Die schoenen Hyaenen
überhaupt in einer Position, hier zu richten? Sie stöpselte das Telefon wieder ein und wählte Sharleens Privatnummer. Sie hörte nur das Besetztzeichen. Doch Jahne wußte, daß Sharleen sie jetzt brauchte.
M e m o r a n d u m
An: Alle Angestellten von Sy Ortis
Von: Sy Ortis und Partner
Betr.: Presseinformationen
Wer Informationen über Sharleen Smith oder Jahne Moore oder Three for the Road an die Presse weitergegeben hat, wird fristlos entlassen und wegen Vertrauensbruchs gegenüber einer Klientin angeklagt.
Für eventuelle Rückfragen wenden Sie sich bitte an Miss Hancock von der Presseabteilung.
S. O.
Tatsächlich gelang es Jahne, die Phalanx der Reporter zu durchbrechen und zu Sharleen zu gelangen. Sie saßen nebeneinander im Wohnzimmer, Sharleen noch blasser als gewöhnlich, aber gefaßt. Zwei Männer von Sys Büro hingen in der Küche am Telefon, ein Anwalt schrie seine Anordnungen vom Eßzimmer aus in die Leitung.
»Jahne, bist du mir böse?« fragte Sharleen.
»Warum sollte ich dir böse sein?«
»Weil du mir dein Geheimnis anvertraut hast, ich dir aber nicht meins.«
»Ich bitte dich, Sharleen! Das ist doch kein Tauschgeschäft. Freundschaften funktionieren nicht auf dieser Basis.«
»Sind wir denn noch befreundet?« Eine Träne stahl sich unter Sharleens langen Wimpern hervor.
»Natürlich!« Jahne drückte Sharleens Hand.
»Es ist schrecklich, wenn man merkt, daß einen alle verachten.«
»Allerdings.« Jahne versuchte zu lächeln. Doch ihre Lippen bebten. Sie weinte nicht. Schadete es denn, daß sie von allen gehaßt wurde? Dieses Risiko hatte sie ja auf sich genommen. Sie hatte ihre Veränderung nicht nur gewollt, sondern auch dafür bezahlt. Nun mußte sie offenbar noch weiter dafür zahlen. Sie dachte an Brewster Moore. Aus den turbulenten und entnervenden letzten Monaten hatte Jahne gelernt, daß — abgesehen von Mai und Sharleen — nur die ruhigen Krankenhausgespräche mit Brewster tief in der Nacht und Brewsters Briefe von Bedeutung waren. Doch seit ihrem letzten Brief hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Er hätte sie bestimmt nicht verraten. Wurde nun auch er von Journalisten bedrängt? Würde er sie verachten, weil sie ihm die Reporter auf den Hals gehetzt und ihm Schwierigkeiten bereitet hatte? Sie kroch förmlich in sich zusammen. Der Gedanke, daß Brewster sie verachten könnte, setzte ihr mehr zu als alles andere.
Sharleens Vater spricht über seine Jahre im Gefängnis von Clint Roper, exklusiv für Dallas Independent Dean Smith sen., Vater von Three for the Road-Star Sharleen Smith und ihrem Halbbruder Dean junior hat sich gegenüber diesem Reporter offen über seinen Mord an Boyd Jamison geäußert, den er vor dem Smith-Wohnwagen in Lamson, Texas, vor drei Jahren umgebracht hat. Er bestätigte auch die Berichte über die Inzucht zwischen seinem Sohn und der Tochter... Ab Montag wird Independent über seine Recherchen berichten, die sich mit Mr. Smiths Behauptung beschäftigen, daß Sharleen ihn hätte retten können, wäre sie bei seiner Gerichtsverhandlung erschienen und daß er den Jungen nur getötet hat, weil er seine Tochter vor dessen Zudringlichkeiten bewahren wollte. Er bittet sie, sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Smith sen., hat seit dem Mord weder von seiner Frau, seiner Tochter noch seinem Sohn etwas gehört und liebt sie alle...
»Ich kann es noch immer nicht glauben, daß Daddy lebt«, flüsterte Sharleen. Sie wirkte völlig gebrochen. »Wir müssen ihn doch nicht besuchen, oder?« fragte Dean, die Augen weit aufgerissen, wie immer, wenn ihn etwas ängstigte.
«Nein, das wohl nicht. Aber er sagt, wir seien böse Kinder, und das sagen ja auch alle anderen.«
»Das verstehe ich nicht.« Dean saß neben Sharleen auf dem Sofa. »Warum sind sie alle so aufgebracht? Ich habe ihn doch bloß geschlagen, weil er dich geschlagen hat. Ich bin froh, daß er nicht tot ist, aber ich würde wieder zuschlagen, wenn er dir zu nahe träte.«
»Darum sind sie ja nicht wütend.«
»Warum denn dann?«
»Wegen dem, was wir nachts machen, so, wie wir zusammen schlafen.«
»Das haben wir doch immer getan. Warum sind sie jetzt wütend?«
»Weil sie es vorher nicht wußten.«
»Heißt das, daß du den Preis nicht bekommst?«
Erst wußte Sharleen nicht, wovon er sprach. Dann erinnerte sie sich an die Emmy-Verleihung. »Ja, wahrscheinlich.« Dean kniete vor ihr. »Bist du nun traurig?«
Sharleen nickte. »Aber schlimmer ist, daß ich mich so schäme.« Eine Träne
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