Die Schöne und der Tod (1)
Max und Baroni ein Bier hinstellt, ohne zu fragen. Wie drei Männer wortlos um den kleinen Tisch sitzen. Augusts Mutter spült Geschirr. Max und Baroni trinken Bier, gelassen, sie warten ab. Max weiß, was er zu tun hat, wie er es anstellen muss. Damals in Wien war er der Liebling des Chefredakteurs, er sagte immer, Max hätte diesen besonderen Riecher, das Gespür für die Menschen, das Feingefühl. Er sagte, dass Max eine große Karriere erwartete, nach drei Jahren als freier Mitarbeiter durfte er bereits die großen Geschichten schreiben, die Aufmacher, die Titelstorys. Der Chefredakteur hätte alles für ihn getan, ihn eingestellt, ihm alle Türen nach oben geöffnet, für ihn war Max das Wunderkind in der Redaktion, der Junge vom Land, der in Wien umrührte, der Publizistikstudent, der sein Studium nicht an der Uni machte, sondern auf der Straße. Ein Verbrechen sei es, hat der Chefredakteur gesagt, diese Gabe einfach auf den Müll zu werfen, sein Studium abzubrechen, bei der Zeitung aufzuhören, um irgendwo in den Bergen Leichen zu vergraben.
Max ist trotzdem gegangen, auch wenn es ihm schmeichelte, so begehrt zu sein. Der Chefredakteur hatte auf ihn eingeredet, Emma hatte nächtelang versucht ihn zurückzuhalten, aber nichts hatte geholfen. Sein Platz ist genau hier. Im Dorf. In Augusts Küche.
Baroni soll August locker machen, so haben sie es vorher besprochen, er soll ihn aus der Schwere holen, ihn mit Details aus seinem Fußballerleben füttern. Baroni holt weit aus, er weiß, was die Fans wissen wollen, Interna, Hintergründe, Ablösesummen. August vergisst für kurze Zeit den Schock, der ihn am Morgen getroffen hat, seine tote Frau, den verschwundenen Körper. Er hört gebannt zu, fragt, fühlt sich geschmeichelt, weil Baroni in seiner Küche sitzt.
Baroni redet, prahlt, August staunt. Dann mischt sich Max ein, kommt vom Fußball zum Bauersein, er will, dass August erzählt, von seinem Leben, dass er das Gefühl bekommt, wichtig zu sein, ebenso wichtig wie Baroni, der Max zuliebe neugierig an Augusts Lippen klebt. Sie hören Geschichten über Schweine, über den Alltag am Hof, über das Schlachten. Baroni fragt, wie man sie tötet, wie das mit dem Bolzenschussapparat funktioniert, wie man sie ausnimmt, wie lange es dauert, bis aus dem Schwein Speck wird. August erzählt.
Max trinkt sein Bier aus und bringt Marga ins Spiel. Er beginnt ganz am Anfang, wie er sich beworben hat für
Bauer sucht Frau
, wie sie sich kennengelernt haben, dann die Liebe, der Umzug ins Dorf, das Modeln. August genießt es, dass man sich für ihn interessiert, dass Baronis Augen so aufmerksam in seiner Küche sind. Er erzählt Max alles, was er wissen will. Zu dritt sitzen sie am Tisch und trinken.
August beschreibt, wie Margas Foto aus den Zusendungen der Frauen herausstach, wie er sich schon beim Betrachten des Fotos in sie verliebte, wie aufregend es klang, dass sie Model gewesen war, international erfolgreich. Wie sehr sie ihn beeindruckt hat, zuerst auf dem Fotopapier und dann in Wirklichkeit. Die zwei Wochen mit ihr am Hof waren wunderschön, obwohl da das Kamerateam war und die anderen beiden Kandidatinnen. August wollte Marga, und irgendwann wollte auch Marga August. Wie er darüber redet. Über seine tote Frau, über Marga, über ihren Körper, wie sie gelacht hat, wie ebenmäßig ihre Haut war. Wie sie ihm von Kattnig erzählt hat, wie sehr sie sich dafür schämte, dass sie etwas mit ihm gehabt hatte.
Er ist ein krankes Arschloch, sagt August.
Mit Schnaps in der Hand erzählt er, wie eifersüchtig der kleine, gierige Agent war, wie sehr er ihn von sich wegwünschte, von Marga, aber wie er sich mit ihm arrangieren musste. Kattnig hatte Marga in die Sendung gebracht, er wusste, wie das Geschäft funktioniert, er brachte sie wieder in die Zeitungen, organisierte Side-Events, Interviews. Marga wollte es so. Ruhig sitzt August da, mit fester Stimme redet er. August über Kattnig, ohne Leidenschaft, über Marga, sachlich, kalt fast. Immer wieder trinkt er aus dem Schnapsglas, überlegt, kontrolliert sich, zeigt nicht, was hinter seiner Haut ist, was in ihm vorgeht. Er bleibt still auf seinem Sessel und nippt. Seine Stimme, Baronis Augen.
Ob er sie wirklich geliebt hat, fragt sich Max, während er ihm zuschaut, ihm zuhört. Baroni sitzt mit Augusts Mutter auf der Couch hinter ihnen, er ist aufgestanden, wollte Max nicht in die Quere kommen. Er nickte ihm zu und setzte sich zu der alten Frau, die in einem Fotoalbum
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