Die schoenen Hyaenen
ist, daß ich in Begleitung eines bezahlten Leibwächters auf eine Party gehen muß.«
»Wie gesagt, schließ dich uns an. Dobe ist ein guter Freund. Wir sollten Lila nicht den ganzen Rahm abschöpfen lassen.« »Vielleicht rufe ich dich später noch einmal an.«
Nach dem Gespräch ging Jahne ruhelos auf und ab. Sie fröstelte. Das Haus war kalt — wie immer.
Sollte sie sich diesen Mörderhaien aussetzen? Konnte sie es sich leisten, der Veranstaltung fernzubleiben? Sharleen brauchte sich nicht zu verstecken. Doch bei Jahne lagen die Dinge anders. Der einzige Grund, sich zu zeigen, war nur, allen zu demonstrieren, daß sie gut aussah, sich gut fühlte und nichts verbrochen hatte. Wäre Mai dagewesen, hätte die ihr wahrscheinlich den Rücken gestärkt.
Unter den Umständen empfand Jahne alles wie eine zu schwere Last. Das richtige Kleid aussuchen, zum Friseur gehen, Maniküre, Make-up, Parfum, Schmuck... Es strengte Jahne an, nur darüber nachzudenken. Sie stellte sich vor, wie die Kameras auf sie gerichtet wurden, wie dreißig oder vierzig Millionen Menschen vor den Bildschirmen in Nahaufnahme ihr Gesicht musterten und nach verräterischen Narben suchten, nachdem ein Moderator die ganzen Klatschgeschichten vor Beginn der Sendung noch einmal aufgewärmt hatte. Anschließend, nach Bekanntgabe der Gewinner, richteten sich die Kameras auf die Verlierer, um deren Reaktion — Enttäuschung, Wut, Überraschung — einzufangen.
»Nein, das kann ich nicht.« Sie warf sich in ihrem Schlafzimmer entmutigt auf ihr Bett.
Eine Stunde später klingelte das Telefon. Sie meldete sich nur mit einem zögernden »Hallo.«
»Jahne, Gott sei Dank! Hier ist Brewster.«
»Brewster? Ach Gott, Brewster, wie schön, Ihre Stimme zu hören!« Plötzlich wurde ihr ganz warm. »Brewster!« wiederholte sie leise.
»Geht es Ihnen nicht gut, Jahne?« Im Telefon knackte es. Offenbar rief er von weither an. Irgendwo aus Südamerika. Wie lieb von ihm, an sie zu denken!
»Ich schäme mich so, Brewster, und irgendwie habe ich den Eindruck, ich sei an der Endstation angekommen.«
»Endstation? Welcher, Jahne? Ich kann Sie kaum verstehen?«
»Ich spreche von der Endstation des Lebens. Ach Brewster, mir ist hundeelend zumute. Nichts ist so geworden, wie ich es mir ausgemalt habe. Ich erhielt eine zweite Chance im Leben und nutzte sie nicht.« Ihre Stimme brach.
»Das ist eine schreckliche Verbindung«, rief Brewster. »Ich verstehe immer nur Wortfetzen.«
»Brewster, schämen Sie sich, daß Sie mich kennen? Dieser schreckliche Film und nun dieser Skandal! Macht man Sie in der Praxis auch verrückt? Habe ich Ihr Leben zerstört?«
»Es fragte sich eher, ob ich Ihres zerstört habe. Jahne, wie geht es Ihnen? Sie scheinen so weit weg zu sein.«
»Mögen Sie mich noch, Brewster?«
»Natürlich, Jahne, ich... «
Jahne schüttelte das Telefon. Doch die Leitung war tot. Da schluchzte sie leise, hoffnungslos vor sich hin. Nun war auch Brewster fort.
Der Sicherheitsdienst meldete sich von der Pforte. Sie hob ab. »Erwarten Sie einen Brewster Moore?«
Jahne schluckte. »Ja«, murmelte sie nur.
Kurz darauf klingelte es an ihrer Tür. Wie durch einen dichten Nebel lief Jahne zur Tür, riß sie auf und stand vor Brewster Moore. Er hielt einen Koffer in der linken Hand und einen Regenmantel über dem rechten Arm.
»Sind Sie denn nicht in Honduras?« fragte sie.
Er trat ein. »Sind Sie denn nicht in Schwierigkeiten?« Er setzte alles ab, und sie lagen sich in den Armen.
Brewster sorgte dafür, daß Jahne etwas aß, sich das Haar wusch und suchte mit ihr ein Kleid aus. Es gelang ihr schließlich, sich wieder in den Griff zu bekommen. Und dann saßen sie nebeneinander in der Limousine. Unter den Umständen hatte Brewster Jahne vorgeschlagen, daß sie sich duzten, und Jahne war ihm dankbar für dieses Freundschaftsangebot. »Ohne dich würde ich das heute abend nicht durchstehen«, gestand sie ihm. »Danke, daß du den weiten Weg gemacht hast, um mich zu der Verleihung und der Party zu begleiten.«
»Ich wollte mir das nicht entgehen lassen. Du kannst das nicht wissen, aber es gibt sehr viele Menschen, Männer wie Frauen, die äußerst nervös werden, wenn sie mich heute abend sehen. Seit mein Name mit deinem in Verbindung gebracht wurde, habe ich mehr Anrufe erhalten, als du dir vorstellen kannst. Alle haben Angst.«
»Wieso denn das?«
»Glaubst du denn, du seist meine einzige berühmte Patientin? Natürlich warst du damals noch kein gefeierter
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