen nach, als sie das Zimmer verließen.
Dann nahm sie die Zeitung wieder auf, bei deren Lektüre sie durch ihre Gäste unterbrochen worden war, und suchte in der Gesellschaftskolumne nach dem Namen ihres Vetters.
Im Frühstückszimmer schloß der Prinz sorgfältig die Tür hinter sich.
„Schreiben Sie jetzt den Brief an Ihren Onkel“, forderte er Forella auf. „Außerdem möchte ich Sie um Ihre Maße bitten.“
„Meine Maße?“ rief Forella verdutzt aus.
„Sicher wollen Sie nicht tagaus tagein dasselbe tragen, oder?“ erwiderte er. „Bei Ihnen bewahrheitet sich der berühmte Ausspruch aller Frauen: ‚Ich habe nichts anzuziehen! 4 “
„Ich habe es wirklich vergessen“, gab Forella zu. „Vermutlich wird die Prinzessin befremdet sein, wenn sie es merkt.“
„Sehr befremdet“, bestätigte der Prinz. „Deshalb werde ich einige Sachen für Sie aus London kommen lassen.“
Leichte Röte stieg Forella in die Wangen, als sie verlegen sagte: „Ich … ich fühle mich sehr in Ihrer Schuld.“
„Was Sie wirklich damit sagen wollen“, erklärte der Prinz, „ist wohl, daß so etwas nicht den Konventionen entspricht. Aber eigentlich ist alles, was Sie bisher getan haben, sehr unkonventionell, Forella. Im übrigen stehen Sie überhaupt nicht in meiner Schuld. Es ist eher umgekehrt. Schließlich ist Ihnen unter meinem Dach übel mitgespielt worden, und dafür fühle ich mich mitverantwortlich.“
„Derjenige, der mich derart kompromittiert hat, ist Graf Sherburn“. erklärte Forella aufbrausend. „Er ist für mein Mißgeschick verantwortlich, nicht Sie!“
„Worauf Sie ihn vermutlich niemals hinweisen werden oder wollen, stimmt’s?“ fragte der Prinz lächelnd.
Forella wehrte in gespieltem Entsetzen ab. „Das fehlte mir noch!“
Sie nahm am Schreibpult vor dem Fenster Platz, legte sich einen Briefbogen zurecht und schnitt sorgfältig die Insignien des Prinzen, die oben aufgedruckt waren, ab.
Sorgfältig überlegte sie jedes Wort, bevor sie es niederschrieb.
„Lieber Onkel George,
ich habe euch verlassen, weil es mir unmöglich ist, den Grafen Sherburn zu heiraten, der selbst keinerlei Neigung zu einer solchen Verbindung zeigte.
Mir blieb daher nichts anderes übrig, als zu verschwinden, damit niemand erfährt, was geschehen ist, und man mich gewiß bald vergessen hat. Ich werde bei Freunden wohnen und bin in Sicherheit. Mach Dir also um mich keine Sorgen und versuche nicht, mich zu finden.
Vielen Dank für Deine Güte und Dein Verständnis.
Deine dich liebende Nichte Forella“
Nachdem sie ihre Zeilen noch einmal durchgelesen hatte, reichte sie den Bogen dem Prinzen, der am Kamin stand und seinen Gedanken nachzuhängen schien.
„Sehr gut!“ lobte er, nachdem er den Brief gelesen hatte. „Achten Sie darauf, daß Sie einen neutralen Umschlag benutzen. “
Forella fand einen in der Schreibmappe, steckte den Bogen hinein und versiegelte das Kuvert. Auf einem Zettel notierte sie dann noch ihre Maße, die sie nach den vielen Anproben in London mit ihrer Tante auswendig kannte.
Dann händigte sie beides dem Prinzen aus. „Ich fürchte, ich habe nur ein Kleid und ein Nachthemd bei mir“, sagte sie dann,
Weitere Kostenlose Bücher