Die schoenen Hyaenen
die Brust. Sam erschrak. Schmusten die Leute heutzutage denn noch in den Kinos?
Er wandte sich wieder der Leinwand zu. Die schöne Jahne kam ins Bild. Der Zauber der Szene übertrug sich auf das Publikum. Es wurde mäuschenstill, als James seinen ersten Liebesakt mit Judy vollzog.
Das kommt rüber, weil meine ohnmächtige Liebe und Wut hineingeschnitten wurden, dachte Sam. Ich habe sie geliebt und liebe sie noch. Jetzt könnte ich fast jede Frau haben. Doch ich werde nie wieder eine finden, die mich auch vor meinem Erfolg geliebt hat.
Die Liebesszene endete, nachdem die Kamera Adriennes nackten Po und Michaels sonnengebräunte Hand darauf gezeigt hatte. Die Illusion funktionierte bestens. Es sah aus, als sei das Jahne, die sich da ausgezogen hatte und geliebt wurde. Sam hörte einen tiefen Grunzlaut von dem Jungen neben ihm, als Michael seine Hosen auszog und über die Frau herfiel.
Die Hitze auf der Leinwand erfaßte das Publikum. »Gib's ihr«, rief einer. Sam wurde es schlecht. Seine Aufmerksamkeit pendelte zwischen dem Film und dem Publikum. Ihm wurde klar, daß er seine eigene Wut auf seine Mutter, seine Ex-Frau, Jahne und April in den Film eingebracht und Michael dazu als Werkzeug benutzt hatte. Die Liebesszenen wirkten heiß. Daran gab es keinen Zweifel. Doch darunter kochten Zorn und Angst. Im Grunde fehlte die echte Liebe. Der stürzende Mann schlug während seines Falls nach der Frau. Seine Waffe war der Sex. Er liebte sie nicht. Er schlief mit ihr.
Im dunklen Kinoraum beobachtete Sam, was er Jahne angetan hatte und wie das auf das Publikum wirkte.
24.
Sharleen schloß die Tür ihres Hauses und sprang in die Fahrgastkabine von Dobes neuem Laster. Dean saß mit den vier Hunden auf dem Rücksitz. Nachdem sie das Tor passiert hatten, drehte er sich noch einmal um.
»Wirst du das vermissen, Dean?« fragte Sharleen.
»Ja, meinen Garten.« Es klang traurig.
Dobe blickte in den Rückspiegel. »Freust du dich nicht auf eine Farm? Das ist nicht nur ein Garten. Fast tausend Morgen, Dean.«
»Das ist ganz schön groß. Ich kann das nicht allein bewirtschaften«, wandte Dean ein.
Sharleen beruhigte ihn. »Dobe und ich werden dir helfen, Dean, nicht wahr, Dobe?«
»Klar. Darum mache ich das ja alles, damit ich mehr an die Luft komme und endlich einmal ehrliche, harte Arbeit leiste.« Er lachte.
Sharleen dachte an das, was sie zurückließ. Das Abschied-nehmen fiel ihr nicht schwer. Denn nun hatte sie ja, was sie sich gewünscht hatte. Eine Ranch in Wyoming, Dean, Dobe und die Hunde. Sie würden viel arbeiten müssen, aber auch Spaß haben. Außerdem gab es im weiten Umkreis keine Menschen.
Auch kein Fernsehen, keine Interviews, keine Partys mit aufgetakelten Gästen, die einen mit falschen Komplimenten überschütteten, keine Zeitungen, keine Skandalmeldungen über Leute, die öffentlich bloßgestellt wurden, keine Lügen und keine Geheimnisse. Allerdings gab es auch nicht übermäßig viel Geld. Sys Buchhalter hatte von Managementgebühren, Anwaltshonoraren und Steuern geredet und dem Anteil der Agentur an ihrem Einkommen. Da blieb nicht zuviel übrig. Doch ihr gehörte das Land, und sie besaßen die Möbel, die in einigen Tagen nachkommen würden. Damit besaßen sie mehr als die meisten Leute und mehr als Sharleen je erwartet hatte.
25.
Das aufzugeben, wird mich nicht hart ankommen, dachte Jahne. Sie packte ihre Kleidung in Koffer. Was verlor sie denn in Wirklichkeit? Die Rollen, die sie hatte spielen wollen, durfte sie nicht spielen. Früher hatte sie nur sogenannte Charakterrollen bekommen, nun die von nackten Zuckerpüppchen, von denen keine schauspielerischen Talente verlangt wurden, sondern Stöhnen, aufreizende Posen und viel Sex-Appeal. Angewidert hatte sie die Drehbücher, die man ihr gegeben hatte, gelesen. Durchweg Rollen, wie sie in Hollywood gefragt waren: Aussteiger, Huren, Opfer, verzweifelte Frauen und junge Mädchen, die in Schwierigkeiten geraten. Das wollte Amerika offenbar sehen.
Darauf konnte Jahne jedoch verzichten. Sie wußte nicht einmal mehr, warum sie unbedingt hatte Schauspielerin werden wollen. Jahne dachte an Neil. Genau wie er hatte sie als Kind nie ein gutes Wort gehört und keine Familie gehabt. Das hatte sie zur Bühne getrieben. Inmitten von Schminktiegeln und Menschen hatte sie sich eins mit dem Ensemble fühlen dürfen, das ihr als Familienersatz diente. Zumindest das Publikum zollte ihr Aufmerksamkeit. Und das war ihr wichtig gewesen: daß man sie zur Kenntnis nahm
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