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Die Schöne vom Nil

Die Schöne vom Nil

Titel: Die Schöne vom Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ist?«
    »Sie sind eigentlich zu hübsch dazu«, meinte Herburg. »Das ist es. Aber kommen Sie, wir müssen uns beeilen.«
    Er faßte sie an der Hand und zog sie mit sich fort. Ihre blonden Haare flatterten über Herburgs Gesicht, und er roch ihr dezentes Parfüm, das an Maiglöckchen erinnerte. Mein Gott, Maiglöckchen, dachte Herburg. Wann habe ich die zuletzt gesehen oder gerochen?
    Er stieß die Tür auf und faßte Luisa Alius um die Schulter, als er sie in die Baracke schob.
    Er konnte nicht ahnen, daß Leila am geöffneten Fenster ihres Zimmers stand, ihn beobachtete und sich dabei in die geballte Faust biß …
    Professor Mitchener lebte tatsächlich noch, wenn man einen Zustand völliger Apathie noch Leben nennen kann.
    Der Atem war so flach geworden, daß Dr. Abdullah ibn Hedscha entsetzt den kleinen Spiegel anblickte, den er Mitchener an die Lippen hielt: Der Spiegel trübte sich kaum noch.
    Dr. Pernam saß auf der anderen Seite des Feldbetts. Er hatte in der Expeditionsapotheke gerade noch ein Herzstärkungsmittel gefunden, das er dem Professor injiziert hatte. Man war wohl auf allerlei Unfälle eingerichtet, auf Darmerkrankungen, Typhus und Malaria, sogar Mittel gegen die Schlafkrankheit hatte man bei sich … aber Mitcheners völliger Zusammenbruch war eben ganz anderer Natur. Er glich fast haargenau den geheimnisvollen Krankheiten, denen auch andere Ausgräber altägyptischer Gräber zum Opfer gefallen waren. Und dagegen hatte es nie ein Mittel gegeben.
    Mitchener hatte außerdem zu Beginn der Expedition in die Totenstadt von Sakkara gesagt: »Da ich an den ganzen Quatsch von Fluch der Pharaonen nicht glaube, ignoriere ich auch ganz bewußt jede Gegenmaßnahme. Ich fordere nichts heraus, was es für mich nicht gibt! Ihr könnt euch ja heimlich gegen die bösen Götter Amulette umhängen!«
    Auch Mahdi ibn Kebir war entsetzt über die plötzliche Lähmung des Professors. Er zeigte seine Bestürzung nicht, aber er machte noch in der Nacht, bevor Dr. Alius mit dem Hubschrauber landete, ein Experiment. Toc-Toc schlich zu dem Loch, das man in den vermauerten Eingang zum Grab geschlagen hatte, steckte den Kopf in das Totenhaus und atmete tief die dumpfe, faulig riechende, modrige Luft ein. Dann hockte er sich an die Mauer und wartete.
    Er starrte in die Sterne, hinüber zu der Stufenpyramide des Djoser, die das riesige Gräberfeld beherrschte. Es war in der Nacht ein überwältigender Anblick: Gewaltige Treppen, die in den Himmel zu führen schienen …
    Aber nichts geschah. Keine Atembeschwerden, keine Übelkeit, keine aufflammende Todesangst, kein Fieber, nicht das Gefühl, Erde und Weltall veränderten sich plötzlich und nähmen andere Farben und Formen an, wie es Mitchener noch stammeln konnte, bevor er das Bewußtsein verloren hatte. »Die Wüste ist aus Glas!« hatte er geröchelt. »Die Felsen sind durchsichtig! Kristall! Überall Kristall! In einem Sarg aus Bergkristall liegt der junge König …«
    Toc-Toc wartete am Loch zu dem Grablabyrinth, in dem der unbekannte Kind-Pharao Menesptah ruhen sollte, bis er den Hubschrauber über dem Gräberfeld kreisen sah.
    Da stand er auf und ging in einem Bogen zu den Baracken zurück, stellte sich wie Leila in den Schatten und beobachtete die Ankunft der jungen Ärztin.
    Als Frank Herburg mit ihr in Mitcheners Baracke verschwand, trat Toc-Toc in das fahle Mondlicht hinaus und verneigte sich tief gen Osten, zu Allah, der mächtiger war als die alten ägyptischen Götter: Allah hatte Toc-Toc beschützt. Der modrige Geruch aus dem Grab hatte ihn nicht vergiftet.
    Leila schlich an der Wand der Baracke entlang, um an das Fenster zu gelangen, hinter dem Professor Mitchener lag. Aber sie konnte weder etwas sehen noch hören … Die Vorhänge waren dicht verschlossen. Auch spricht man in der Nähe eines Sterbenden nicht so laut, obgleich ihn das nicht mehr stören würde.
    »Hab keine Angst«, sagte Toc-Toc. Leila wirbelte herum. Ihr langes schwarzes Haar flatterte um sie wie eine zerfetzte Piratenflagge. Sie lehnte gegen die Barackenwand und blickte Toc-Toc haßerfüllt an.
    »Mußt du überall sein?« zischte sie. »Was schleichst du hier herum, und was geht es dich an, wenn ich in den Himmel blicken will?«
    »Ich habe sie auch gesehen«, murmelte Toc-Toc unterwürfig, wie es einem Diener von niedriger Herkunft zukommt. »Die Scheinwerfer leuchteten sie an …«
    »Sie ist schön! Sie ist so schön! Blondes Haar hat sie und den Gang einer Gazelle. Hast du das auch

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