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Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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das alles hier.
    – Nicht über Tote.
    – Du bist Totengräber, Dennis.
    – Ich bin Gemeindearbeiter.
    – Wenn du meinst. Dann geh und wasch das Werkzeug.
    –
    – Bleib da, war nicht so gemeint.
    – Du weißt, dass ich gerne hier bin. Dass ich gerne mit dir Suppe esse. Aber Johanna. Ich muss.
    – Ist schon gut.
    – Sie ist die Einzige, die sich mit mir trifft.
    – Du magst sie?
    – Sehr.
    – Das hast du dir verdient.
    – Max?
    – Ja.
    – Darf ich dich was fragen?
    – Immer.
    – Du liebst diese Frau?
    – Welche Frau?
    – Emma.
    – Was soll das, Dennis?
    – Ich wollte dich fragen, was du bereit wärst zu tun für sie.
    – Warum fragst du mich das? Wie kommst du überhaupt darauf?
    – Johannas Vater.
    – Er will nicht, dass sie mit dir zusammen ist?
    – Genau.
    – Du willst sie aber trotzdem.
    – Ja.
    – Und du überlegst, was du machen sollst?
    – Ja.
    – Wenn sie dich liebt, solltest du alles für sie tun.
    – Alles?
    – Ja, alles.
    – Danke, Max.
    – Wofür?
    – Du weißt wofür.
    – Hau ab jetzt, mein Lieber.
    Max gibt ihm einen Klaps auf den Hintern, dann geht er durch das Friedhofstor. Baroni ist nach Wien geflogen. Max vermisst ihn, mit ihm wäre er jetzt gerne zusammengesessen, nicht mit Stein und den Schwarzgekleideten. Doch Max hat nichts Besseres zu tun, er geht zum Leichenschmaus, er wird auf die Nudelsuppe verzichten und nur Bier trinken. Er wird Emma ein letztes Mal zuschauen, bevor sie wieder aus seinem Leben verschwindet. Wie sie isst, wie sie mit August redet, vielleicht mit dem Pfarrer. Wie sie Wein trinkt. Er wird ihr zuschauen. Nur zuschauen.
    Max sitzt nicht weit von ihr. Weiße Tischdecken zwischen ihnen, Hirschgeweihe an den Wänden, Maggi und Salz. Sie trinkt, er trinkt. Augusts Mutter sitzt zwischen ihr und ihrem Sohn, sie klopft mit ihrer alten Hand auf Augusts Schulter, wippt mit ihrem Oberkörper immer wieder vor und zurück. August schweigt. Er redet nicht, mit niemandem, sogar den Pfarrer weist er zurück. Er sitzt nur da und starrt. Max beobachtet ihn, seine Trauer, und fragt sich, wie groß das Loch ist, das Marga in ihn hineingerissen hat. Max erinnert sich, wie groß seines war. Augusts Mutter hört nicht auf, ihren Sohn zu streicheln, sie murmelt vor sich hin, wahrscheinlich betet sie. Emma neben ihr, wie sie trinkt, zu schnell, zu viel, wie sie beginnt zu lachen, laut. Wie sie etwas Gutes sagen will über Marga und es nicht kann, wie sie sich immer noch ein Glas einschenkt. Wie sie es nach unten stürzt. Dann wie ihre Zunge schwer wird und Max zu ihr hinübergeht, ihr helfen will, sie liebevoll stoppt. Er nimmt sie, zieht sie an, stützt sie, bringt sie nach Hause, schiebt sie die Treppe nach oben. Er legt sie ins Bett und deckt sie zu.
    Das war er ihr schuldig, er hätte sie nicht dort lassen können, sie hätte weitergetrunken, etwas gesagt, das ihr hinterher leidgetan hätte, vielleicht hätte sie sich über Augusts Mutter übergeben. Er musste ihr helfen, er musste sie ins Bett bringen. Dass sie ihn jetzt aufhält, damit hat er nicht gerechnet. Dass sie sagt, er soll bei ihr bleiben. Dass sie zu weinen beginnt. Dass sie die Hand nach ihm ausstreckt.
    Halte mich, sagt sie. Halte mich einfach nur.
    Sie weint in seinen Armen. Sie hört nicht auf, sie zittert, schluchzt. Dann schläft sie ein, und er bleibt bei ihr. Immer wieder wacht sie auf, beginnt zu weinen, sie hält seine Hand fest, redet über Marga. Max hört zu, hält sie, bis sie wieder einschläft, ganz nah, an ihn geschmiegt. Wie er wach bleibt und sie beschützt, wie er mit seinen Fingern ihre Wange berührt, sie streichelt. Wie unruhig sie schläft, immer wieder schreckt sie auf, weint weiter. Die ganze Nacht ist er neben ihr. Er denkt nach, er will für sie da sein, er will, dass sie geht, er will sie nicht in seinem Leben, er will nicht, dass ihm die Kontrolle entgleitet, er will ihr nicht so nah sein. Ihr Gesicht auf seiner Brust.
    Um fünf Uhr früh schläft auch er ein. Arm in Arm liegen sie da, wie früher, vertraut, ihr Körper ganz nah an seinem, fast bis Mittag. Max wacht als Erster auf. Emma klebt immer noch an ihm, er spürt sie, ihre Haut, sie ist so nah, es fühlt sich so gut an. Sie schläft, und er rührt sich nicht, liegt nur da und spürt sie. Dann bewegt sie sich, legt ihre Arme noch enger um ihn, räuspert sich. Wohlige Laute kommen aus ihrem Mund, wie eine Katze kuschelt sie sich an ihn. Max genießt, es zu sehen, wie langsam wieder Leben in sie kommt, er streichelt

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