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Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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tun alles für ihre Kinder.
    – Du denkst, es könnte die Alte gewesen sein?
    – Warum nicht? Wer sonst? Wenn du mit deinem Verdacht Recht hast, dann gibt es nur diese zwei Möglichkeiten.
    – Das ist es. Du hast Recht.
    – Aber wir haben keine Beweise, dass es wirklich so war, mein Lieber.
    – Nein, keine Beweise. Aber ein Gefühl. Und mein Gefühl täuscht mich nicht.
    – Du solltest jetzt besser schlafen, Max, deine Stimme klingt fürchterlich.
    – Ich weiß.
    – Lass uns morgen reden.
    – Ja.
    – Gute Nacht, Max.
    – Hanni?
    – Ja?
    – Warte noch einen Moment.
    – Was ist?
    – Ich denke nicht, dass wir es noch einmal tun sollten.
    – Was?
    – Das, was wir gestern getan haben.
    – Denkst du?
    – Ja.
    – Und was fühlst du?
    – Darum geht es nicht.
    – Worum dann?
    – Darum, dass es nicht gut ist, wenn wir wieder von vorne anfangen.
    – Ich fand es schön.
    – War es auch, aber das bringt doch nichts.
    – Was muss es bringen, Max?
    – Vielleicht gehe ich weg.
    – Was tust du?
    – Weggehen, vielleicht.
    – Wohin?
    – Wien.
    – Warum?
    – Warum nicht. Vielleicht bin ich schon zu lange hier.
    – Es geht um Emma, stimmts? Immer ging es um Emma. Kaum taucht sie auf, kann unser Max nicht mehr gerade denken.
    – Das hat mit Emma nichts zu tun.
    – Womit denn dann? Du bist doch glücklich hier.
    – Bin ich das?
    – Ja, bist du. Du hast Arbeit, Freunde, du hast die Sauna. Und du hast mich.
    – Ich wollte Journalist werden.
    – Bist du aber nicht geworden.
    – Heute grabe ich Löcher für Leichen.
    – Und ich brate Würste.
    – Bravo.
    – Wenn dir das nicht gut genug ist, kannst du ja auflegen.
    – Tut mir leid.
    – Was willst du eigentlich? Willst du ihr ewig hinterherlaufen? Sie hat dich abserviert damals.
    – Lass das.
    – Ich kann es dir immer wieder vorsagen, auch wenn du es nicht hören willst, sie war nicht gut zu dir, sie hat dich betrogen.
    – Tu das nicht, bitte.
    – Kaum warst du zwei Wochen hier, hat sie sich einen anderen gesucht. Du kümmerst dich um deinen Vater und sie treibt es mit einem anderen. So war es doch. Deine tolle Emma.
    – Muss das sein?
    – Ja, muss es. Weil es genau so war, sie hat dich gehen lassen, sie hat dich nicht zurückgehalten, sie hat sich einfach einen anderen ins Bett geholt.
    – Das ist lange her.
    – Du bist immer noch gleich blind. Du hast ihr verziehen und sie hat es wieder getan. Und wieder. Deshalb bist du hier geblieben, nicht wegen deinem Vater.
    – Du hast keine Ahnung.
    – Genau so war das, Max. Ich kenne dich, ich weiß, was in dir vorgeht.
    – Gar nichts weißt du.
    – Du bist wirklich ein Idiot.
    – Jetzt reicht es, oder?
    – Das habe ich nie mit dir gemacht, das, was sie getan hat.
    – Das weiß ich doch.
    – Warum dann?
    – Warum was?
    – Warum greifst du sie immer wieder an? Warum schläfst du mit ihr? Sag es mir.
    – Das geht dich nichts an.
    – Doch, tut es. Sie musste nur anrufen, nach Jahren, einmal ihre Stimme am Telefon und du hast alles hingeworfen, einfach so, hast einfach Schluss gemacht mit mir.
    – Ich dachte, das hätten wir hinter uns.
    – Haben wir nicht.
    – Ich habe im Moment andere Sorgen, Hanni. Lass uns über etwas anderes reden. Ich kann nicht mehr.
    – Du sollst die Finger von ihr lassen, sie tut dir nicht gut.
    – Bitte, Hanni.
    – Ich würde dich sehr vermissen, wenn du gehst.
    – Ich würde nach Wien gehen. Emma lebt in London.
    – London, Wien, das ist doch dasselbe.
    – Ist es das?
    – Ja.
    – Wolltest du nie weg?
    – Ich kann weg, wenn ich will, der Flughafen ist dreißig Minuten von hier entfernt.
    – Irgendwoanders leben, meine ich.
    – Warum sollte ich?
    – Du könntest Kunst studieren.
    – Ich verkaufe Würste, Max.
    – Das könntest du auch in Wien tun.
    – In Wien gibt es bestimmt fünfhundert Würstelstände, was soll ich da?
    – Man hat einfach mehr Möglichkeiten dort.
    – Kommt darauf an, was man will.
    – Was willst du?
    – Gut leben. Und ab und zu mit dir schlafen, wenn du mich schon nicht heiraten willst.
    – Ach, Hanni, ich steh auf dich.
    – Viel zu selten, mein Lieber. Und jetzt gute Nacht.
    Noch eine Stunde liegt er wach im Dunkeln, dann geht er nach unten und heizt die Sauna ein. Er kann nicht schlafen, nicht aufhören, daran zu denken, an August, an Dennis, an Marga, an Emma, an Hanni. Es ist nach Mitternacht, kein Licht brennt im Pfarrhaus. Max zieht sich aus. Es ist kalt, er geht durch den Garten, holt Holz, nur eine Kerze brennt.

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