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Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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den Leuten zu, wie sie zu den Flugsteigen rennen, wie sie warten. Er ist müde, seine Füße tun weh, er will Tilda anrufen, als sich eine Hand auf seine Schulter legt. Er weiß bei der ersten Berührung, dass sie es ist.
    – Was machst du hier?
    – Ich fliege nach London. Was machst du hier?
    – Ich fliege zurück in mein Dorf.
    – Was hast du in Wien gemacht?
    – Ich war wegen Marga hier.
    – Wegen Marga.
    – Ja, ich war in dem Haus, aus dem sie gesprungen ist.
    – Ich möchte nichts davon wissen.
    – Warum?
    – Sie ist tot, wir haben sie begraben, für mich ist die Geschichte hier zu Ende.
    – Für mich nicht.
    – Ich muss zu meinem Gate.
    – Warte noch.
    – Worauf?
    – Vielleicht war ich nicht nur wegen Marga hier.
    – Vielleicht?
    – Ich habe dich gesucht. Ich war überall. Wo warst du denn?
    – Ich war im Museum, du weißt ja, Schiele.
    – Ich wusste, dass du dorthin gehen würdest, ich war auch da. Aber ich habe dich nicht gesehen. Ich war überall, sogar auf der Damentoilette.
    – Ich weiß.
    – Du hast mich gesehen.
    – Gehört.
    – Warum hast du nichts gesagt? Warum nicht, Emma? Ich bin die halbe Stadt abgelaufen.
    – Ich wollte dich nicht sehen.
    – Warum?
    – Warum hast du mich gesucht?
    – Ich wollte mit dir reden.
    – Warum? Worüber wolltest du reden, Max?
    – Über uns.
    – Was, Max?
    –
    – Mein Flug, Max.
    – Warte.
    – Was noch? Wie lange willst du mich ansehen? Wenn du etwas sagen willst, dann rede.
    – Wie lange fliegst du?
    – Das wolltest du mich fragen?
    – Nein.
    – Was dann? Ich muss gehen.
    – Kommst du wieder? Nach Wien? Könntest du dir vorstellen, wieder hier zu leben?
    – Warum sollte ich?
    –
    – Max? Sag es mir, bitte.
    – Ich kann nicht.
    – Ich bin hier, Max, ich stehe vor dir. Wenn du willst, verschiebe ich meinen Flug, wir fahren zurück in die Stadt, wir können reden.
    – Nein.
    – Was nein?
    – Ich wünsch dir einen guten Flug, Emma.
    Sie dreht sich um und geht. Max schweigt. Er hat sie gehen lassen, sie nicht aufgehalten, festgehalten, sie nicht geküsst, sie nicht in den Arm genommen, nichts. Max schaut ihr nach, er steht einfach nur da und wartet, bis sie aus seinem Blickfeld verschwindet. Dann ruft er Tilda an.

Einundzwanzig
    Tilda holt ihn vom Flughafen ab und bringt ihn zurück ins Dorf. Was er ihr erzählt, macht sie wütend, dass er ohne ein Wort nach Wien gefahren ist, dass er mit diesen Leuten gesprochen, dass er sich in Gefahr gebracht hat. Max erzählt von seinem Gespräch mit Kattnig, von den Anschuldigungen gegen August, doch sie schüttelt den Kopf.
    – August kann nichts damit zu tun haben, nicht mit Marga, nicht mit Dennis. Er wird erpresst, falls du das vergessen hast.
    – Wer soll es sonst gewesen sein?
    – Alles spricht für Kattnig. Diese bizarre Liebe zu Marga, dieser Gefühlsausbruch bei der Beerdigung. Vielleicht wollte er die Frau, die er nicht bekommen konnte, als sie lebte, wenigstens nach ihrem Tod für sich allein haben.
    – Blödsinn.
    – Du musst dich damit abfinden, Max.
    – Aber das, was Kattnig über August erzählt hat. Er ist nicht der, der er vorgibt zu sein, er ist ein Spieler, er hat Schulden, er hat seine Frau betrogen.
    – Jeder hat seine dunkle Seite. August ist ein armes Schwein, mehr nicht. Du siehst ja, wie gebrochen er ist, wie er trauert.
    – Das ist nicht echt.
    – Wie kommst du dazu, so etwas zu sagen? Du weißt selbst gut genug, wie das ist, wenn man jemanden verliert.
    – Ja, das weiß ich.
    – Du überschätzt dich, das geht zu weit. Der Mann ist fertig, die Tränen sind echt, ich habe ihn weinen sehen.
    – Er hat mit uns über Fußball geredet und Schnaps gesoffen.
    – Das steht dir nicht zu, Max.
    – Was steht mir nicht zu?
    – Dass du ihm seine Trauer absprichst.
    – Ich weiß, dass er dieses Theater nur inszeniert.
    – Aber woher, Max, woher willst du das wissen? Du hast keinen einzigen Beweis, es gibt kein Motiv, nichts. Er ist das Opfer, nicht der Täter. Jemand will Geld von ihm, damit er seine tote Frau wieder bekommt.
    – Aber es gibt immer noch nichts Neues zur Lösegeldübergabe, oder?
    – Nein.
    – Ist doch seltsam, oder?
    – Alles an dem Fall ist seltsam.
    – Und?
    – Wir können nichts tun, solange kein weiterer Brief kommt.
    – Ihr könnt den Müll durchsuchen, ihr könnt das Dorf auf den Kopf stellen. In irgendeinem Kübel liegt eine Zeitung mit ausgeschnittenen Buchstaben.
    – Ich habe noch andere Fälle, Max. Wir warten ab, was passiert,

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