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Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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Jemand muss das Grab aufgemacht haben, er hat den Sarg aufgebrochen und sie mitgenommen.
    – Sie mitgenommen?
    – Sie ist nicht mehr da, oder?
    – Und du bist dir sicher, dass sie im Sarg war?
    – Ja, ich bin mir sicher. Sie haben den Deckel zugemacht, sie hierhergebracht und hinuntergelassen.
    – Das kann nicht sein.
    – Doch. Irgendjemand hat deine Schwester gestohlen.
    – Gestohlen?
    – Bingo.
    – Warum bist du nur aufgestanden? Deine Scheißuhr, wegen dieser Scheißuhr stehen wir jetzt hier.
    – Begreifst du das nicht? Sie ist weg, deine Schwester, ihre Leiche, sie ist nicht mehr da.
    – Ich kann das nicht glauben.
    – Alles sah so aus, wie ich es hinterlassen habe, keine Erde, wo sie nicht sein sollte, die Kränze. Wir müssen zu Tilda.
    – Max.
    – Was?
    – Da unten ist deine Uhr.
    Plötzlich lacht sie. Sie prustet los, kann sich kaum halten. Er nimmt sie in den Arm, ob sie es will oder nicht, sie lacht hysterisch, zittert. Neben ihnen der leere Sarg. Unten die Uhr in der Erde.

Sieben
    Tilda macht Kaffee, während sie auf die Spurensicherung warten. Emma sitzt in eine Decke gewickelt an Tildas Tisch, sie fragt nach Schnaps. Max erklärt, was passiert ist, und bittet Tilda, das mit der Uhr für sich zu behalten. Er ist wütend, er will Marga zurück, er will die Zeiger zurückdrehen. Nicht um Tage, nur für Stunden. Er geht mit Tilda zum Grab, Emma bleibt mit der Flasche Schnaps zurück.
    – Max, Max, Max.
    – Du weißt, wie wichtig sie mir ist.
    – Emma?
    – Die Uhr.
    – Ja, ich weiß, Max. Trotzdem ist es nur eine Uhr.
    – Sie ist weg, Tilda.
    – Jetzt lass mich bitte endlich mit deiner Uhr in Ruhe.
    – Ich meinte Marga. Die Uhr ist jetzt da.
    – Wer um Himmels willen stiehlt eine Leiche? Kannst du mir das erklären? Wer? Und warum? Warum dieses Mädchen?
    – Du bist bei der Kripo.
    – Wenn du nicht aufgegraben hättest, hätten wir das nie erfahren.
    – Nein, hätten wir nicht. Er hat das gut gemacht, sehr gut. Ich hätte es von außen nicht bemerkt, alles war an seinem Platz, die Erde, die Kränze. Das war sehr gute Arbeit.
    – Hast du nichts gehört?
    – Nein.
    – Irgendjemand muss etwas gehört haben.
    – Nein, Tilda, ich habe nein gesagt.
    – Bleib ganz ruhig.
    – Tut mir leid.
    – Glaubst du, dass das ein Einzelner schafft? Das Grab zu öffnen, den Sarg. War es einer, waren es zwei, was meinst du?
    – Einer, der sich auskennt, kann das alleine schaffen. Ich habe das Grab auch alleine geöffnet.
    – Wer, Max? Warum?
    – Wie gesagt, du bist die Kriminalbeamtin.
    – Die Spurensicherung wird hier alles umgraben. Wenn er irgendwo ein Stück von sich verloren hat, finden wir es.
    – Was will er mit der Leiche?
    – Erpressung, Nekrophilie, was weiß ich.
    – Du meinst, jemand macht mit der Leiche rum?
    – Sie war eine sehr schöne Frau.
    – War sie das? Sie wog vielleicht 40 Kilo.
    – Die Modewelt sagt, sie war perfekt.
    – Das ist krank, Tilda.
    – Mädchen, Mädchen, wo bist du hin?
    – Vielleicht hat dieser Kattnig sie ausgegraben. So wie der sich aufgeführt hat. Vielleicht liegt sie in seinem Schlafzimmer und er besteigt sie gerade.
    – Jetzt lass mal gut sein, mein Lieber, immer mit der Ruhe. Bevor wir hier jemanden ans Kreuz nageln, reden wir mit den Leuten. Und du verhältst dich ruhig.
    – Das ist mein Friedhof.
    – Und das ist meine Ermittlung.
    – Niemand stiehlt hier eine Leiche. Niemand.
    – Anscheinend doch.
    – Ich kann dir helfen, sie zu finden.
    – Du hältst dich raus. Und das ist keine Bitte, Max.
    Dann wird es hell am Friedhof. Scheinwerfer, Schaulustige auf der Friedhofsmauer, Absperrungen, Menschen in weißen Overalls, fünf Kriminalbeamte der Spurensicherung, die jeden Stein umdrehen, jedes Stück Erde. Sie packen Knochen in kleine Plastiktüten, Holzsplitter.
    Max schaut zu, Tilda teilt die Beamten ein, sagt ihnen, sie sollen mit den Nachbarn sprechen, alles absperren, der Sarg wird untersucht, Abdrücke werden genommen, Fotos werden gemacht. Sie drängen sich zwischen den Gräbern, murmeln, arbeiten bis zum Morgen. Max schleicht um sie herum, immer wieder löchert er Tilda mit Fragen: Wie es weitergeht. Was sie unternehmen will. Ob sie mit Kattnig reden wird. Wann sie es August sagt. Ob sie ihm das mit der Uhr erzählen wird. Tilda bringt ihn zum Schweigen, sie sagt, die Regeln würden auch für ihn gelten, sie ist strenger als sonst.
    Komm am Nachmittag zu mir ins Büro, sagt sie, da kannst du deine Zeugenaussage machen und

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